Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
Schwulenfest zu verschwenden. Ha ha. Das war in dem Jahr, als wir einen als Luzifer verkleideten Homo ins Rennen geschickt haben. Nein. Das ist nichts als Eitelkeit und Haschen nach Wind. Aber heute Abend werde ich mich zurückhalten. Ha ha.«
Er wird sich Mühe geben müssen. Da im letzten Jahr die Monster aus Finnland gewonnen haben, findet der Wettbewerb nun in Helsinki statt. Die Übertragung beginnt damit, dass die Vorjahressieger noch einmal ihr Hard Rock Hallelujah singen. Torturs Reaktion zu beobachten ist alles, nur nicht langweilig. Trotzdem vermute ich, dass er diese religiösen Rocker insgeheim bewundert, denn eigentlich ist ihr Lied nicht mehr als eine mit E-Gitarren und Latexmasken aufgepimpte Version seiner eigenen Predigten.
Der isländische Beitrag ist an Nummer fünf. Ein wettergegerbter ledertragender Rocker mit roter Pferdemähne weint um seine Valentine Lost. Gunnhildur mag ihn, also mag ich ihn auch. Ich sehe ihr zu, wie sie in ihrem schwarzen Kleid neben ihrem Bruder auf dem Sofa sitzt und ihre langen weißen Beine von sich streckt. Meine Morgen-von-Tag-1-Frau. Weiche rote Lippen und Beine, die kaum dicker sind als im letzten Jahr. Ihr Hintern hat fast Latina-Qualitäten bekommen, und ihre Brüste bereiten sich auf die kommenden Aufgaben vor. Ohnehin ist sie viel weicher geworden, abgesehen von dem harten Basketball-Bauch. Das kommt von den Wassereinlagerungen. Ich habe ihr den ganzen Winter über keinen Grund zum Weinen gegeben.
Dann sehe ich Tortur noch mal lange an. Mein neuer Boss.
Wenn er wirklich etwas Sympathie für die Halleluja-Monster empfunden haben sollte, ist sie jetzt wie weggeweht. Flammen lodern hinter seinen Brillengläsern, während sich seine Lippen vor Verachtung tief in den Bart zurückgezogen haben. Ihn zu beobachten ist viel lustiger als der Wettbewerb selbst. Sein Gesichtsausdruck erinnert mich an Dikan, wenn Dinamo Zagreb ein Spiel verliert.
Wie Island schickt auch Kroatien dieses Jahr einen Oldtimer ins Rennen. Es ist der einzig wahre Dado Topic, der zusammen mit ein paar Kindern auftritt, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Dado ist der König des kroatischen Rock. Er hat den Soundtrack meiner Jugend geschrieben und mir geholfen, eine Menge Scheiße zu verkraften. Er ist sogar in der Nacht dabei gewesen, in der ich meine Unschuld verloren habe.
Jetzt singt er mit seiner tiefen, kratzigen Stimme Vjerujem u ljubav (Ich glaube an die Liebe) und trägt immer noch sein langes Haar und die Cowboystiefel. Das Lied ist ganz gut, doch Tortur meint, das Mädchen, das mit ihm singe, klingt falsch. Halt dich bloß zurück, Mann.
Bevor das Lied vorbei ist, klingelt es an der Tür. Gutmunduhr geht hin. Er kommt zurück und sagt, es sei für mich. Ich sehe schnell die Mutter meines Kindes an und stehe auf. Die Tür steht halb offen - die unglaubliche Kühle des isländischen Frühlings trifft mein Gesicht wie eine Art geruchsloses Gas, das mich bis auf die Knochen erzittern lässt -, aber draußen scheint niemand zu sein. Ich trete auf die berühmte goldene Türschwelle und schaue hinaus. Da packt jemand meinen Arm, und ich spüre, wie sich mir der Lauf einer Pistole in die Seite bohrt. Mein Gehirn mag vielleicht im Jordan gewaschen sein, aber ich habe immer noch das Nervensystem eines Soldaten. Wenn ich eine Pistole spüre, spüre ich eine Pistole.
Es ist Niko.
Von allen Arschlöchern der Welt ist es verdammt noch mal Niko.
Mein Herz springt, dann landet die Nadel auf Britneys Toxic. In einem Sekundenbruchteil reißt mein altes Leben das neue mit sich fort.
»Schön, dass wir uns mal wiedersehen«, sagt er auf Kroatisch mit seinem typischen Grinsen, zeigt auf einen schwarzen Audi, der mit laufendem Motor auf der Straße steht, und lädt mich auf eine kleine Spritztour ein. »Wir haben einiges zu bereden, denke ich mal.«
Es ist schön, wieder meine Muttersprache zu hören.
Ich sage, ich muss meine Schuhe anziehen. Darauf ist er eindeutig nicht vorbereitet und kann kaum reagieren, da habe ich mich schon wieder ins Haus zurückgezogen.
Die Schuhe stehen hinter der Tür. Wahrscheinlich sollte ich Ole zurufen, er möge ein Messer aus der Küche holen, oder Tortur bitten, seine scharfe Zunge einsatzbereit zu machen. Aber als ich mich über meine dicksohligen Turnschuhe bücke, fühle ich bereits, wie Nikos scharfer Blick sich in meinen Rücken bohrt, und höre dazu die letzten Noten von Dados Lied aus dem Haus, gefolgt von frenetischem Applaus. Ich ziehe meine Schuhe an
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