Zehntausend Fallen (German Edition)
Erpressung«, sagte Veritatis.
Hajo lachte auf.
»Sie müssen wissen, Erpressung ist sein Beruf«, erklärte Ellen. »Das kann er richtig gut. Aber ist es wirklich Erpressung, wenn man die Wahrheit ans Licht bringt? Ich finde, dass unsere Mitbürger wissen sollten, was bei Ihnen passiert. Schließlich sind sie davon betroffen.«
»Und erst die Regierung«, ergänzte Hajo. »Ich befürchte, dass Sie nach diesem kleinen Filmchen nicht nur keine Aufträge von Hasels mehr bekommen werden. Die öffentlichen Aufträge werden wohl auch ausbleiben, die privaten sowieso. Und dann auch noch die Staatsanwaltschaft. Oh, oh.« Hajo wedelte mit der Hand. »So eine kleine Zelle bietet doch nicht ganz den Wohnkomfort wie eine Villa im Prenzlauer Berg.«
Veritatis war weiter geschrumpft. Er sagte kein Wort.
»Immer noch Angst vor Hasels? Das ist vollkommen unnötig. Wenn dieser Film durch die Nachrichten geht, braucht er Ihnen gar nichts mehr zu tun. Das erledigen andere.«
Veritatis sagte immer noch nichts.
Ellen sah Hajo an. »Wir könnten ihm die Möglichkeit geben, eine Nacht darüber zu schlafen.«
Hajo nickte und wies auf das vor ihnen liegende Gebäude. »Die Kammer des Schreckens bietet sich an. Die wird ihn überzeugen.«
Die »Kammer des Schreckens« war ein Raum im ersten Stock. Hajo hatte ihn so benannt, weil er dort eine Falle für ein sek -Team aufgebaut und anschließend das ganze lka an der Nase herumgeführt hatte, einschließlich Ellen. Daraufhin hatte die ktu den Raum in Beschlag genommen und jedes Staubkorn aufgekratzt, um es zu untersuchen. Der Raum war so harmlos und leer wie kaum einer in Berlin, aber das wusste Veritatis nicht.
Der Professor hörte nur den Namen und bekam einen Grünstich im Gesicht. »Was wollen Sie von mir?«
»Informationen. Erzählen Sie uns, was Sie wissen.«
Veritatis räusperte sich vernehmlich. »Es ist viel weniger, als Sie glauben. Sie werden enttäuscht sein.«
»Das werden wir sehen«, sagte Ellen. »Fangen Sie einfach an.«
»Vor zwei bis drei Wochen bekamen wir den Auftrag, Bodenproben zu untersuchen. Das genaue Datum müsste ich nachschlagen.«
Ellen winkte ab. »Unwichtig. Wer brachte die Proben, und was sollten Sie damit machen?«
»Eine Frau Dr. Elisabeth Brunner vom Landwirtschaftsministerium. Sie hatte einen Koffer mit zwanzig Bodenproben von Äckern aus der Umgebung von Berlin. Die sollten wir auf genmanipuliertes Saatgut untersuchen. Speziell auf Terminator-Saatgut, weil Greenpeace und einige andere behaupteten, das wäre die Ursache für die Ernteausfälle.«
»Und? Was haben Sie gemacht?«
Veritatis zögerte.
»Was Sie gemacht haben, wollen wir wissen«, sagte Ellen mit Nachdruck. »Dass Sie die Proben nicht untersucht haben, wissen wir schon.«
»Ich habe unsere Kunden angerufen.«
»Kunden? Mehrere?«
Veritatis schien zu spüren, dass er sich verraten hatte. Er stockte wieder.
Ellen sah ihn streng an. »Das wird ja jetzt schon spannend. Wie sind die Namen?«
»Clark Hasels von Saatogo und ... und Charlotte Virieux von Progentus.«
Hajo notierte sich die Namen. »Saatogo und Progentus. Warum beide? Ich denke, die sind Konkurrenten.«
»Sind sie auch, aber jeder von beiden hat unabhängig vom anderen mit uns vereinbart, dass wir sie informieren müssen, sobald Untersuchungen hinsichtlich Gentechnologie von uns verlangt werden. Dieser Vereinbarung habe ich entsprochen.«
»Sehr interessant. Weiter! Was passierte dann?«
»Beide wollten die Proben haben. Ich habe sie geteilt, was kein Problem war, weil niemand wusste, wie groß jede einzelne Probe war. Dann habe ich sie zu Saatogo und Progentus geschickt. Wenige Tage später kamen die Untersuchungsergebnisse zurück, beide enthielten keine Hinweise auf genmanipuliertes Saatgut. Diese Ergebnisse habe ich in unser Format übertragen und anschließend an das Landwirtschaftsministerium weitergeleitet. Sie sehen also, dass es gar nicht so viele Beweise gibt, wie Sie denken. Was es gibt – wenn überhaupt –, haben Hasels und Charlotte Virieux. Was ich gestern gesagt habe, sind nur Vermutungen, zu denen Sie mich verleitet haben. Ich habe eigentlich nichts anderes gemacht, als die Untersuchungen an Unterauftragnehmer zu übertragen. Das ist noch nicht mal illegal.« Bei diesem Gedanken hellten sich Veritatis' Gesichtszüge etwas auf.
Hajo zerstörte die Hoffnung auf einen rettenden Strohhalm sofort wieder. »Ihre juristischen Winkelzüge sind uns egal. Und wie die Menschen das sehen, die ihre
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