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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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Ostprignitz-Ruppin?«
    »Sie wollen meinen obersten Vorgesetzten?« Rux tat wieder erstaunt, aber er schauspielerte schlecht.
    Ellen bekam ein ungutes Gefühl.
    Rux kritzelte etwas auf einen Zettel und reichte ihn Ellen.
    »Ich habe Ihnen direkt die Zimmernummer und die Durchwahl dazugeschrieben.«
    Ellen nahm den Zettel. »Walter Rux« stand darauf.
    »Wollen Sie mich verarschen?«, rutschte es Ellen heraus.
    Rux sah sie kritisch an. »Wir wollen doch keinen Amtsträger beleidigen. Aber ich will heute darüber hinwegsehen«, tat er großzügig. »Immerhin sind Sie eine ehemalige Kollegin. Walter Rux ist der Bruder meines Vaters. Er ist Polizeidirektor. Wir sind eine alte Polizistenfamilie, müssen Sie wissen.«
    Ellen starrte wortlos den Zettel an. Damit hatte sie nicht gerechnet.
    »Sie können sich selbstverständlich trotzdem bei ihm beschweren, falls Sie mit mir unzufrieden sein sollten.«
    Das süffisante Lächeln von Rux sprach Bände.
    »Ich werde es mir überlegen.«
     
    Rux verfolgte durch das Fenster, wie Ellen das Gebäude verließ und zu ihrem Wagen ging. Sie war nicht zu Polizeidirektor Rux gegangen. Zufrieden griff er zum Telefon.
    »Sie war hier«, sagte Rux, ohne seinen Namen zu nennen.
    Der andere wusste, wer anrief. »Wie ist es gelaufen?«
    »Sie wollte mehr über die Selbstmorde wissen und was wir in dieser Sache tun.«
    »Aber sie hat nichts erfahren.«
    »Natürlich nicht. Sie hat sich eine wunderbare Abfuhr eingehandelt. Bei uns ist alles im grünen Bereich.«
    »Es kann sein, dass sie trotzdem weitermacht.«
    »Was sollte sie tun?«
    »Sie ist kein Typ, der so schnell aufgibt. Ich will kein Risiko eingehen, dafür ist die Sache zu wichtig. Wir sollten etwas nachhelfen, damit sie die Lust an der Sache verliert. Sie verstehen?«
    Rux verstand.

10
    »... aber bitte mit Sahne.«
    Ellen wusste, dass Sina, ihre Freundin und ehemalige Kollegin, auf Sahne stand. Ihrer Figur hätte fettarmer Naturjoghurt ohne Zucker besser getan, aber eher hätte Sina Regenwürmer gegessen.
    Die Bedienung packte zwei Obststücke mit Sahne für Sina und eins ohne Sahne für sie selbst ein. Ellen war froh, nicht an der Nachbarkasse zu stehen. Da entwickelte sich gerade eine Diskussion mit einer Kundin.
    »So teuer?«, fragte die ältere Dame. »Ich wollte nur vier Brötchen.«
    »Vier Brötchen kosten zwei Euro vierzig.«
    »Ich will normale Brötchen, keine Körnerbrötchen.«
    »Das ist der Preis für normale Brötchen«, beharrte die Verkäuferin. Sie schien langsam die Geduld zu verlieren. Es war wohl nicht die erste Kundin, mit der sie diskutierte. »Da auf dem Schild steht's groß: ein Brötchen sechzig Cent. Das Mehl ist so teuer geworden. Und jetzt zahlen Sie bitte. Sie sehen doch die lange Schlange hinter sich.«
    Die alte Dame kramte unsicher in ihrer Geldbörse. »Dann gehen nur drei Brötchen.«
    Ellen hatte keine Zeit, den weiteren Verlauf abzuwarten. Sie musste sich beeilen. Sina konnte jederzeit bei ihr zu Hause eintreffen, und dann wollte Ellen den Kaffee fertig haben.
     
    Das Wasser blubberte noch in der Maschine, als Ellen einen Motor hörte. Von ihrem Fenster beobachtete sie, wie Sina aus ihrem Wagen stieg. Sie hatte tatsächlich einen Parkplatz gefunden. Eine echte Rarität, wenn man davon absah, dass der Platz nur wegen des Parkverbotsschilds frei war. Aber von solchen Kleinigkeiten ließ Sina sich nicht beeindrucken.
    Ellen musste schmunzeln. Sina hatte sich im letzten Jahr nicht verändert. Sie trug die gleichen roten Stoppelhaare wie früher. Sie standen nach allen Seiten ab und schienen sich jedem Versuch, sie in eine Frisur zu zwingen, zu verweigern. Sinas Figur war noch etwas rundlicher geworden.
    »Dich besuche ich nie wieder«, keuchte Sina, als Ellen ihr öffnete. »Nie wieder, solange du keinen Fahrstuhl hast.«
    »Du solltest öfter kommen«, widersprach Ellen. »Dann würdest du dich dran gewöhnen – und vielleicht sogar abnehmen.«
    Ellen war eine der w enigen, die das so offen aussprechen durften. Sina und Ellen kannten sich schon seit Jahren. Ellen würde ihr nie vergessen, dass Sina sich für sie eingesetzt hatte. Sie hatte eine ganze Nacht geschuftet, um Ellens Unschuld zu beweisen. Nur so war Ellen so schnell aus der Untersuchungshaft gekommen. Gemeinsam hatten sie gekämpft, um den Erpresser zur Strecke zu bringen, leider vergeblich. Sina war außer Ellens Schwester, Annika, die Einzige, die wusste, was zwischen Ellen und ihrem Erpresser auf Mallorca geschehen war.
    »Du

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