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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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unserem Nationalhelden ...«
    Das kann sie unmöglich ernst meinen. Der Dom ist so groß wie eine Hundehütte Gottes. Das Parlament ist nicht größer als die Datsche meines Vaters in Gorski Kotar. Ich bin auf der Liliput-Insel. Ich versuche, ein bisschen durch die Innenstadt zu schlendern, doch sie ist nicht größer als 3 x 3 Straßenblocks. Es ist einfacher, daran vorbeizulaufen, als sich darin zu verlaufen. Und hier soll ich MWA machen?
    Ich schlendere an einem Laden für Jagdbedarf vorbei, und der Anblick eines Gewehrs lockt mich hinein. Der Verkäufer ist ein gemütlich aussehender Herr mit Augen, als wäre er ausgestopft. Ich frage nach einer Pistole, einem Revolver, egal was, Hauptsache, es eignet sich dazu, eine Expresskugel zuzustellen. Er sieht mich einen Moment an und denkt offensichtlich: >Dieser Priester geht wohl auf Seelenjagd<, bevor er mir in gekünsteltem Oxford-Englisch sagt, dass sie nur Jagdgewehre verkaufen, keine Handfeuerwaffen.
    »Okay. Wo kann ich denn hier eine Pistole kaufen?«
    »Es tut mir leid, ich glaube nirgendwo. Zumindest nicht in einem Laden.«
    Was ist mit diesen Isländern los? Keine Armee. Keine Pistolen. Kein Nix. Nur hübsche Frauen in Luxusjeeps, die mit ihren mösenwarmen Gefährten durch diese Polarmetropole fahren und darauf hoffen, einen Auftragsmörder mit Priesterkragen aufzugabeln.
    Ich gebe mich mit einem Schweizer Taschenmesser zufrieden, das so ähnlich ist wie mein altes.
    Ob Father Friendly wohl Familie hat? Frau und Kinder? Warum denke ich überhaupt über so einen Blödsinn nach? Normalerweise weiß ich überhaupt nichts über meine Opfer. Es ist wie damals im Krieg. Ich töte Fremde. Ich empfinde nichts für sie. Sie sind nur ein weiterer Kopf, in den ich ein Loch mache. Ich will nicht einmal wissen, warum sie es verdient haben zu sterben. Meistens haben sie sich geweigert, ihren Zehnten zu bezahlen, eine für Dikan gedachte Lieferung unterschlagen, oder sie trugen bei irgendeiner Mafiafeier dieselbe Krawatte wie er. Aber ich muss zugegeben, Father Friendly zu töten war anders. Das war nicht professionell. Ich musste ihn töten, um meinen Arsch zu retten.
    Die Leute in Reykjavik sind alle in Eile. Als ob dies New York sei und nicht die kleinste Hauptstadt seit Menschengedenken. Als ob sie sonst alle zu spät zu einem Bewerbungsgespräch bei Goldman Sachs kämen. Das muss am Klima liegen. Die einzigen Typen, die es bei dieser Kälte auf den Bänken aushalten, sind zu betrunken, sie zu spüren.
    Das isländische Nationalgesicht ist rundlich mit kleiner Nase. Wie ein Schneeball, in dem ein Kiesel steckt. Ich denke mal, bei jedem Volk ist ein Teil des Gesichts besonders ausgeprägt. Bei uns Slawen ist es die Nase, diese große, kräftige Hundeschnauze, mit der wir Probleme bis zurück ins zwölfte Jahrhundert wittern können. Bei den Afrikanern sind es die Lippen, bei den Arabern die Augenbrauen, den Amerikanern der Kiefer, den Deutschen der Schnurrbart, den Engländern die Zähne und den Talienern die Haare. Die Isländer haben sich offensichtlich die Wangen ausgesucht. Einige der Gesichter, die mir begegnen, scheinen nur aus zwei Arschbacken mit einem Loch und zwei Augen zu bestehen.
    Dafür sprechen sie besser Englisch als ich. Nachdem ich drei Leute gefragt habe, finde ich die Stadtbücherei. Hier hat man 470000 Bücher zur Verfügung, alle auf Isländisch. Und es gibt Internet. Ein belesen aussehender Bärtiger gibt mir einen Zugangscode. Ich tippe die Nummern in die Tastatur, und die große weite Welt tut sich auf. Reverend David Friendly ist Pastor in irgendeiner Episkopalkirche in Richmond, Virginia. Sorry, war Pastor. Und er hatte seine eigene TV-Show, »The Friendly Hour«, auf CBN, dem Christian Broadcasting Network, das dem geisteskranken Pat Robertson gehört, einem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten und ewigen Eiferer gegen Abtreibung und Schwule. Auf einem Foto erscheint Friendly in fetter, selbstzufriedener Person; ein runder Glatzkopf mit einem breiten Lächeln und schmaler Brille. Um ihn herum stehen glückliche Kinder, alle weiß, plus ein alibischwarzes. Auf einer Internetseite bezieht er Position gegen die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Father Friendly war ein Schwulenhasser. Er hat wohl verdient zu sterben.
    Ich versuche, seinen Namen mit verschiedenen Schlüsselwörtern wie ermordet, umgebracht und tot zu googeln, doch ohne Erfolg. Sein stämmiger Körper hat es noch nicht in die Nachrichten geschafft. Sie haben ihn noch nicht

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