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ZECKENALARM IM KARPFENLAND

ZECKENALARM IM KARPFENLAND

Titel: ZECKENALARM IM KARPFENLAND Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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zum Hohn würde er sie in den Briefkasten des Erlanger Gesundheitsamtes stecken. Den Behörden wollte er wenigstens einen kleinen Erfolg gönnen: Zecken gefunden! Gefahr gebannt! Er war sich immer noch unsicher, wie lange er mit dem nächsten Anschlag warten sollte. Es würde der Schwierigste werden. Das auserkorene Opfer kannte er gut, hatte aber nicht sehr oft Kontakt mit ihm. So leicht, wie mit dem Obdachlosen und Johannes Sapper würde er es dieses Mal nicht haben. Noch hatte er nicht das richtige Konzept, wie er unbemerkt an den Mann rankommen sollte. Schon seit geraumer Zeit zermarterte er sich das Gehirn darüber. Glaubte er eine Lösung gefunden zu haben, verwarf er den Gedanken daran sofort wieder. Es war schwierig. Er ging davon aus, dass sein nächstes Opfer auch obduziert werden würde, wenn es denn soweit sein würde. Das war ihm klar. Zu ausführlich wurde in den Medien über den Krankheitsverlauf des Krim-Kongo-Fiebers berichtet. Außerdem, Kunigunde Holzmann würde schon wieder dafür sorgen. Spekulationen würden aufkommen, dass es vielleicht doch nicht mit rechten Dingen zuging. Eine Verbindung zum Tod von Johannes Sapper wäre auf jeden Fall gegeben. Dann könnten Fragen aufkommen, ob es nicht auch eine Verbindung zum Tod des Obdachlosen Erlanger gibt. Man würde gegebenenfalls Untersuchungen anstellen. Er stellte sich das Szenario vor. Ein gefährliches Unterfangen, auch wenn eindeutige Beweise nicht beizubringen wären. Davon war er immer noch überzeugt. Er grübelte nach, wie er es anpacken sollte, kam aber im Moment mal wieder nicht auf die erleuchtende Lösung. Er beschloss, noch etwas zuzuwarten.
Röttenbach, Mittwoch, 26. September 2012
    Kunni Holzmann hatte ihr Frühstück schon längst hinter sich. Es ging bereits auf die Mittagszeit zu. Das Wetter meinte es gut mit den Röttenbachern, und die Sonne schickte noch einige spätsommerliche Strahlen auf die mittelfränkische Gemeinde herab. Kunni hatte beschlossen, die Fenster im Erdgeschoss zu putzen, bevor der nasskalte Herbst im November seine grauen, anhaltenden Nebel über das Dorf ausbreiten würde. Vielleicht brachte der Oktober ja noch ein paar goldene Tage, dann würde sie sich auch noch über das Obergeschoss hermachen. Sie wollte sich gerade den Fensterwischer schnappen, um das Küchenfenster von außen blank und trocken zu wischen, als die Postbotin vorfuhr und aus ihrem gelben Auto ausstieg. In ihrer Rechten wedelte sie mit einem Briefkuvert. „Servus, Kunni, aan Brief hammer heid.“ Kunni nahm die Post mit einem Werd-scho-widder-nix-Gscheids-sei‹ entgegen und betrachtete den Absender, welcher mit einer eleganten, schwungvollen, sauberen Handschrift auf der Rückseite des Briefes vermerkt war. „Sandra Millberger, Innere-Brucker-Straße 25, Erlangen“, las sie laut vor. „Ja do schau her, die Sandra schreibd mer. Was had denn die fier miech? Edz binni abber gschbannd.“ Kunni Holzmann warf den Fensterwischer in ihren Wassereimer zurück und trocknete sich die Hände grob an ihrer Schürze ab. Ungeduldig riss sie den Briefumschlag auf, entfaltete die darin befindliche Seite Papier, welche beidseitig mit Sandras Handschrift beschrieben war und begann laut vorzulesen:
    Liebe Tante Kunni (ich darf Sie doch so nennen?),
    „Fraali derfsd du dees, Sandra, do gfrei iech miech doch sugoar drieber“, kommentierte die Kunni.
    ich möchte gerne nochmals auf Ihre Einladung zum Mittagessen am sechzehnten September zurückkommen und mich im Nachhinein nochmals dafür bedanken.
    Leider ist der Tag ja nicht so verlaufen, wie wir uns das alle gewünscht hatten. Sie kennen Ihren Neffen ja. Manchmal ist er eben doch recht stur und dickköpfig und meint, er sei der Nabel der Welt und nur er mache alles richtig. Nachtragend kann er auch sein. Aber das wissen Sie ja besser als ich, obwohl ich täglich mit ihm zusammen bin. Es ist wirklich nicht immer leicht, mit ihm zurechtzukommen, aber er ist trotz seines fränkischen Dickschädels ein netter Kollege und Vorgesetzter. Im Grunde seines Herzens würde er alles für seine Freunde und die ihm Anvertrauten tun. Da bin ich mir ganz sicher.
    Aber nun komme ich zu dem eigentlichen Inhalt meines Briefes. Ich habe lange darüber nachgedacht, was Sie über den – nennen wir ihn den „Zeckenfall“ – gesagt haben. Ich meine Ihre Vermutung, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Tod des Obdachlosen und dem Röttenbacher Opfer gibt. Gerald glaubt nicht daran und spricht wie immer davon, dass Ihre

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