Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn
Titel:
Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Sandra Regnier
,
Teresa Sporrer
,
Jennifer Wolf
,
Cathy McAllister
,
Natalie Luca
,
Jennifer Jäger
,
Melanie Neupauer
,
Katjana May
,
Mara Lang
,
Lars Schütz
,
Pia Trzcinska
Selbstmord grenzte.
Lonar hieß er, der Tutor, der erst vor elf Tagen in der Westwindfestung angefangen hatte. Gesprächskunde und Benehmen waren seine Fächer.
»Wo halten sie ihn jetzt eigentlich gefangen?«, fragte Daria und versuchte dabei, ihre Worte möglichst beiläufig klingen zu lassen.
Aber Jalina konnte sie nichts vormachen: »Komm bloß nicht auf dumme Gedanken. Das Sinnvollste, was du jetzt tun kannst, ist, ihn zu vergessen.«
Daria hüpfte hinüber auf Jalinas Bett und setzte ihr elendstes Bettelgesicht auf. Da musste doch selbst sie schwach werden! »Komm schon, du weißt immer über alles Bescheid, was hier vor sich geht.«
»Vielleicht weiß ich ja über genau das mal nicht Bescheid?« Jalina legte den Kopf schief, passend zu dem schiefen Grinsen, das sie aufgesetzt hatte.
»Fang nicht auch noch an, mich zu necken!«
»Also schön«, Jalina verdrehte die Augen. «Von einer der Mägde habe ich gehört, dass sie Lonar ins tiefste Geschoss des Turms der Wachen gesperrt haben. Aber das hast du nicht von mir, verstanden?«
»Natürlich nicht!« Daria nickte eifrig. »Danke, danke, danke.«
Sie sprang auf und schnappte sich ihren dicken Mantel aus Wolfspelz.
Jalina ließ sich zurück in die Federn fallen und nahm einen Folianten vom Schemel neben ihrem Bett. »Ich frage besser erst gar nicht, wo du um diese Zeit noch hin willst.«
***
Den Efeumädchen war es strengstens verboten, den Efeuturm in der Nacht zu verlassen. Alle dreißig Jahre sollte eine von ihnen dem Gott Orchon geopfert werden – als Jungfrau. Um das zu gewährleisten, galt es für den Obersten Tutor, bestimmte Grenzen zu setzen.
Darauf bedacht, keiner Wache oder keinem der Tutoren über den Weg zu laufen, stapfte Daria durch den kniehohen Schnee. Den Pelzmantel hielt sie eng um ihren Körper geschlungen, trotzdem spürte sie die Kälte so sehr, als würde sie nackt durch das Schneetreiben laufen.
Sie huschte in den Torbogen, der das Areal rund um den Efeuturm von der übrigen Festung abgrenzte. Gerade tat sie einen Schritt aus dem Tor, als sie aus den Augenwinkeln Laternenschein sah.
»Patrouille bei so einem Schneesturm«, krächzte es. »Wer soll denn bitte bei dieser klirrenden Kälte noch hier draußen unterwegs sein?«
Daria drückte sich in den Torbogen, den Atem angehalten. Ihr Herzschlag kam ihr so laut vor wie das Pochen einer Trommel. Lass mich Glück haben, Orchon, lass mich einmal nur Glück haben!
Die beiden Wächter liefen am Tor vorbei, ohne ein einziges Mal zur Seite zu blicken. Viel zu sehr waren sie damit beschäftigt, die Köpfe möglichst tief in die Kragen ihrer Wämser zu stecken.
Daria entließ die Luft in ihren Wangen zu einer dicken Atemwolke. Beten nutzte vielleicht doch etwas. Noch zehn Herzschläge lang wartete sie ab, dann wagte sie sich wieder aus dem Tor.
Als sie weiter durch den Schnee stiefelte, erinnerte sie sich daran, wie sie Lonar zum ersten Mal getroffen hatte …
***
Der große Gott Orchon wollte alle dreißig Jahre nur das schönste und klügste Mädchen Galyriens als Opfergabe. Sollte es ihm einmal nicht genügen, würde der Weltendroher das Universum in Flammen aufgehen lassen, so hieß es.
Schönheit war etwas, das man nur schwer beeinflussen konnte. Sicher, man konnte sich edle Gewänder überwerfen, die Haare galant frisieren oder schminken, aber wahre Schönheit war etwas, das einem bei der Geburt verliehen wurde.
Klugheit und Wissen hingegen ließen sich sehr wohl formen und herausbilden. Deshalb lebten acht Tutoren in der Westwindfestung, von denen jeder unzählige Jahre an der Universität von Sichelstadt studiert hatte. Sie unterrichteten die Mädchen in Gesang, Geschichte, Logik, Tanz und vielen anderen Fächern.
Vor zwanzig Tagen, also zwei Dekaden, hatte der greise Tanz- und Benimmlehrer Soran die Westwindfestung verlassen, um sich auf seinem Landsitz auf den Perleninseln zur Ruhe zu setzen. Es hatte schlichtweg keinen Sinn, einen Tanzlehrer zu haben, der wegen seiner Arthritis keinen einzigen Schritt vormachen konnte.
Bereits kurze Zeit später traf der neue Lehrer ein. Bis zu seiner ersten Unterrichtsstunde ließ er sich nirgendwo blicken, verließ nicht einmal seine Kammer.
Die Tuscheleien der Efeumädchen wurden von Tag zu Tag aufgeregter. Wie sah er aus? War er jung oder alt? Welche Tänze würde er ihnen beibringen?
Auch Daria, die für Tratsch eigentlich nichts übrig hatte, ließ sich von der Aufregung anstecken und saß dementsprechend zappelig auf
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