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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pjhilip K. Dick
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ihnen vorgesetzt wird, nur unsere Wiedergabe dessen ist, was ich hier sehe – dieser Gedanke ließ ihn erstarren.
    Sourberry schnurrte: »Ein zuverlässiger Mann des amerikanischen Geheimdienstes hat diese bemerkenswerten Aufnahmen mit einer als Kragenknopf getarnten Teleskopkamera gemacht; aus diesem Grund sind diese Bilder etwas unscharf.«
    Und zwei Gestalten gingen, ein wenig unscharf, wie Sourberry erklärt hatte, nebeneinander auf einer Wallanlage spazieren. Roosevelt und – Josef Stalin, der letztere aufrecht, Roosevelt dagegen in einem Rollstuhl, eine Decke über den Knien, von einem uniformierten Dienstboten geschoben.
    »Eine besondere, weitreichende Abhörausrüstung«, schnurrte Sourberry, »die sich im Besitz des Geheimdienstmitarbeiters befand, machte es ihm möglich, das Gespräch ...«
    Na gut, dachte Joseph Adams. Es scheint alles in Ordnung. Eine Kamera von der Größe eines Kragenknopfes; wer erinnerte sich schon 1982 daran, daß es 1944 derartige Spionagegeräte noch gar nicht gab? Das geht also gefahrlos durch – ist durchgegangen, als das ganze entsetzliche Machwerk vor den Bewohnern von Wes-Dem ausgestrahlt wurde. Keiner hatte an die Regierung in Washington, D.C., geschrieben, um zu erklären: »Sehr geehrte Herren, bezugnehmend auf die ›Kragenknopfkamera‹ des zuverlässigen Mannes vom Geheimdienst in Jalta, möchte ich Sie informieren, daß –« Nein, das war nicht eingetreten, und wenn es geschehen wäre, hätte man den Brief stillschweigend begraben – wenn nicht gar die Person, die ihn verfaßt hatte.
    »Welche Episode siehst du dir an, Joe?« fragte Colleen.
    Wieder hielt er die Spule an und lehnte sich zurück. »Die große Szene. In der F.D.R. und Stalin übereinkommen, die westlichen Demokratien auszuverkaufen.«
    »Ach ja«, sagte sie und setzte sich neben ihn. »Die undeutliche Aufnahme aus großer Entfernung. Wer könnte das vergessen. Es ist uns eingehämmert worden ...«
    »Du weißt natürlich«, sagte er, »wo der Fehler liegt.«
    »Man hat uns gesagt, worin der Fehler besteht. Brose selbst, der damals schon lebte und Fischers Schüler war ...«
    »Niemand«, unterbrach Adams, »macht heute noch solche Fehler. Bei der Vorbereitung von Redetexten. Wir haben daraus gelernt, wir können mehr. Willst du mehr sehen? Zuhören?«
    »Nein danke. Es interessiert mich, offen gestanden, nicht.«
    Adams sagte: »Mich interessiert es auch nicht. Aber es fasziniert mich; die Tatsache fasziniert mich, daß es durchging – und angenommen wurde.« Er heftete den Blick wieder auf das Bildgerät und setzte die Spule in Bewegung.
    Auf der Audiospur wurden die Stimmen der beiden unscharfen Gestalten vernehmbar. Ein hohes Pfeifen im Hintergrund – Hinweis auf die Verwendung des weitreichenden, verborgenen Abhörgerätes des Geheimdienstmitarbeiters – machte es ein wenig schwer, das Gesagte zu verstehen, aber nicht unmöglich.
    In dieser Szene der Fassung A unterhielten sich Roosevelt und Stalin in Englisch; Roosevelt mit seiner Harvardbetonung, Stalin in harten, slawisch gefärbten Gutturallauten.
    Aus diesem Grunde war Roosevelt besser zu verstehen. Und was er zu sagen hatte, war von enormer Bedeutung, insofern, als er, in Unkenntnis der Existenz eines verborgenen Abhörgerätes, zu verstehen gab, daß er, Franklin Roosevelt, Präsident der Vereinigten Staaten, ein ... kommunistischer Agent war. Der Weisung der Partei untergeordnet. Er verkaufte seinem Chef Josef Stalin die Vereinigten Staaten, und sein Chef sagte: »Ja, Genosse. Sie haben begriffen, was zu tun ist. Es ist abgemacht, daß Sie die Alliierten im Westen aufhalten, so daß unsere Rote Armee weit genug in Zentraleuropa vordringen kann, genau gesagt, bis nach Berlin, um den sowjetischen Herrschaftsbereich bis nach ...« Hier wurde die gutturale, harte Stimme schwächer, da die beiden Staatsoberhäupter sich aus dem Bereich des Abhörgerätes entfernten.
    Joseph Adams schaltete das Gerät aus und wandte sich an Colleen. »Trotz des einen Fehlers war es ein Meisterwerk, das Gottlieb da zustande gebracht hat. Der Bursche, der Roosevelt spielt, sieht wirklich aus wie Roosevelt. Der Schauspieler, der Stalin ...«
    »Aber der Fehler«, unterbrach ihn Colleen.
    »Ja.« Es war ein gravierender Fehler, der schlimmste, den Fischer je begangen hatte; ja, eigentlich der einzige bedeutende Fehler in all den gefälschten Filmausschnitten der Fassung A.
    Josef Stalin hatte die englische Sprache nie beherrscht. Und da er nicht englisch

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