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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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brauchte, war gewissermaßen eine Landkarte dieser verschiedenartigen Proteinstrukturen im menschlichen Hirn.
    »Sicher, aber da kann ich dich auf den Anhang B meiner Arbeit verweisen«, antwortete Vic auf seine Frage. Er ging zum Tisch und kramte ein dickes Bündel Papier unter den Dokumenten hervor, schlug es auf, und Nick wurde sofort schwarz vor den Augen. Das waren einige der Seiten, die er und wohl auch Julie überhaupt nicht verstanden hatten. »Ist ganz einfach«, beruhigte Vic und erklärte seinem Freund, wie die Charts und Tabellen zu interpretieren waren. »Wie du feststellen wirst, sind natürlich noch bei weitem nicht alle Hirnregionen erfasst, aber es ist ein guter Anfang, um einige wichtige Tumortypen zuverlässig zu lokalisieren.« Er lehnte sich zurück und blickte seinen Freund befriedigt von der Seite an, als hätte er ihm eben eine teure Yacht verkauft. Plötzlich sprang Nick auf und fragte aufgeregt:
    »Kann ich an deinen Computer? Bist du online?«
    »Ja und ja, bediene dich.« Nicks Finger flogen über die Tastatur, als er fieberhaft zusammenfasste, was er eben gelernt hatte. In Windeseile formulierte er Aufträge für weiterführende Arbeiten und sandte sie an Julie und seine Mitarbeiter.
    »Ihr solltet auch die chemische Navigation in Betracht ziehen, um die Tumorzellen schneller zu finden«, rief Vic von der Terrasse her.
    »Chemische Navigation?«
    »Ja, klar. Die Tumorzellen setzen sogenannte Tumormarker ab, zum Beispiel Homovanillinsäure, ein Abbauprodukt von Dopamin. Die kann man entweder direkt im Blut nachweisen, oder man spürt die beteiligten Enzyme auf. Wenn eure Nanobots laufend die Konzentration solcher Enzyme messen könnten, sollte es trivial sein, sie so zu programmieren, dass sie der größten Konzentration folgen. Das wäre dann wohl eine Fleißaufgabe für das Computergenie Nick.« Trivial, klar , dachte Nick gereizt, während er auch diese Information weiter meldete. Vics Idee würde sein Team nun eine Weile intensiv beschäftigen. Er hatte ein gutes Gefühl. Jedenfalls war es verdammt richtig, dass er hierher gekommen war. Schon wollte er den Computer wieder ausschalten, als ihm einer von Vics Ordnern auf dem Bildschirm auffiel. Er trug die Bezeichnung Emily. Ohne zu überlegen, klickte er darauf und öffnete das Verzeichnis. Ein kurzer Blick auf die Liste der Dateien veranlasste ihn jedoch, den Ordner mit einem verlegenen Seitenblick auf die Terrasse sofort wieder zu schließen. Vic hatte offenbar alle Mails seiner großen Liebe gesammelt und hier archiviert. Kein Zweifel, er liebte Emily immer noch, vielleicht mehr als je zuvor.
    Am liebsten wäre er sofort wieder abgereist, um die Idee seines Freundes zügig umzusetzen, aber Vics Uhren tickten langsamer. Er spendete ihm am nächsten Tag einen spektakulären Rundflug mit der Emily 2, für den normale Touristen tief in die Tasche gegriffen hätten. So einmalig dieses Erlebnis auch war, Nicks Gedanken schweiften dauernd ab. Irgendetwas an Vics Idee von gestern Abend ließ ihn nicht mehr los. Erst gegen Schluss der Tour fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
    »Heiliger Strohsack!«, rief er plötzlich so laut, dass Vic unwillkürlich am Steuerknüppel riss und das Flugzeug einen kleinen Sprung machte.
    »Spinnst du?«
    »Entschuldige. Aber ich glaube, ich werde wirklich noch verrückt.«
    »Was ist denn los?«
    »Wenn wir unsere Nanobots gezielt in spezifische Hirnregionen senden können, dann sollte es doch auch möglich sein, die Neuronenaktivität dort abzugreifen, oder?« Vic nickte nur stumm. »Das heißt, wir können die Muster der Neuronentätigkeit in Echtzeit verfolgen und sichtbar machen, sogar über größere Distanzen hinweg, wenn wir unsere Nanosender einsetzen.« Wieder nickte Vic wortlos. »Diese Muster sind aber charakteristisch für bestimmte Eindrücke, die im Hirn verarbeitet werden. Oder anders ausgedrückt: wir können Gedanken lesen!«
    »Klar«, bestätigte Vic emotionslos.
    »Ich dreh durch!«
Amsterdam
     
    Nina schaute sich ängstlich um, bevor sie die Seitengasse am Oosterdok betrat. Sie zitterte noch immer beim Gedanken an den vor Wut schäumenden Dicken, dessen Klauen sie am Morgen nur durch Zufall entkommen war. Hätte sie nicht genau zu jener Zeit ihre paar wenigen Besorgungen gemacht, würde sie jetzt nicht mehr leben, oder leben wollen, davon war sie überzeugt. Nachdem man einige Wochen nichts mehr von Hansje und seinem Schatten gesehen und gehört hatte, waren die beiden an diesem

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