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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Phase des Projekts Versuchskaninchen spielen!«
    »Warum nicht? Nüchtern betrachtet ist die Sache doch völlig harmlos«, versuchte er sie zu beruhigen. »Die Nanobots sind bereit, sie sind nicht toxisch und werden in ein paar Stunden wieder abgebaut. Was macht es schon aus, wenn ich ein paar davon schlucke? Wenn sie so funktionieren, wie ich vermute, schaffen wir damit den größten Durchbruch unseres Projekts. Und wenn nicht, wissen wir auch Bescheid.« Er schaute ihr eindringlich in die Augen. »Julie, wir können nur gewinnen!«
    »Du bist verrückt«, murmelte sie kopfschüttelnd.
    »Vielleicht, aber sind wir das nicht alle - irgendwie? Komm schon, lass mich nicht hängen.«
    »Ich lass dich doch nicht hängen, Dummkopf. Ich mache mir Sorgen um dich.« Sie begriff, dass sie ihn nicht umstimmen konnte. Er war nicht von seinem Selbstversuch abzubringen, und insgeheim hatte sie Verständnis dafür, denn sie brannte ebenso wie Nick darauf, Gewissheit zu bekommen, ob ihre Entwicklung tatsächlich funktionierte. Irgendjemand musste das Wagnis als erster auf sich nehmen, warum also nicht derjenige, der am meisten von der Sache verstand? Er beobachtete angespannt, wie sie mit sich rang, hoffte, er hätte ihren wissenschaftlichen Ehrgeiz richtig eingeschätzt. Nach einer Weile blickte sie ihn in einer Weise an, die ihm auch ohne Worte bestätigte, dass sie ihren Widerstand aufgegeben hatte.
    Die verschworene Gemeinschaft seines Teams brauchte er nicht lange zu überzeugen. In Nicks Selbstversuch ging es zwar nicht um Tumorzellen, sondern um gesundes Gewebe, aber die Aufgabe war gleichwertig. Hirnzellen mussten geortet, ihre Aktivität gemessen, an einen Empfänger außerhalb des Körpers übermittelt und dort interpretiert werden. Jetzt ging es für alle nur noch darum, die letzten Puzzleteile einzusetzen, zu beweisen, dass sie lückenlos passten. Fieberhaft arbeitete Nick selbst an der Software, welche die Signale der Nanobots analysieren und bekannten Mustern zuordnen sollte. Das war nichts anderes als eine Erweiterung der entsprechenden Komponente seines Simulationsprogramms. Eine Gruppe von Physikern und Ingenieuren entwickelte den hochempfindlichen Empfänger weiter, während Julies Team die biologischen Rezeptoren der Nanobots auf die spezielle Aufgabe vorbereitete. Am Morgen des dreizehnten Tages nach Nicks Ankündigung war es soweit. Das ganze Team versammelte sich im Auditorium. Für Nick hatte man neben dem Rednerpult eine Art Separee eingerichtet, wo er sich ungestört durch äußere Einflüsse auf seine Aufgabe konzentrieren konnte. Eine Videokamera beobachtete ihn dabei und übermittelte das Bild an eine Projektionseinrichtung, die es zusammen mit der Auswertung des empfangenen Musters an die Wand beamte. Nick trat nach vorn und gab der wartenden Ärztin ein Zeichen. Es wurde totenstill. Alle verfolgten gebannt, wie sie die farblose Flüssigkeit auf eine Spritze zog. Bevor sie die Nadel ansetzte, zog er das Mikrofon heran und sagte in dramatischem Tonfall mit einem Seitenblick auf Julie:
    »Sorget für mein Weib und Kind!« Ein gewisser Arnold Winkelried soll dies ausgerufen haben, bevor er sich todesmutig in die Spieße der Feinde stürzte, um so eine Bresche in deren Reihen zu schlagen. Dieser passende Spruch war so ziemlich das Einzige, was er vom Geschichtsunterricht seiner Schulzeit in der Schweiz noch nicht vergessen hatte. Unter dem befreienden Gelächter der Anwesenden setzte ihm die Ärztin die Spritze, um die unsichtbaren Nanobots in seine Blutbahn einzuführen. Er nahm in der Kabine Platz und versuchte sich zu entspannen, bevor er sich auf die vor ihm liegende Karo Dame konzentrierte. Außer dem gleichmäßigen Summen der Apparaturen war kein Geräusch mehr zu hören. Das Team erwartete unter Hochspannung die ersten Ausschläge auf dem Bildschirm des am Empfänger angeschlossenen Oszilloskops, aber die leuchtend grüne Linie blieb ruhig. Die Sekunden flossen unerträglich langsam dahin, die Zeit schien stillzustehen. Nicks Gedanken schweiften ab. Er wurde unruhig, hatte Mühe, sich auf das Bild vor seinen Augen zu konzentrieren. Kommt schon, ihr verdammten Zwerge , fluchte er innerlich. Zehn Minuten waren vergangen und keines der Instrumente hatte auch nur die mindeste Regung gezeigt. Fünfzehn Minuten. Die Leute begannen zu tuscheln, räusperten sich, hüstelten verlegen.
    Nick trat maßlos enttäuscht aus der Kabine. Er versuchte, den Fehlschlag mit einem unbeholfenen Lächeln

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