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ZECKENALARM IM KARPFENLAND

ZECKENALARM IM KARPFENLAND

Titel: ZECKENALARM IM KARPFENLAND Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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angekündigt verbrannt. Die anderen im Museum gehaltenen Huftiere sind nicht infiziert, bleiben aber noch ein halbes Jahr unter ständiger Beobachtung. Das geerntete Heu, welches als Winterfuttervorrat eingelagert wurde, wurde ebenfalls verbrannt, die Lagerflächen gereinigt und desinfiziert. Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse müssen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sich der verstorbene Röttenbacher Bürger J.S. am vierzehnten August dieses Jahres anlässlich eines Aufenthaltes hier im Freilandmuseum infiziert hat, indem er von Hyalomma-Zecken gestochen wurde.“
    „Gibt es dafür verlässliche Beweise?“, wollte ein Reporter des Nordbayerischen Tageblatts wissen.
    „Nein, die gibt es nicht“, resümierte der Berliner Professor, „ich sagte ja, wir gehen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus.“
    „Was ist mit dem Erlanger Obdachlosen? Gibt es hierfür neue Ermittlungsergebnisse?“, wollte ein anderer Berichterstatter wissen.
    „Leider nicht.“
    „Dann zeitigt doch die ganze Untersuchung weder eine Aussagekraft, noch irgendeine Verlässlichkeit!“, stellte der Reporter sachlich fest.
    „Sie gibt eine hochgradig aussagefähige Indikation wider“, verteidigte der Wissenschaftler seine Rede.
    „Wann wird das Fränkische Freilandmuseum wieder für den Publikumsverkehr geöffnet?“, wollte der Reporter vom Aischtalboten wissen.
    Der Mitarbeiter des Robert-Koch-Instituts druckste herum. „Für dieses Jahr bleibt das Gelände für die Öffentlichkeit geschlossen.“ Ausrufe des Erstaunens, der Verwunderung und des Entsetzens gingen durch die Reihen der lokalen Berichterstatter.
    „Wollen Sie damit sagen, dass aufgrund Ihrer zweifelhaften Untersuchungsergebnisse unser Touristenmagnet, das Fränkische Freilandmuseum, bis Ende des Jahres seine Pforten geschlossen halten muss?“
    „Das ist leider so“, bestätigte der Wissenschaftler. „Das lässt sich leider nicht vermeiden. Wir müssen vorsichtig sein.“
    Die ersten Reporter packten eilig ihre sieben Sachen zusammen, schossen hastig noch ein paar Fotos von dem preußischen Teufel, Prof. Dr. Karl Uwe Hasselschmidt, der angeordnet hatte, das fränkische, allseits beliebte Freilandmuseum für den Rest des Jahres zu schließen, und begaben sich hastig auf ihre Wege in die heimischen Redaktionen. Sie hatten eine auflagenstarke Schlagzeile für die Titelseite, welche für ordentlichen Rumor in der Region sorgen würde.
    „Moment, meine Damen und Herren“, rief ihnen der Professor nach, „ich bin noch nicht fertig. Ich wollte Sie noch über die Situation der in Neustadt an der Aisch isolierten Menschen informieren. Die Quarantäne ist seit …“ Doch keiner der Reporter interessierte sich mehr dafür, was der Wissenschaftler noch zu berichten hatte. Die auflagenfördernden, reißerischen Schlagzeilen geisterten bereits durch ihre Köpfe.
In der Wohnung des Mörders, Samstag, 8. September 2012
    Der Mörder war nicht online. Sein Bankkonto war hoffnungslos überzogen, sein Überziehungskredit aufgebraucht. Die Bank würde keinen Cent mehr ausbezahlen. Er musste für den Rest des Monats von vierhundert Euro Barem leben, und der Monat hatte erst begonnen. Ärgerlich! Dabei waren heute beim Preis der R+V-Versicherung in Halle im siebten Rennen über 2200 Meter seine absoluten Favoriten am Start: die Stute Belle Zorro aus Großbritannien und der vierjährige Wallach Kidman. Er hatte sich bereits überlegt, ob er seine Breitling-Uhr versetzen sollte, die ihm seine Mutter zum letzten Geburtstag geschenkt hatte, aber das konnte er nun doch nicht bringen.
    Er saß in seinem Wohnzimmer und blätterte die Wochenendausgabe des Nordbayerischen Tageblatts durch. „Berliner Professor ordnet Schließung des Freilandmuseums an – Seit wann haben Preußen bei uns das Sagen?“, las er auf Seite sieben des Regionalteils. Er las den Artikel zum zweiten Mal. „Verdammte Scheiße!“, fluchte er laut vor sich hin. Er ärgerte sich über sich selbst. Nun erwies es sich, dass es doch keine gute Idee war, seine Lieblinge im Freilandmuseum auszusetzen. Der Schuss ging nach hinten los. Zuviel öffentliche Aufmerksamkeit. Die Behörden glaubten zwar, dass der Verstorbene in Bad Windsheim von Hyalomma-Zecken gestochen worden war (das hatte er ja bezweckt, als er seine kleinen Lieblinge im Freilandmuseum aussetzte), aber die Schließung der Anlage bis Ende des Jahres wirbelte zu viel öffentlichen Staub auf. In Bad Windsheim und selbst hier, eine

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