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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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ein.
    »Selbstverständlich«, pflichtete ihm Kronenberger kleinlaut bei.
    Das ist mir alles viel zu chaotisch, dachte Tannenberg, während er nachdenklich mit der Zunge seine spröden Lippen befeuchtete. So kommen wir nicht weiter. Ich will alles über diesen John wissen, auch wenn er höchstwahrscheinlich nicht der Sniper ist, denn der hat in Alzey Selbstmord begangen. Genug Zeit dafür habe ich ja. Wann bietet sich einem denn sonst noch die Gelegenheit, aus erster Hand interne Dinge über strenggeheime Einsätze von Bundeswehr-Spezialeinheiten zu erfahren. Und neugierig war ich ja schon immer.
    »Dann erzählen Sie mir mal am besten die ganze Geschichte, von Anfang an«, bat er sein Gegenüber.
    Der Oberstabsarzt trank an seiner Wasserflasche und hielt sie Tannenberg hin, der jedoch dankend ablehnte. Nach einem kräftigen Räuspern legte er los: »Es begann damit, dass ich eines Morgens angerufen wurde und man mir mitteilte, dass ich mich für einen dringenden Notfall bereithalten solle. Etwa zwei Stunden später wurde ich abgeholt und in einem rundum verschlossenen Kastenwagen zu irgendeiner ehemaligen Kaserne oder einem stillgelegten Flugplatz gebracht. Dort erwarteten mich in einem Kellerraum zwei maskierte Männer.«
    »John und sein Begleiter.«
    »Richtig.«
    »Aber weshalb dieses Agententhriller-Gedöns?«
    »Weil John offenbar Mitglied einer Kommandoeinheit war, die ganz besonders geheime Aufträge erledigte.« Kronenberger legte eine Besinnungspause ein. »Ich denke, es macht jetzt keinen Sinn, alle Einzelheiten chronologisch aufzuzählen. Das wäre so, als ob ich Ihnen ein Puzzlesteinchen nach dem anderen beschreiben würde. Ich berichte Ihnen lieber über das fertige Bild, wie ich es mir im Laufe der Zeit zusammengesetzt habe.«
    »Sehr gute Idee«, lobte der SOKO-Leiter, der aufgrund seiner Erfahrungen mit Eva wusste, dass Psychologen nicht selten zu ausschweifenden Vorträgen neigten.
    »John wurde während eines Einsatzes seiner Eliteeinheit …« Der Oberstabsarzt unterbrach seine Rede und schaute mit flackerndem Blick durch die Frontscheibe. Mit abgesenkter Stimme fuhr er anschließend fort: »Ich denke, es handelte sich um einen illegalen oder zumindest halblegalen Einsatz, der irgendwo im Ausland, vielleicht in Südamerika, Afrika, Afghanistan oder Irak stattgefunden hat.«
    »Das würde auch diese merkwürdige Geheimhaltung und diese Maskerade erklären«, bemerkte der Kriminalbeamte.
    »So ist es. John durfte mir seinen Einsatzort nicht mitteilen. Na ja, jedenfalls wurde er dort während einer Aktion gefangen genommen, verschleppt und gefoltert. Erst Wochen später konnten ihn seine Kameraden befreien. Er muss in dieser Zeit ein wahres Martyrium durchlitten haben. Als sie ihn endlich fanden, war er bis auf die Knochen abgemagert, mit Brandwunden übersät und völlig apathisch.
    Er wurde ausgeflogen und irgendwo medizinisch behandelt. Es dauerte einige Zeit, bis er körperlich einigermaßen wiederhergestellt war. In seiner Seele haben diese Misshandlungen jedoch gravierende Spuren hinterlassen, die nicht einfach mit Wundpflastern überklebt werden konnten. Sein Begleiter hat mich irgendwann einmal angerufen und mir mitgeteilt, dass John bereits mehrere Suizidversuche hinter sich habe und ich derjenige sei, auf den sich nun alle Hoffnungen richteten.«
    »Weil Sie ein ausgewiesener Experte für Trauma-Bewältigungen sind«, versetzte Tannenberg, um den Redefluss des Psychologen weiter in Gang zu halten.
    »Ja, aus diesem Grund kam man auf mich zu. Sie müssen wissen, dass sich diese bedauernswerten Patienten lebenslang mit sogenannten Flashbacks herumplagen müssen.«
    »Was sind Flashbacks?«
    »Folteropfer schleppen in ihrem Unterbewusstsein Bilder und Erinnerungen mit sich herum, die psychotische Reaktualisierungsattacken auslösen können.« Tannenbergs verständnislose Mimik nötigte ihn zu einer weiteren Erläuterung. »Dabei erleben diese Patienten, besser gesagt erleiden sie die Trauma auslösenden Situationen stets wieder aufs Neue und zwar so, als ob diese sich gerade ereignen würden.« Der Psychologe war in seinem Element.
    »Diese armen Menschen sind dann Teil des damaligen Geschehens, sie durchleiden Höllenqualen, die nicht selten zum totalen psychischen Kollaps, manchmal sogar zu komatösen Syndromen führen. Diese Situationen kommen überfallartig und können zum Beispiel durch einen Schrei oder den Anblick von Blut ausgelöst werden.«
    »Wahnsinn«, seufzte Tannenberg.
    »Vor

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