Zehn Jahre nach dem Blitz
Kadaver am Leben zu erhalten. Schade, daß wir das Verfahren, das die allein befugten Vorkriegshersteller entwickelt hatten, nicht nachahmen können – schade, daß wir nicht hier in den Werkstätten der Agentur ein Herz nach dem anderen herstellen oder den Auftrag, uns einen Schwung davon zusammenzusetzen, an einen der größeren Tanks geben können.
Zum Teufel, dachte er, natürlich könnten wir hier ein Herz herstellen. Aber – es wäre eben eine Nachahmung; es würde aussehen wie ein richtiges Herz und auch genauso schlagen ... aber wenn man es einpflanzte, würde das gleiche dabei herauskommen wie bei allen Dingen, die wir tun. Und der Patient würde daraus nicht viel Leben beziehen.
Unsere Produkte, dachte er nüchtern, können das Leben nicht um eine einzige Sekunde verlängern. So weit die kritischen Anmerkungen zu uns und der Bedeutung unserer Arbeit. Gott im Himmel. Und ein Gefühl der Trauer breitete sich in ihm aus; dieser übermächtige, furchtbare Nebel in seinem Innern zerrte an ihm, während er sich in diesem geschäftigen Büro der New Yorker Agentur befand, gemeinsam mit dem Yance-Mann Verne Lindblom, der sein Freund war, seinem Vorgesetzten Stanton Brose und der unbedeutenden Null Robert Hig, der zu seiner Überraschung die einzige treffende Frage gestellt hatte. Ein Punkt für Hig, dachte Adams. Dafür, daß er die Nerven hatte, die Frage zu stellen. Man weiß es nie; man kann einen Menschen nie völlig abschreiben, gleichgültig, wie farblos, hohl und bestechlich er scheint.
Widerstrebend und mit verschlossener Miene kehrte Lindblom schließlich zu den noch neu wirkenden Fälschungen auf dem Tisch zurück. Er sprach mit leiser Stimme, schleppend, mechanisch und kraftlos. »Wie dem auch sei, Joe, da Runcible die Funde umgehend bestimmen wird, dürfen sie nicht nur so aussehen, als seien sie sechshundert Jahre alt – sie müssen sechshundert Jahre alt sein.«
»Sie begreifen sicher«, wandte sich Brose an Adams, »daß wir andernfalls Verne kaum glänzend neue Fälschung hätten anfertigen lassen? Wie Ihre Zeitschriftenartikel müssen sie alt sein. Und wie Sie ja selber sehen, sind es diese hier nicht.«
Denn der Alterungsprozeß, dachte Adams, konnte nicht gefälscht werden, wie Brose sagte; Runcible würde es herausfinden. Dann – ist es also wahr. An Brose gewandt, sagte er: »Die Gerüchte. Über irgendeine Zeitmaschine. Wie haben oft davon reden gehört, aber wir waren nicht – konnten nicht sicher sein.«
»Sie wird sie zurückversetzen«, erklärte Brose. »Sie kann Dinge in die Vergangenheit zurückversetzen, aber nicht in die Gegenwart zurückholen; der Vorgang ist nur in einer Richtung möglich. Wissen Sie, warum, Lindblom?« Er warf Lindblom einen forschenden Blick zu.
»Nein«, erwiderte Verne Lindblom. An Joseph gewandt erklärte er: »Es ist eine Waffe, die aus den Kriegstagen stammt. Sie wurde von einer verhältnismäßig kleinen Fabrik in Chicago entwickelt. Die Firma und sämtliche Angestellte wurden von einer sowjetischen Rakete in die Luft gesprengt; daher sind wir zwar im Besitz der Zeitmaschine, wissen aber nicht, wie sie funktioniert und wie wir sie nachbauen könnten.«
»Aber sie funktioniert«, sagte Brose. »Sie befördert sehr kleine Gegenstände zurück. Wir werden diese Fälschungen, die Schädel, die Knochen, alle Gegenstände hier auf dem Tisch, Stück für Stück in die Maschine eingeben, und zwar findet das spät abends auf Runcibles Gelände in Süd-Utah statt – es werden Geologen anwesend sein, die uns zeigen, wie tief die Stücke versenkt werden müssen, und eine Mannschaft von Bleiernen, die sie eingraben. Diese Arbeit muß mit absoluter Genauigkeit ausgeführt werden, denn wenn sie zu tief liegen, werden Runcibles automatische Dozer sie nicht freilegen. Verstehen Sie?«
»Ja«, entgegnete Adams. Was für ein Verwendungszweck für eine solche Erfindung, dachte er. Wir könnten vergangenen Zivilisationen wissenschaftliche Erkenntnisse vermitteln, Errungenschaften von unermeßlicher Bedeutung – die Zusammensetzung von Medikamenten ... Wir könnten von grenzenloser Hilfe für frühere Gesellschaften und Menschen sein; einige Nachschlagewerke ins Lateinische, Griechische oder Altenglische übersetzt ... wir könnten Kriege abwenden, wir könnten Medikamente liefern, die den großen Pestseuchen im Mittelalter ein Ende bereiten würden. Wir könnten mit Oppenheimer und Teller Verbindung aufnehmen, sie von der Notwendigkeit überzeugen, auf die
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