Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
Vom Netzwerk:
herunterzuspielen. Mit solchen Momenten musste man in seinem Beruf jederzeit rechnen, das war ihm klar, doch dieser Versuch hätte nicht misslingen dürfen. Alle Anzeichen hatten auf einen Erfolg hingedeutet, aber es war zwecklos, er musste die Niederlage eingestehen. Er wollte ein paar Worte an sein frustriertes Team richten, als plötzlich jemand schrie: »Input, wir haben ein Signal!«, und auf die Projektionswand zeigte. Eine Sekunde lang starrten alle wie gebannt auf das Bild, dann erhob sich ein ohrenbetäubender Tumult. Die Leute klatschten, johlten und polterten, als hätten die Golden State Warriors zum ersten Mal seit zwölf Jahren in die Playoffs Einzug gehalten. Die Euphorie war mit einem Paukenschlag wieder da. Nick rannte in die Kabine zurück und setzte sich aufgeregt vor die Karte. Er zwang sich, mehrmals tief durchzuatmen, sich wieder auf das Kartenbild zu konzentrieren. Der Empfänger registrierte nun einen kontinuierlichen Strom von Impulsen, die von Nicks Software in chaotische Farbmuster und wild tanzende Zahlenreihen umgesetzt wurden. Allmählich begannen sich jedoch gewisse Bilder zu wiederholen.
    Julie schaute genauer auf einen der Monitore, welche die Projektion speisten. Ein kleiner Schwarm heller Punkte erschien auf der Darstellung des Gehirns, genauso wie sie es in der Simulation gesehen hatte, aber diesmal waren es die errechneten Positionen ihrer Nanobots in Nicks Kopf. Die Punkte schienen sich an bestimmten Stellen zu sammeln, gleichsam anzudocken. Sie verglich die Darstellung mit ihren Aufzeichnungen. In zehn Bereichen von Neuronen, die sie mit Hilfe von Vics Arbeit ausgewählt hatte, fand sie die erwarteten kleinen Ansammlungen von Nanobots, nur zwei weitere Regionen zeigten keine blauen Punkte. Zehn von zwölf, nicht schlecht für den ersten Versuch , dachte sie zutiefst befriedigt. Die ganze Anspannung der letzten Tage und Wochen explodierte in einer gewaltigen Eruption und machte einem unbeschreiblichen Wohlgefühl Platz, besser als jeder Orgasmus, wie sie Nick später gestand. Sobald sich die Positionen der blauen Punkte stabilisiert hatten, beruhigte sich auch das Chaos der Farbmuster. Man konnte deutlich erkennen, dass eine Menge von sich schnell und unregelmäßig ändernden Signalen ein anderes, relativ ruhiges Bild überlagerte. Einer der Physiker veränderte die Einstellungen des Empfängers und justierte die Filterfunktionen in Nicks Programm, worauf das stabile Bild deutlicher wurde.
    »Nick, die andere Karte!«, rief Julie. Das Bild veränderte sich, und nach kurzer Zeit erschien ein anderes, ebenfalls stabiles Muster. Kein Zweifel, sie empfingen die Bildeindrücke von Nicks Spielkarten.
    »Dreh bitte die Karte um 180 Grad«, forderte sie Nick auf. Das Muster verschwamm kurz, erschien jedoch gleich wieder unverändert. Das Bild zeigte also wie erwartet nicht einfach die geometrische Anordnung von Symbolen, die Nick sah, sondern das Konzept ›Karo Dame‹, ›Pik Ass‹, oder welche Karte er auch immer erkannte. Atemlos verfolgte das Team die weiteren Tests, bis Nick schließlich erschöpft aus der Kabine trat und den Empfänger ausschaltete. Der Applaus und Jubel brandete von neuem auf, denn alle wussten, dass sie eben Zeugen eines einmaligen, historischen Ereignisses geworden waren.
     
    Nicks Telefon klingelte. Emily , stutzte er, als er auf den Bildschirm schaute. Das war ungewöhnlich, normalerweise begnügte sie sich mit einem kurzen SMS-Gruß.
    »Hallo Schwesterchen, immer noch wach?« In Amsterdam musste es jetzt nach Mitternacht sein.
    »Nick ...« Sie brach ab, sagte lange nichts mehr. Besorgt fragte er schließlich:
    »Emily, alles O. K.?«
    »Nick - ich - ja, es geht mir gut. Entschuldige, ich wollte nur deine Stimme hören.« Es ging ihr gar nicht gut, das war deutlich zu hören.
    »Emily, ist etwas passiert? Bist du verletzt?«
    »Nein, ich bin in Ordnung, wirklich.« Er glaubte ihr kein Wort.
    »Ich spür doch, dass dich etwas bedrückt. Willst du darüber reden?«
    »Ein andermal - vielleicht.«, antwortete sie zögernd. »Ich wollte nur hallo sagen. Ich hab dich lieb.« Sie legte auf. Verwirrt und beunruhigt trat er ans Fenster seines Büros und blickte lange grüblerisch in den Park hinaus.
    »Kreative Pause?«, fragte Julie unvermittelt hinter ihm.
    »Nicht wirklich.« Er erzählte ihr von Emilys rätselhaftem Anruf. »Hoffentlich hatte sie einfach nur einen schlechten Tag. Aber du willst bestimmt wissen, was ich aus L. A. mitgebracht habe.« Er ging

Weitere Kostenlose Bücher