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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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Grillhandschuh ausgestattet und mit einer Grillzange in der Hand. Manchmal nenne ich ihn Gundi.
    Wir waren gebeten worden, noch ein paar Leute einzuladen, und nach einem kurzen Geplänkel mit Ari über das Westin Copley Place Hotel in Boston (wo er neulich zum dreißigsten Geburtstag eines Freundes eingeladen war und ich ein paar Jahre zuvor meine Nummer dreißig ausgeführt habe) sehe ich, wie Gunnhildur die Tür für Ole und Harpa öffnet, die sie mit Lächeln, Flasche und Blumenstrauß begrüßen. Sie sehen aus wie ein gemischtrassiges Paar: die vom Solarium braun getoastete Lautenfrau und der Fleischmann, weiß wie eine Kochmütze.
    Bald danach kommen Tortur und Hanna mit ihren schweigsamen Kindern. Wie immer ist sein Handschlag direkt aus dem Alten Testament und ihr Atem unberührt von Fluorid oder Mundwasser. Sie bringen ihr eigenes Fleisch mit, Lamm, wohl wieder aus Torturs Garagenschlachtung. Er bringt es hinaus zu Gutmunduhr, wo die beiden Männer eine Weile an dem rauchenden Grill plaudern wie zwei Stammeshäuptlinge.
    »Wie läuft's mit dem Brief?«, fragt Hanna.
    »Ganz gut.«
    Sie meint den Brief an die Friendlys, den ich schreibe. »Wie schön. Schickst du den auch irgendwann mal ab?« »Weiß nicht. Vielleicht.«
    Wir essen früh, denn die Liveübertragung beginnt in diesem Teil der Welt schon um 19:00 Uhr. Gutmunduhr hat seine pinkfarbene Krawatte über die Schulter geworfen und bringt uns das warme Fleisch von der kalten Terrasse. Ari fragt mich, was ich arbeite. Es klingt, als hätte sie ihm nichts von meiner Vergangenheit gesagt. Ich erzähle von meinen Jobs (inzwischen folge ich dem Vorbild der Einheimischen und habe zwei). Vormittags arbeite ich in der Cafeteria der Nationalbibliothek und viermal pro Woche bin ich Küster oder eher Mädchen für alles in Torturs Kirche. Ich wische den Offenbarungsschweiß vom Boden auf und tröste die kleine alte Frau, die manchmal zurückbleibt, um mir von ihren beiden Kindern zu erzählen, die sie bei einem Brand in ihrem Haus verloren hat.
    Zwischendurch lerne ich Isländisch und schreibe an meinem Brief. Letzteres erfordert einiges an Recherche, die ich normalerweise in der Bibliothek erledige. Für diesen Zweck hat Hanna mir den alten Laptop ihrer Tochter geschenkt, einen launischen Ziegelstein aus dem 20. Jahrhundert ohne jeglichen Luxus. Und von Zeit zu Zeit nehme ich in dem Matratzenraum Karatestunden bei Tortur.
    In Gegenwart von so viel Fernsehprominenz sind Ole und Harpa etwas schüchtern und konzentrieren sich aufs Essen, beziehungsweise Nichtessen. Ole frisst wie ein Pferd, sein kleiner Ohrring tanzt hinter den Kaumuskeln wie Sammys Brille, während er das himmlische Lammfleisch kaut; Harpa hingegen rührt ihren Teller kaum an. Tortur starrt ihre Rotweinflasche an, als wäre sie gefüllt mit dem Blut des Satans. Ole bietet mir etwas an, aber ich lehne diskret ab. Einen kleinen Moment wird es spannend, als Gunnhildur mich bittet, ihr die Sauce zu reichen, und mich dabei Todd nennt. Sie beißt sich auf die Lippe, aber Ole und Harpa sind viel zu gestresst, um etwas zu bemerken, und Ari redet mit Hanna.
    Das Gespräch dreht sich um den Krieg im Irak und Islands Beteiligung daran. Irgendwie hat die nicht existente isländische Armee es geschafft, einen einzelnen Soldaten zu rekrutieren und nach Bagdad zu schicken. Nun wird er wieder nach Hause geschickt, weil eine ganze Einheit von Amerikanern nötig war, um ihn zu beschützen.
    »Sie wollten es nicht riskieren, dass die ganze isländische Armee auf einen Schlag ausgelöscht wird«, sagt Ari mit hundertprozentig amerikanischem Akzent und lacht ein ganz spezielles Gelächter, das ich seit Jahren nicht mehr gehört habe, aber aus der Mensa in Hannover kenne. Nikos Bruder hat Informatik studiert, und seine Freunde haben immer so gelacht. Intelligente Jungs, die sich gern über die Dummheit anderer Leute amüsieren, und dumm war eigentlich jeder, der nicht an der Uni Hannover Informatik studierte.
    Auch Ole lacht, worauf Tortur die beiden so grimmig ansieht, als würde er überlegen, seine ganze Gemeinde zu bewaffnen und in den Irak zu schicken, um diesen Moslems zu zeigen, wie man sein Herz beschneidet. Aber anstatt das zu sagen, wendet sich der Bibelmeister zu mir und sagt, dass er nun zum ersten Mal den Eurovision Song Contest gucken wird. Er tut es für mich.
    »Und das hörst du aus dem Mund eines Mannes, der seiner Gemeinde gesagt hat, dass es Teufelsanbetung ist, seine Zeit mit diesem bekloppten

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