Zehn Milliarden (German Edition)
ganz und gar nicht, doch sie war dies von früheren Einsätzen für Regierungsorganisationen gewohnt. Sie widmete sich erst einmal ihrer Pizza, bevor sie weitere Fragen stellte.
»Und wie stellen Sie sich vor, dass ich allein diesen Baxter rund um die Uhr beobachten soll?«, erkundigte sie sich schließlich missgelaunt. »Solche Aufgaben erfordern mindestens zwei bis drei Leute.«
»Wir sind ja zu zweit«, antwortete Rachel kaltschnäuzig.
Julie breitete das Badetuch über die gepolsterte weiße Liege im Schatten einer Pinie. Die mediterrane Vegetation mit schlanken Zypressen, Olivenbäumen und duftenden kleinen Orangenhainen, das Azurblau des Wassers, die römischen Vasen und die in Terrakotta und Weiß gehaltenen Fliesen der Poolanlage des Bellagio erinnerten sie an den Garten einer phantastischen toskanischen Villa. Eines Tages wollte sie die Originale in Italien kennen lernen, Händchen haltend mit ihrem Geliebten, wie sie sich träumerisch vorstellte.
»Angenehme Erinnerungen, Miss Jones?«, fragte Nicks bekannte Stimme leise. Sie widerstand der starken Versuchung, ihn zu umarmen und zu küssen, setzte sich so, dass sie ungestört mit ihm reden konnte und antwortete ebenso diskret:
»Unerfüllte Träume. Na, wie fühlt man sich als Betrüger, Mister Baxter?«
»Lächerlich, aber was opfert man nicht alles für seine Wissenschaft. Unerfüllte Träume? Hört sich interessant an.«
»Ich werde dir gewiss nicht meine intimsten Geheimnisse anvertrauen, ich kenne dich ja überhaupt kaum.«
»Du wirst mich hier noch gründlich kennen lernen, meine Liebe.«
Sie lachte. »Gut.« Der Nervenkitzel des ungewohnten Rollenspiels, das sie sich für ihren Versuch ausgedacht hatten, wirbelte ihre Hormone nachhaltig durcheinander, versetzte sie in einen geradezu krankhaften Ausnahmezustand dauerhafter Erregung. Wann immer sie Nick sah oder an ihn dachte, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass er sie packte und es ihr gründlich besorgte. Die getrennten Zimmer, die heimlichen Treffen, die Tatsache, sich gleichzeitig so nah und unwirklich fern zu sein, das alles goss nur noch weiteres Öl ins Feuer.
»Hallo, jemand zu Hause?«, fragte er ungeduldig, ohne sie anzusehen.
»Was?«
»Ich wollte wissen, ob du alles vorbereitet hast.«
»Ach so, entschuldige. Ja klar, alles in Ordnung. Es kann los gehen.«
»Ausgezeichnet. Ist dein Zimmer O.K.?«
»Bestens, und deine Suite?« Sie hatte zugestimmt, dass er seine Rolle glaubhafter spielen konnte, wenn er für die paar Tage eine der luxuriösen Suiten mietete.
»Ein Salon wie ein Golfplatz, eine lauschige Essnische mit Panoramablick auf den Eiffelturm und ein Doppelbett, das sich durchaus für größere Orgien eignet. Es wird dich umhauen.«
»Ich werde pünktlich um sieben anklopfen«, murmelte sie mit heißen Ohren und eilte zur Dusche. Sie brauchte jetzt dringend eine Abkühlung.
Aufgeregt und sorgfältig aufgebrezelt, als wäre es das erste Date, erschien sie abends um Punkt sieben Uhr zu ihrem konspirativen Treffen in Mr. Baxters Suite. Die grosse Blondine, die am Fenster gegenüber den Aufzügen etwas in ihr Notizbuch schrieb, blieb unbeachtet wie die zahlreichen übrigen Gäste. Julie hatte mit Nick vereinbart, erst am nächsten Tag richtig loszulegen, also stand ihnen eine lockere Nacht bevor, schätzte Julie. Doch als Nick sie zur Begrüßung zärtlich umarmte und sich ihre Lippen trafen, spürte sie, wie angespannt er war.
»Nervös?«, flüsterte sie.
»Ich doch nicht«, antwortete er verlegen grinsend, dann wurde er ernst. »Klar bin ich aufgeregt, und das ist das pure Gift für unser Vorhaben.«
»Das wird sich legen. Vielleicht sollten wir alles nochmals in Ruhe besprechen. Am besten beim Essen, was meinst du?«
»Sicher.« Während er das einfache Dinner beim Zimmerservice bestellte, trat sie ans Fenster und betrachtete die Glitzerwelt zu ihren Füssen vor dem warmen Licht des Abendhimmels. Erst jetzt bemerkte er, dass das transparente Oberteil ihres schwarzen Spitzenkleids einen mehr oder weniger ungehinderten Blick auf ihre ebenso schwarze Unterwäsche freigab. Ein Anblick, der durchaus geeignet war, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Er vermied es, sie anzusehen, während sie aßen und nochmals alle Details ihres minutiös vorbereiteten Plans besprachen. Sie legte das Besteck weg, ergriff das Glas, trank einen Schluck des köstlichen rubinroten kalifornischen Syrah und lehnte sich zurück.
»Na, beruhigt?«, fragte sie unschuldig, worauf
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