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Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn

Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn

Titel: Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Regnier , Teresa Sporrer , Jennifer Wolf , Cathy McAllister , Natalie Luca , Jennifer Jäger , Melanie Neupauer , Katjana May , Mara Lang , Lars Schütz , Pia Trzcinska
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bedeuten. Ist das klar?«
    Eine tiefe Falte zog sich quer durch seine Stirn, als er in die Runde sah. Die Efeumädchen nickten, die Blicke auf ihre Füße gerichtet.
    Seine Miene hellte sich wieder auf und ließ die Mädchen gleich vergessen, dass überhaupt ein solcher Zorn in ihm stecken konnte. »Also, ich hoffe, dass solche Schelten eine Seltenheit sein werden. Wollen wir mit dem Tanzen beginnen?«
    Er verbeugte sich vor Daria und streckte ihr erneut seine Hände entgegen, die Lippen zu einem verschmitzten Grinsen geformt.
    Diesmal dachte sie an die Verbeugung und vollführte sie besonders huldvoll.
    Ab dem Moment, da sie ihre Hände zum zweiten Mal in seine legte, verflossen ihre Erinnerungen. Zu seltenen Anlässen durften auch die Efeumädchen ein wenig Himbeerwein oder Ampferschnaps kosten, und der Rest der Unterrichtsstunde fühlte sich an, als hätte Daria ein halbes Fass von einem der Gebräue getrunken. Ein Rausch, ein Reigen aus Herzklopfen, flüchtigen Berührungen, verstohlenen Blicken.
    In dieser Stunde brachte Lonar ihnen die Grundschritte des Poltertanz der Perleninseln bei, aber am Ende konnte sie sich an keinen einzigen von ihnen erinnern.
    Trotzdem sagte Jalina nach dem Unterricht zu ihr: »Sonst trittst du mir immer auf die Füße, aber heute … heute hast du getanzt, als hättest du diese Polterschritte schon jahrelang auf den Inseln selbst getanzt.«
    »Weiß nicht«, entgegnete Daria nur und es gab kaum etwas Wahreres, das sie hätte sagen können - als sie aus dem Unterrichtsraum trat, war ihr Verstand wie leer gefegt. Nur eines wusste sie mit Sicherheit: Zumindest ihr Herz hatte heute tanzen gelernt.
    ***
    Die Erinnerung huschte davon.
    Reiß dich wenigstens einmal zusammen, schalt Daria sich selbst. Sie durfte jetzt nicht ihren Gedanken nachhängen, sondern musste sich auf den Weg konzentrieren.
    Die Westwindfestung war noch in der Zeit der Alten Monarchen erbaut worden, die vor dem Erscheinen des Gottes Orchon über Galyrien geherrscht hatten. Bei ihnen hatte es Abertausende von Göttern gegeben, die nur die belesensten Priester alle gekannt hatten. Ein Gott für den Wein, ein Gott für die gute Ernte, ein Gott für die schlechte Ernte, sogar ein Gott des Steuerbetrugs. Selbstverständlich hatte es da auch einen Gott des Windes gegeben.
    Damit dieser ungehindert über die Westebenen ziehen konnte, zogen sich die Mauern spiralförmig bis hoch zum Efeuturm.
    Eng an die grob gearbeiteten Steinquader gepresst, folgte Daria der Spirale. Der Turm der Wache lag gleichauf mit dem großen Tor. Sie hatte noch einen weiten Weg vor sich, der ihr bei diesem Frost wie eine Ewigkeit vorkam. Eispartikel fegten ihr ins Gesicht, so scharfkantig wie Metallspäne.
    In den Stunden nach dem Tanz mit Lonar hatte sie sich nicht eingestehen wollen, was geschehen war. Viele der Romanzen und Liederbücher, die in der Bibliothek verstaubten, erzählten davon, aber hier, im Efeuturm, schien so etwas ausgeschlossen.
    Sie war verliebt und hatte keine Ahnung, ob Lonar genauso empfand. Verhielt er sich immer so charmant, wenn er mit einer Schülerin tanzte? Würde er jede von ihnen am Oberarm streicheln? Jeder von ihnen zuzwinkern?
    Daria hätte nie von sich behauptet, besonders mutig zu sein, aber an dem Abend nach der Unterrichtsstunde überraschte sie sich selbst: Sie suchte Lonar auf, um sich ihm zu offenbaren …
    ***
    Auf nackten Zehen schlich Daria zu Lonars Kammer in den oberen Stockwerken des Efeuturms. Es war schon spätnachts und eigentlich durfte sie sich nicht mehr auf der Wendeltreppe herumtreiben, aber sie hatte sich stundenlang nur im Bett gewälzt. Also hatte sie sich auf den Weg gemacht, um den Mann aufzusuchen, der der Grund für ihre Schlaflosigkeit war.
    Als sie kurz vor den Etagen der Tutoren war, drangen gedämpfte Stimmen an ihre Ohren. Zwei Männer tuschelten hinter der nächsten Treppenwendung.
    Sie hielt inne, den Atem angehalten.
    Das konnten nur zwei Tutoren sein. Zum Glück hörte es sich an, als würden sie ihr nicht entgegenlaufen. Am besten blieb sie stehen. Zu groß war die Gefahr, dass die beiden sie hören würden, wenn sie jetzt umkehrte.
    Gebannt lauschte sie ihren Stimmen:
    »Du wirst dieses Spiel nicht mehr ewig treiben können – irgendwann werden sie merken, wohin die Gelder fließen.« Die Stimme des einen war sanft, selbst bei diesen Anschuldigungen. Sie gehörte Tormas, dem Tutor für Geschichte.
    »Hast du Beweise für deine Anschuldigungen?«, erwiderte der andere scharf.

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