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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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vor dem Beifahrersitz. Dann beeilte sie sich, ins Parkhaus zu kommen. Von der zweiten Parketage beobachtete sie, wie ihr eigener Wagen ins Parkhaus einfuhr. Der Mercedes folgte kurz darauf, fuhr dann aber weiter. Vielleicht würden sie irgendwo auf Ellen warten und ihr zu Fuß folgen.
    Der Taxifahrer stellte den Wagen wie besprochen ab, entdeckte Ellen, kam auf sie zu und drückte ihr ihre Autoschlüssel in die Hand.
    »Alles klar?«
    »Sicher.«
    »Warum machen Sie so was?«
    »Ich wollte mal Mercedes fahren.«
    Der Taxifahrer sah Ellen kritisch an. Er ahnte, dass diese Antwort nicht vollständig war, er wusste aber auch, dass er nicht mehr erfahren würde. Aber er hatte gutes Geld verdient, alles andere war nicht sein Problem. Er verschwand kopfschüttelnd im Fahrstuhl.
    Also hat man mir einen Sender verpasst.
    An dieser Tatsache gab es für Ellen keinen Zweifel mehr. Allein der Gedanke daran ließ die Wut in ihr hochkochen. Sie hasste es, überwacht zu werden, und wenn sie daran dachte, was diese Männer Danuta und den anderen Familien angetan hatten ...
    Lauft mir bloß nicht im falschen Moment über den Weg.
    Ellen zwang sich zu einer Atemtechnik, mit der sie ihre Gefühle schnell wieder unter Kontrolle bekam.
    Cool bleiben! Mit Wut erreichst du nichts. Du wirst nur unnötig Fehler machen.
    Ein abschließender, tiefer Atemzug. Jetzt konnte Ellen die Sache wieder mit klarem Verstand angehen.
    Erste Frage: Wo ist der Sender?
    Irgendwo im Auto konnte er nicht sein. Ihr Wagen war für Sicherheitstransporte ausgelegt und daher nicht so leicht zu knacken wie andere Autos. Also draußen. Da kamen nur die Radkästen und der Unterboden in Frage. Ellen fand den Sender in der Nähe des hinteren Auspufftopfs. Nicht ungeschickt. Dort war er vor Steinschlag sicher, und zufällig würde man da auch nicht nachsehen.
    Zweite Frage: Was mache ich damit?
    Am liebsten hätte Ellen ihn abgerissen und zertrümmert. Sie entschied sich dagegen. Sie wäre den Sender zwar los, aber ihre Verfolger würden Bescheid wissen und sich etwas Neues ausdenken. Wenn sie ihn dranließ, besaß sie selbst einen Informationsvorsprung. Sie wusste, dass und wie sie überwacht wurde, und konnte sich darauf einstellen. Ihre Verfolger dagegen ahnten nicht, dass sie es wusste. Der Gedanke, möglicherweise aus diesem Wissen Kapital schlagen zu können, versöhnte Ellen mit der Vorstellung, einen Peilsender unter dem Auto und Verfolger im Nacken zu haben.

8
    »agr u l a« stand in großen Buchstaben an der Stirnseite des Versammlungsraums. Darunter in kleineren Buchstaben »Agrar-Genossenschaft Ruppiner Land«. Der Vorsitzende hieß nicht zufällig Schlaub. Sein Saatguthandel war der größte Sponsor der permanent klammen agr u l a. Ohne seine Zuwendungen wären die Beiträge der Mitglieder deutlich höher. Deshalb war es kein Wunder, dass Schlaub auf den Posten des Vorsitzenden abonniert war, freie Wahlen hin oder her. Außerdem war es den meisten recht, wenn jemand anderes das Wort führte und sie sich selbst mehr oder weniger zurücklehnen konnten.
    »Hat jemand zum Tagesordnungspunkt ›Sonstiges‹ etwas zu sagen?« Die selbstbewusste Stimme von Schlaub füllte den Raum ohne Mühe.
    Alle Anwesenden schüttelten den Kopf. Sie waren immer froh, wenn so eine Versammlung vorbei war.
    »Dann habe ich noch etwas.«
    Die Männer in der Runde sahen erstaunt zu Schlaub. Normalerweise war er immer derjenige, der aufs Tempo drückte, um danach in die benachbarte Kneipe zu gehen. Schlaub hasste Diskussionen. Er hielt sie für absolut überflüssig, weil es am Ende doch immer so lief, wie er wollte. Gelegentlich musste man aber eine Diskussion zulassen, um die Form zu wahren.
    »Seit ein paar Tagen schnüffelt eine Frau bei uns in der Gegend herum. Sie heißt Ellen Faber. Wer kennt die?«
    Niemand meldete sich.
    »Ich hab sie mal in einer Kneipe gesehen«, sagte einer. Andere nickten. »Aber kennen tu ich sie nicht.«
    »Wir mögen keine Schnüffler«, stellte Schlaub mit großer Bestimmtheit fest. Er sah kritisch in die Runde und vermerkte befriedigt, dass wieder alle nickten.
    »Sie hat nach den Selbstmorden gefragt«, sagte jemand plötzlich.
    Schlaub wusste sofort, wer der Sprecher war. Paschewski, der Idiot. Er bewirtschaftete zusammen mit seiner Schwester einen winzigen Hof. Er war nicht der Hellste, was natürlich jeder im Raum wusste. Schlaub sah Paschewski durchdringend an. Der sah sich unsicher zu den anderen um, aber die blickten nur vor sich auf die

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