Zehn Milliarden (German Edition)
Glück mit der einfachsten Kombination, die ihm einfiel: Nick&Julie plus die acht Zahlen der Digitalanzeige des grauen Anhängers. »Scheiße!« fluchte er laut, als ihm das Programm den Zugriff verweigerte. Er wartete einige Sekunden, bis die Secure-ID Anzeige wechselte, und versuchte es erneut: Nick&Julie1 und die neuen Ziffern. Das Anmeldebild verschwand und machte einem schwarzen Fenster Platz, das Schaltflächen für e-Mail und verschiedene Verzeichnisse mit kryptischen Namen enthielt. Er war im gesicherten Netz der Air Force. Systematisch begann er, die Dateiverzeichnisse zu öffnen. Nichts als Dokumente und Tabellen über Standards und Reglemente, uninteressanter Militärkram, bis er auf einen Ordner stieß, der sich nicht ohne weiteres öffnen ließ. Er war nochmals durch ein Passwort gesichert. Er versuchte es mit zwei Varianten von Julies Passwörtern, dann gab er es auf, ließ das Eingabefenster stehen und öffnete das Mailprogramm. »Warum nicht gleich?«, brummte er zufrieden, als er die zuletzt gesendeten Meldungen überflog. Perlen kalten Schweißes bildeten sich auf seiner Stirn und ihn fröstelte. Die Mails ließen keine Zweifel offen: sie hatte ihre Forschung für ein verfluchtes Waffenprojekt missbraucht! Bob an der UCLA mit seinen Verschwörungstheorien; er hatte völlig recht. NanoClin und die Leute hier waren letztlich Handlanger der Armee. Er hätte sich niemals darauf einlassen dürfen, mit solchen Organisationen zusammenzuarbeiten. Doch so einfach war die Geschichte nicht, verdankte er nicht Julie und seiner Zusammenarbeit mit ihr das schönste und fruchtbarste Jahr seines Lebens? Der Zwiespalt drohte ihn innerlich zu zerreißen. Er hätte schreien, fluchen, weinen mögen und wusste nicht mehr weiter. Was sollte er tun?
Das Telefon auf Julies Schreibtisch summte aufdringlich. Er fuhr zusammen. Unbekannter Anrufer stand auf dem Display. Es war fast Mitternacht. »Wer zum Teufel ...«, knurrte er und nahm den Hörer ab. »Hallo?« Die Leitung blieb eine Weile still, dann wurde die Verbindung unterbrochen. »Entschuldigung, falsch verbunden, heißt das!«, schrie er wütend und knallte den Hörer auf die Gabel. Erst ein paar Minuten später fiel ihm ein, dass dieser sonderbare Anruf vielleicht kein Zufall war, ausgerechnet zu dieser späten Stunde, als er allein an Julies Arbeitsplatz mit dem Computer ... »Scheiße!«, rief er und sprang auf. Wie konnte er so naiv sein. Die Zugriffe auf das Netz der Air Force wurden mit Sicherheit pedantisch überwacht. Hatte er irgendwie Alarm ausgelöst? War das ein Kontrollanruf? Vielleicht litt er an Verfolgungswahn, doch jetzt war Zeit, aufzuhören. Er hatte ohnehin genug gesehen. Rasch verwischte er die Spuren seiner Anwesenheit, schaltete kurzerhand den Strom des Computers aus und eilte zurück in sein Büro. Er wusste jetzt, was er tun wollte. Weg musste er hier, weg von diesem Projekt und fort aus dieser Gegend. Keine Minute länger hielt er es aus in einer Umgebung, wo ihn alles an Julie erinnerte, die ihn so abgrundtief enttäuscht hatte. Achtlos warf er seine paar persönlichen Gegenstände in den Aktenkoffer, schlüpfte in den Mantel und verließ das Büro - zum letzten Mal, wie er fast befreit feststellte. Er hastete den dunklen Korridor entlang zu den Aufzügen. Von der Galerie her vernahm er plötzlich gedämpftes Stimmengewirr. Vorsichtig spähte er in die Eingangshalle hinunter. Fünf Männer in dunklen Anzügen unterhielten sich mit dem Nachtwächter. Sie waren da! Er konnte sich lebhaft vorstellen, was die diskreten Herren um diese Zeit hier suchten. Zwei der Männer lösten sich von der Gruppe und gingen zu den Aufzügen. Sein Weg war abgeschnitten. Auch die anderen Ausgänge, die er kannte, würden mit Sicherheit beobachtet. Er saß in der Falle. Verdammt , er hatte nicht die geringste Lust, diesen Leuten in die Hände zu fallen, wollte noch nicht einmal mit ihnen reden. Geräuschlos eilte er zurück ins Büro, warf sich den weißen Labormantel über, zog eine Schutzhaube, wie er sie sonst im Clean Room benutzte, über sein Haar und tief in die Stirn und holte den Wagen mit dem Putzzeug aus der nahen Abstellkammer.
Kaum hatte er den Korridor wieder betreten, hörte er, wie sich die Lifttür öffnete. Die zwei Männer stutzten kurz, als sie ihn sahen, doch schien er sie nicht weiter zu interessieren. Er atmete auf, als sie ihn wortlos kreuzten und zügig in Richtung der Büros weiterschritten. Er schob den Wagen in den Aufzug und drückte
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