Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
sich irgendwie gut an.
Um die Sache in einen größeren Zusammenhang zu setzen, beschließt der Radio-DJ, dies sei der perfekte Moment, um Toxic von Britney Spears zu spielen. Unglaublich. In NYC war das natürlich »mein Lied«. Die Jungs haben mich damit geärgert, doch ich mochte es ganz gerne, habe mir sogar die CD gekauft und sie auf dem Weg zu meinen Aufträgen laut gehört. Das gab mir Kraft und brachte mich in Stimmung für den bevorstehenden Schuss. »I need a hitjBaby, give me it.« Jetzt dieses Lied zu hören, kann nur eine Nachricht an mein altes Selbst sein, das von dem neuen geschluckt worden ist. Ich bin entgiftet.
Gunnhildur bemerkt das Lied nicht, und nach einem längeren hardcore-glücklichen Moment fahren wir weiter. Die Schnellstraße führt uns in einen kurzen Tunnel, einen Abhang hinunter, einen anderen hinauf und dann auf eine Überführung. Schicke Jeeps fahren an uns vorbei, wirbeln Wasserstaub auf. Sie biegt ab nach Garðabær, in die Schlafstadt, in der ihre Eltern wohnen. Und sagt dann wie aus dem Nichts: »Heißt das, du willst in Island bleiben?«
»Ja. Aber nur, solange du lebst. Sobald du tot bist, haue ich ab.« »Also bringst du mich wahrscheinlich um.« »Nicht, wenn du mich heiratest.« »Ist das ein Antrag?« »Nein, eine Drohung.«
Sie sieht mich mit einem Grinsen an, für das ich töten könnte. Nein, sorry. Mit einem Grinsen, für das ich mich töten lassen würde.
Als wir vor dem Haus ihrer Eltern vorfahren, sind wir zwei glückliche Hamster, die einen dritten erwarten. Ich werfe ihr einen flüchtigen, ernsten Blick zu und frage:
»Wollen wir ihnen das mit dem Baby auch gleich erzählen?«
Ihr Gesicht ist fast wieder normal, obwohl ihre Augen noch ein bisschen gerötet sind.
»Nein, jetzt nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es behalten möchte.«
»Was? Gunnhildur? Nein!«
Sie sieht mich an, und auf ihren Lippen formt sich ein Lächeln. »Entspann dich, das war nur ein Test.«
33. JUGOVISION
Mai 2007. Seit meiner Ankunft in Island ist ein Jahr vergangen. Seit meiner Frühverrentung aus der Berufskillerbranche. Ein Winter voller dunkler Tage und schneereicher Nächte hat sich auf meine Seele gelegt. Jetzt ist es wieder hell. Der Frühling ist da, so kalt wie immer, mit endlosem Licht und dem Eurovision Song Contest, der jährlichen Orgie von geilen Frauen und schwulen Männern.
Er ist heute Abend.
Wir sind bei Gunnhildurs Eltern bei der traditionellen ökfeyz- duboð (Familienzusammenkunft). Nur, dass Gunnhildur jetzt aussieht wie eine Schlange, die einen Basketball verschluckt hat. Das große kroatische Baby kann jeden Moment kommen. Ich streichele ihr dauernd den Bauch, als ob ich eine Million Dollar erwarten würde. Zickrita begrüßt uns, küsst Tochter und Schwiegersohn auf die Wange, Letzteren zum ersten Mal. Sie hat eine ganze dunkle Jahreszeit gebraucht, um akzeptieren zu können, dass ihre Tochter einen zukünftigen Gangster erwartet.
»Eins will ich dir sagen. Wenn du uns im Stich lässt, nehme ich sofort das Telefon und rufe bei der amerikanischen Botschaft an«, hat sie mir Heiligabend gesagt, mit strengem Gesicht, als wir für einen Moment allein in ihrer Küche waren.
Der isländischen Sitte gehorchend, ziehe ich meine Turnschuhe aus und stelle sie in die Ecke. Gunnhildur darf ihre fast-Prada-Schuhe anbehalten. (Nach isländischer Sitte darf man im Haus Schuhe tragen, wenn sie mehr als 200 Dollar gekostet haben.) Sie marschiert durch das Wohnzimmer und auf die Terrasse, um ihrem Vater einen Kuss zu geben. Gutmunduhr steht da draußen und fummelt an dem Gasgrill herum, dem Stolz eines jeden isländischen Haushalts, einer vierbeinigen schwarzen Kreatur mit hellgelbem Euter, die schweigend in den frostigen Gärten überwintert wie ein unbekanntes arktisches Säugetier. Ursprünglich für Grillpartys in Texas entworfen, habe ich schon Isländer gesehen, die Schnee herunterfegen, bevor sie ihn anwerfen. Manch durchgegartes Steak ist nach seinem Weg durch einen Schneesturm zum Esstisch schon wieder halb gefroren. Diese Menschen sind die wahren Meister des Selbstbetrugs. Gunnhildurs Bruder Ari kommt kurz nach uns. Er ist für ein paar Tage zurück in seiner Heimat, von seinem Irgendwas-Informatik-Studium in Boston. Ein rotwangiger Blonder mit Brille, der wie ein Update seines Vaters aussieht. Ich treffe ihn zum ersten Mal.
»Hi, ich bin Tomas.«
»Hi.«
»Wir nennen ihn Tommy!«, ruft Gutmunduhr fröhlich von der Terrasse herein, nun mit einem
Weitere Kostenlose Bücher