Zehn Dinge, die wir lieber nicht getan haetten
müsste sich auch nichts ändern.
Seine Wangen waren knallrot. Die Augen feucht.
Vielleicht wenn er es mir erzählt hätte, unmittelbar nachdem es geschehen war. Bevor wir miteinander geschlafen hatten. Doch es war zu spät. »Nein«, sagte ich. »Das kann ich nicht.«
Ich erhob mich von der Bank und ging davon.
UNTERWEGS
Ich steckte den Schlüssel ins Zündschloss und fuhr los. Dann drehte ich um. Und noch einmal. Ich hielt mitten auf der Straße an. Wo sollte ich denn jetzt verdammt noch mal hin? Mein Freund war ein beschissenes Arschloch, das mich betrogen hatte. Meine Mitbewohnerin hielt mich für eine Idiotin und eine dumme Kuh. Und meine beste Freundin hatte mich belogen.
Ich hatte nichts mehr hier. Alles weg.
Wie sollte ich je wieder zur Schule gehen? Wie konnte ich je wieder einem von ihnen unter die Augen treten? Hudson wusste von den Chlamydien. Corinne war möglicherweise ebenfalls im Bilde, wenn sie, nach allem, was ich gesagt hatte, eins und eins zusammengezählt hat. Ich wünschte echt, ich wäre mit nach Ohio gezogen.
Vielleicht war ich von Anfang an falschgelegen.
Vielleicht hätte ich von vornherein umziehen sollen.
Vielleicht wäre es mir in Cleveland besser ergangen.
Ich starrte auf das Stoppschild vor mir. Ja. Cleveland. Das war es. Ich musste umziehen. Auf der Stelle umziehen. Ich würde mich noch nicht mal von irgendjemandem verabschieden müssen. Ich könnte einfach verschwinden. Ich könnte morgen mit meinem Dad in den Flieger steigen. Ich könnte schon am Montag dort mit der Schule beginnen. Wer brauchte schon Westport? Ich jedenfalls nicht.
Mein Herz begann zu flattern. Die Idee war ja nicht mal so daneben. In den meisten Fächern war ich eh total gut. Ich könnte problemlos wechseln.
Ich holte mein Handy raus. »Dad«, sagte ich. »Daddy, ich muss mit dir reden. Es ist wichtig. Wo bist du gerade?« Wenigstens wird einer glücklich sein über das, was ich gleich sagen werde. Er wird sich freuen, mich bei sich zu haben. In Cleveland werde ich willkommen sein.
»Hey, Prinzessin! Ich hab Penny gerade beim Friseur abgesetzt. Ich wollte noch ein paar Besorgungen machen in Westport, bevor ich sie wieder abhole und zurück in die Stadt fahre.«
»Dad. Hör zu. Ich hab’s mir anders überlegt. Ich möchte nach Cleveland ziehen.«
Er lachte. »Wie bitte?«
»Ich will zu euch. Jetzt. Morgen. Ich will nicht länger in Westport bleiben.«
Ich wartete auf den Freudenschrei. »April. Du hast das Jahr doch fast geschafft.«
Was? Das klang mir jetzt aber nicht nach Freude. »Ich weiß. Aber ich will das Jahr in Cleveland fertig machen.« Meine Stimme kam mir irgendwie fremd vor.
»Aber du bist doch so glücklich bei Suzanne! Ich versteh das nicht.«
»Ich bin nicht glücklich bei Suzanne«, sagte ich. »Nein. Ich will weg hier. Ich muss hier verschwinden.«
»Ach komm. Du kannst doch nicht ausgerechnet jetzt umziehen.«
»Warum denn nicht?«
»Doch nicht mitten im Schuljahr!«
»Aber vor ein paar Monaten wolltest du das doch selbst noch!«
»Januar ist nicht das Gleiche wie April. Das Schuljahr geht doch nur noch zweieinhalb Monate.«
Was hatte er eigentlich für ein Problem?
»Sieh mal, Prinzessin, das ist eine große Entscheidung. Warum schläfst du nicht eine Nacht drüber? Ich wette, morgen fühlst du dich schon wieder besser.«
Mir drehte sich der Kopf. Warum klang mein Dad jetzt auf einmal so, als würde er mich nicht mehr wollen? Ich umklammerte den Telefonhörer noch fester.
Weil er mich nicht wollte.
Er war glücklich mit seinem neuen Leben. Nur er und Penny. Kein mürrischer Teenager, der einem die Stimmung vermieste oder der im Zimmer nebenan hauste. Endlich konnte er einen echten Neuanfang machen.
Und ich hatte mich die letzten drei Monate dagegen gewehrt, dass er mich nach Cleveland verschleppte ... dabei hatte er das gar nicht vor.
Na, dann alles Gute zum Geburtstag.
»Versteh ich nicht«, meinte ich, und meine Stimme brach. »Ich dachte, du hättest gern, dass ich zu euch komme.«
»Ich will ja auch, dass du zu uns kommst. Klar will ich das. Aber Penny hat das zweite Schlafzimmer gerade als Atelier eingerichtet. Sie malt jetzt wieder, weißt du.«
Ich konnte also nicht bei ihnen einziehen, weil meine Stiefmutter ein Kunstatelier brauchte. »Habt ihr denn nicht drei Schlafzimmer?«
»Ja, aber im Gästezimmer stehen nur eine Ausziehcouch und unsere ganzen Trainingsgeräte ...«
»Und wo ist das Himmelbett?«, fragte ich.
»Dafür hatten wir keinen
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