ZECKENALARM IM KARPFENLAND
Erdwärme“, kommentierte Julia Fuchs. Jetzt günstig: Lösen Sie Ihre Baufinanzierung ab „Brauch mer aa ned, unser Haus is abbezahld.“ Das letzte Kuvert, welches sie in Händen hielt, war weder adressiert, noch mit einer Briefmarke versehen, noch stand ein Absender darauf. Sie riss es auf. Das Kuvert enthielt eine sauber gefaltete DIN A4 Seite, welche maschinell beschrieben war.
Liebe Frau Fuchs,
haben Sie Ihren Bruder (noch) in guter Erinnerung? Ich nicht, er schuldet mir nämlich noch viel Geld. Leider musste er ja so früh gehen, und nun frage ich mich, wie ich zu meinen Außenständen komme. Da habe ich an Sie gedacht. Sie sind doch eine reiche Frau!
Ich kann mir vorstellen, dass Sie das Andenken an Ihren Bruder, jetzt da er frisch unter der Erde liegt, in Ehren halten möchten. Einen Skandal wollen Sie doch bestimmt nicht? Nicht in Röttenbach! Nicht schon wieder Schlagzeilen in der regionalen Presse! Oder würde es Ihnen nichts ausmachen, wenn Ihre Nachbarn, Ihre Bekannten und Verwandten erfahren würden, wo sich Ihr Bruder so manche Nächte um die Ohren geschlagen hat? Er hat die Nächte genossen, das kann ich Ihnen sagen. Und wie. Sehen Sie sich doch das beiliegende Foto an.
Julia Fuchs betrachtete das Briefkuvert genauer. Da steckte noch ein gefalteter Computerausdruck in DIN-A5-Größe drin. Sie nahm ihn heraus und schlug die zusammengefaltete Seite auf. Angewidert betrachtete sie das Foto. Kalter Schweiß trat ihr auf die Stirn. Sie hielt sich stützend an der Hauswand fest. Das Foto zeigte ihren Bruder. Splitterfasernackt, von den weißen Socken, die er noch trug, bis zum Hals. Er lag auf einem Bett, besser gesagt auf einer Spielwiese von überdimensionalen Ausmaßen. Das Bettlaken schimmerte in einem dunklen Satinblau. Neben ihm lag eine junge Frau, schätzungsweise Mitte zwanzig. Sie war ebenfalls nackt, wasserstoffblond, mit einem roten Mäschchen im Haar. Mit der rechten Hand umgriff sie den Penis ihres Bruders. Julia Fuchs wurde schlecht. Sie überwand sich den Brief weiterzulesen.
Hübsch, nicht wahr? Das ist übrigens nicht das einzige Foto, über welches ich verfüge. Es ist eher noch ein harmloses. Die Schuldscheine, die mir Ihr Bruder unterschrieben hat, habe ich gar nicht in Kopie beigelegt. Ich denke, Sie glauben mir auch so.
Ja, ja, so war er, Ihr Bruder! Er hat genossen, aber nicht immer pünktlich bezahlt. Zwanzigtausendfünfhundert Euro hat er mir als Außenstände hinterlassen. Was machen wir denn nun? Ich denke, wir sollten Ihren Bruder in Frieden ruhen lassen. Sehen Sie das nicht auch so?
Ich weiß, ich überrasche Sie mit dieser Nachricht. Wir wollen ja nichts übereilen. Sie müssen sicherlich erst Ihre Gedanken sammeln? Das verstehe ich. Nichtsdestotrotz, erlauben Sie mir, dass ich Ihnen meinen Vorschlag hiermit hinterlasse:
Auf der Rückseite finden Sie eine Bankadresse auf den Virgin Islands, weitere Bankdaten sowie eine Kontonummer,. Machen Sie sich keine Mühe, Sie können meine Identität dadurch nicht zurückverfolgen. Sobald Sie mir die Schulden, die Ihr Bruder hinterlassen hat, ausgeglichen haben – sagen wir bis spätestens Ende Oktober, das ist doch großzügig, oder etwa nicht? – finden Sie in Ihrem Briefkasten die von Ihrem Bruder unterschriebenen Schuldscheine und alle ihn belastenden Fotos im Original. Von mir werden Sie dann niemals wieder hören.
Ist das nicht ein fairer Vorschlag?
Natürlich zwingt Sie niemand darauf einzugehen. Sie können sich das wirklich in Ruhe überlegen. Aber wäre es nicht hässlich, in der Zeitung zu lesen „Zeckenopfer trieb es mit Prostituierten“? Da kämen doch sofort wieder Diskussionen auf. Die Röttenbacher – Sie kennen sie doch – würden sich ja das Maul zerreißen. Das muss doch nicht sein. Meinen Sie nicht auch? Überlegen Sie sich das in Ruhe und mit Bedacht. Die läppischen zwanzigtausend Euro tun Ihnen doch nicht weh!
Mit freundlichen Grüßen
Ein Freund Ihres Bruders
Julia Fuchs war wie vor den Kopf geschlagen. Was sollte sie tun? Sie musste mit ihrem Mann Bruno darüber sprechen.
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Der Mörder von Johannes Sapper tigerte am Abend des gleichen Tages in seinem Wohnzimmer auf und ab. Einen Monat war es nun her, dass der Schmarotzer das Zeitliche gesegnet hatte. Dieses Schwein, welches Geld, das es sich „geliehen“ hatte, im Edelpuff durchbrachte. Er war immer noch wütend.
Ein Mord stand noch an, dann hatte er seine Ziele erreicht und konnte seine kleinen Lieblinge in die Freiheit entlassen. Wie
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