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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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er.
    »Gefalle ich Ihnen nicht?«, fragte Ellen. »Ich fand das Ende unseres letzten Dates etwas abrupt und dachte, wir sollten es fortsetzen.«
    Veritatis stand bewegungslos da und starrte Ellen an, als wäre sie ein Gespenst.
    Ellen war fest entschlossen, das Überraschungsmoment auszunutzen. Sie griff zu einem Mittel, das sich vor Kurzem bereits bestens bewährt hatte. Sie stand auf, lächelte den überrascht dastehenden Professor an und hakte sich bei ihm ein.
    »Kommen Sie mit«, sagte sie sanft.
    Veritatis folgte ohne Widerspruch. Es war manchmal so einfach, einen Mann abzuführen, fand Ellen. Natürlich würde sich nicht jeder Mann so übertölpeln lassen, und auch nicht jede Situation war geeignet. Man brauchte eine kräftige Überraschung, am besten einen kleinen Schock und als zweite Zutat irgendetwas, warum der Mann gerade auf diese Frau ansprach. Die rote Perücke hatte sich mehr als bezahlt gemacht.
    Wie gut, dass Hajo beim Ausspionieren von Veritatis' Handy auf die Bilder von Michelle gestoßen war. Und dann hatte er sogar eine sms entdeckt, in der Michelle sich überschwänglich für die Flasche Amouage Epic bedankte. Als Ellen heute Morgen selbst eine kaufte, konnte sie diesen Dank verstehen. Zweihundert Euro für ein paar Milliliter dieses Parfüms konnte man schon als sündhaft teuer bezeichnen. Wie gut, dass die Rechnung auf Hajo ging. Veritatis' Handy hatte noch mehr Geheimnisse preisgegeben, unter anderem zwei sms , aus denen hervorging, wie Michelle die Dates im Airporthotel eingeläutet hatte. Eine ähnliche sms auf Veritatis' Handy zu schicken war für Hajo nur noch Routine gewesen. Dank dieser perfekten Vorbereitung hatte sie den Fisch an der Angel und zog ihn gerade aus seiner vertrauten Umgebung heraus.
    Es war noch keine Minute verstrichen, die ersten Anzeichen von Widerstand tauchten auf.
    »Wo wollen Sie hin?«, fragte Veritatis.
    »Bleiben Sie einfach dicht bei mir.« Ellen legte ihren Arm jetzt um seine Hüfte und kam ihm so noch etwas näher. Damit wehte auch eine kleine Wolke des Parfüms in seine Nase, des Parfüms, dass er selbst Michelle geschenkt hatte. Ellen roch wie Michelle, was ihn vielleicht auch ein bisschen verwirrte. Ellen wollte ihn mit ihrem Körper führen und nicht mit Gewalt. Letzteres hätte sie auch gekonnt, aber es wäre eher aufgefallen. So sah der Kellner hinter der Bar nur kurz auf. Ellen nickte ihm freundlich lächelnd zu. Der Kellner nickte zurück und beschäftigte sich wieder mit seinen Gläsern. Ein Mann und eine Frau, die sich in einer Bar verabredet hatten und anschließend gemeinsam gingen, das passierte in Berlin so häufig, wie in China ein Sack Reis umfiel – und weckte genauso viel Interesse.
    Kaum aus dem Hotel , wachte Veritatis vollends auf. Er ging nur noch mit spürbarem Widerwillen. »Was haben Sie vor?«, fragte er mit Ärger in der Stimme.
    »Taxi fahren«, sagte Ellen und lenkte Veritatis auf ein altes Taxi mit verblichener Farbe zu.
    »Ich will nicht Taxi fahren«, sagte Veritatis und blieb stehen.
    Ellen blieb dicht an ihm dran. »Ich könnte Ihnen sehr weh tun.« Zum Beweis vollführte sie einen Griff, den sie in ihrer Ausbildung für Notfälle gelernt hatte. Veritatis stöhnte auf , und Ellen ließ sofort wieder los. »Es ist doch viel angenehmer, Arm in Arm mit mir zu gehen, oder?«
    Veritatis entschied sich für die letzte Variante und kam wieder mit. »Was haben Sie vor?«, fragte er erneut.
    »Sightseeing«, sagte Ellen, während sie Veritatis sanft, aber nachdrücklich auf die Rückbank beförderte. Sie glitt neben ihn und schloss die Tür. Das Taxi setzte sich sofort in Bewegung.
    Erst jetzt realisierte Veritatis, wer der Fahrer war. »Sie! Sie wa ren auch im Steakhaus. Ich erkenne Sie wieder.«
    Hajo sagte nichts und fuhr weiter.
    Veritatis rückte so weit wie möglich von Ellen weg und sah sie an. Eine Mischung aus Ärger und Angst lag in seinem Blick. »Das ist ein abgekartetes Spiel. Wer sind Sie?«
    Ellen lächelte. »Verbrecher sind wir. Das hat Ihnen Hasels doch erzählt, oder?«
    Bei der Erwähnung von Hasels zuckte es in Veritatis' Gesicht. »Was wissen Sie von Hasels?«
    »Mehr, als Sie denken«, sagte Ellen. »Viel mehr. Wir werden es Ihnen zeigen.«
    »Ich will nichts gezeigt bekommen. Lassen Sie mich aussteigen, sofort!« Veritatis probierte den Türgriff, obwohl das Taxi fuhr.
    »Das bringt nichts«, sagte Ellen. »Bedauerlicherweise ist auf Ihrer Seite die Tür kaputt. Es ist ein altes Taxi, müssen Sie

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