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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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Ende.«
    Und sein Freund fügt hinzu: »Und wir haben viele Morde in der Literatur. Seit einigen Jahren gibt es viele gute Krimi-Autoren in Island wie zum Beispiel Arnaldur Indriðason. Aber auch Ævar Örn Jósepsson, Viktor Arnar Ingólfsson, Yrsa Sigurðardóttir und Arni Thörarinsson.«
    Isländische Namen sind wie Scud-Raketen. Ihre Rauchspuren hängen noch in der Luft, nachdem sie längst ihr Ziel erreicht haben. Ich bewundere diese Schriftsteller. Krimiautor in einem Land ohne Morde, das kann nicht einfach sein. Allein, um seinem Mörder eine Pistole zu beschaffen, braucht man die Fantasie eines Genies. Ich schließe meine Ohren, behalte jedoch mein Friendly-Lächeln, während die zwei Tresenhocker die Vorzüge ihres Landes aufzählen und dem Geistlichen gleichzeitig klarmachen wollen, dass das Leben hier trotzdem keine Sonntagsschule ist.
    Ich bin ziemlich fertig. Ich fühle, wie der Alkohol meinen Jetlag verstärkt. Ich frage mich, was meine guten Gastgeber wohl gerade treiben. Die sind bestimmt schon auf Sendung. Gutmunduhr hat nicht angerufen. Ich hoffe, die Wichser von der Botschaft haben mein Gesicht nicht auf ihrer Kamera. Bei denen hängt bestimmt an jeder zweiten Wand ein Poster von mir. Ich habe einen ihrer Leute getötet. Genaugenommen stehen durch meine Tätigkeit 67 zusätzliche Kreuze auf amerikanischen Friedhöfen - Grund genug, um mit meinem Fahndungsfoto den Bürgersteig zu pflastern. Zwar waren nicht alle 67 glückliche Besitzer einer Green-Card: Manche waren Taliener, manche Russen, nicht wenige Serben und einer Schwede oder Norweger, wenn ich es richtig erinnere. Das war der merkwürdigste Akzent, den ich je zum Schweigen gebracht habe. Aber die meisten waren quadratgesichtige, aufgequollene Hamburgerärsche. Bei so vielen toten Amerikanern, die auf mein Konto gehen, könnte ich wahrscheinlich Ehrenmitglied bei der Al-Qaida werden.
    Ja. Ich bin einer ihrer meistgesuchten Verbrecher. Ja. Ich darf nicht vergessen, dass ich hier in der Verbannung bin. Ja. Ich muss an MWA denken. Und ja. Mein Name ist David Friendly.
    Plötzlich höre ich eine Stimme, die mir bekannt vorkommt.
    »Hi! Hier sind Sie also. Was zum Teufel machen Sie HIER? Mein Vater sucht überall nach Ihnen. Der hat sogar schon bei mir zweimal angerufen. Sie sollten jetzt im Fernsehen sein!«
    Gunholder ist wieder in einem todschicken Party-Outfit und hat mich in meiner Ecke entdeckt.
    »Oh, hi. Er hat mich nicht angerufen«, lalle ich.
    »Nicht? Haben Sie Ihr Telefon dabei?«
    Ich durchsuche Mantel und Jackett. Kein Handy. Die Butterblondine sieht mich an wie eine Mutter ihren Sohn, der seinen Schulranzen verloren hat. Siggy und Hell G sehen uns schweigend zu wie zwei erstarrte Papageientaucher.
    »Okay«, sagt sie. »Ich rufe ihn an.«
    Ein halbes Bier später betritt Gutmunduhr selbst die Bar und kuckt wie ein Rentier, das an Weihnachten im Kaufhaus rumsteht, blinkende Hörner, glühende Augen. Trotzdem versucht er ein Lächeln, als er seinen Predigerkollegen entdeckt, der mit einem Bein im Fegefeuer steht. Er streckt seine Hand aus. Ich ergreife sie.
    »Hallo, Father Friendly. Da sind Sie ja.« Wie immer die Freundlichkeit in Person. »Meine Tochter hat mir erzählt, dass Sie ihr heute Morgen geholfen haben.«
    »Ja. Unser wahrer Glaube öffnet jede Tür«, sage ich mit bierseligem Lächeln.
    »Aber Sie haben Ihr Telefon vergessen. Bei uns. Ich habe Sie von zu Hause angerufen, und es hat oben in Ihrem Zimmer geklingelt!«
    Er lacht wie ein glückliches Kind. Auch ich muss lachen. Gutmunduhr ist einfach zu gut. Entweder muss man ihm ins Gesicht schießen oder mitlachen. Und ich habe keine Waffe.
    »Wir müssen uns beeilen. Wir fangen in zwanzig Minuten an«, sagt er.
    »Oh? Okay. Das tut mir leid.«
    Merkt der nicht, wie betrunken ich bin? Will er wirklich, dass ich so in seiner Show auftrete? Ich beobachte, wie er sich von seiner schönen blonden Tochter verabschiedet, die sich an einen Nachbartisch zu einer Freundin gesetzt hat (einer Tag-2-Brünetten, die wahrscheinlich Tarantino auf ihrer Referenzen-Liste hat). Er zögert einen Moment, während er sieht, wie sie an der Zigarette in ihrer linken Hand zieht, während die rechte sich für den nächsten Schluck Weißwein bereitmacht. Ich nehme wahr, wie sich Gutmunduhrs Lippen kaum merklich kräuseln; ein winziger Hinweis auf das große Verlangen, seiner Tochter die dickste gebundene Ausgabe der King-James-Bibel um die Ohren zu knallen. Dann beherrscht er sich und

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