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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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mit welchen Brokerhäusern er kommuniziert. Das sind solche für die ganz harten Geschäfte. Da geht es nicht um Spareinlagen, da musst du mindestens eine Million Dollar mitbringen. Hier geht es um richtig fette Summen und große Hebel. Da brauchte ich nur eins und eins zusammenzählen. Ich habe mir ausgerechnet, dass Hasels alles auf eine Karte setzt, nach dem Motto: Steigt der Weizenpreis um zehn Prozent, mache ich hundert Prozent Gewinn. Er wollte mal so richtig dick absahnen. Tja, und jetzt hat der arme Kerl wahrscheinlich noch viel mehr Schulden, als er sich an Millionen erhofft hat. Abwärts geht es immer schneller als aufwärts.«
    Ellen verstand, warum Hasels so fertig gewesen war. Hajo hatte ihn mit seinen eigenen Mitteln vernichtet. Er war an seiner Gier erstickt. Ellens Mitleid hielt sich in Grenzen. Sie dachte daran, was er Andreas Schuster, Danuta und vielen anderen Menschen angetan hatte. Danuta stand vor dem Ruin und musste bald ausziehen. Dann würde sie dastehen mit einem Berg Schulden, einem kranken Mann und zwei Kindern, die nichts dafür konnten und deren Zukunft auf dem Spiel stand. Wer konnte eigentlich etwas dafür? Selbst Andreas Schuster war nicht wirklich schuldig. Er hatte nur Saatgut verwendet, das er selbst herangezogen hatte. Die eigentlich Schuldigen waren Leute wie Veritatis, Hasels und die Unternehmen, die dahinterstanden. Leider mussten sie in den seltensten Fällen für ihre Verbrechen bezahlen.
    Auf dem Hof beobachteten viele Augen, wie Ellen und Hajo zu ihrem Hauseingang gingen. Wenn Ellen in die entsprechende Richtung sah, wendeten die Augen sich ab.
    Es war also alles wie immer.

40
    »Willkommen, Meister. Willkommen, Gebieterin.«
    Ellen hatte aufgehört, sich über die Begrüßung durch die Wohnungstür zu wundern. Mit der Zeit gewöhnte man sich an die seltsamsten Dinge.
    In der Wohnung roch es muffig. Ellen öffnete erst mal alle Fenster und die Tür zu dem maroden Balkon. Hajo zog sich in den Technikraum zurück, in dem niemals ein Fenster geöffnet wurde.
    Ellen sah über die Dächer der benachbarten Häuser. Ihre Gedanken wanderten weiter. Nicht nur Danuta und ihre Familie standen unverschuldet vor dem Abgrund, ihre eigene Schwester ebenso, und mit ihr Hanna und Elias. Ellen hatte versprochen zu helfen, aber wie? Dass sie selbst von der Polizei gesucht wurde, hatte sich durch die Ereignisse in der Kirche nicht geändert, und eigenes Geld besaß sie schon lange nicht mehr.
    Nebenan klatschte Hajo in die Hände. Dazu ließ er ein herzhaftes »Ja« hören. Irgendetwas musste ihn begeistern.
    Ellen ging hin und fand Hajo , versonnen auf einen Monitor blickend. Was hätte ihn auch sonst begeistern können?
    »Was ist los?«, fragte Ellen. »Hast du im Lotto gewonnen?«
    Hajo sah hoch und grinste. »So ungefähr.«
    Ellen wollte zu ihm gehen, um auf den Monitor sehen zu können, aber Hajo sagte: »Warte.«
    Etwa zwei Minuten lang tippte Hajo wieder auf der Tastatur herum. Ellen wollte schon wieder gehen.
    »Jetzt kannst du kommen«, sagte Hajo und stand auf. »Setz dich.«
    Ellen setzte sich auf Hajos Platz. Der Monitor zeigte ein Formular für eine Onlineüberweisung. Der Betrag lautete fünfhunderttausend Euro. Als Empfänger war Andreas Schuster eingetragen. Absender war – Jannis Veritatis.
    »Was soll das?«, fragte Ellen.
    Hajo grinste schon wieder. »Veritatis hat eine Menge Geld verdient mit seinen schmierigen Geschäften. Das hat er natürlich nicht versteuert, sondern in schwarzen Kassen geparkt. Er wird als reicher Mann aus der Krise hervorgehen, die Andreas Schuster und seine Familie um Haus und Hof bringt.« Hajo seufzte gekünstelt. »Das Leben ist so ungerecht. – Übrigens: Du musst nur auf Okay klicken, dann wird das Geld überwiesen. Aber ich befürchte, die Zeit läuft bald ab.« Er drehte sich um. »Ich muss plötzlich mal ganz dringend ins Bad.«
    Hajo verschwand.
    Ellen starrte auf den Monitor und versuchte, ihre Gedanken zu sortieren. Unten rechts lief eine Zahl herunter: Lockout in fünfzehn Sekunden.
    Da war es wieder, das Gefühl erpresst zu werden, einem gnadenlos herunterzählenden Cou ntdown gegenüberzustehen, keine Zeit zum Denken zu haben. Wie damals im lka , als Hajo ganz Berlin erpresst und mit ihr ein böses Spiel getrieben hatte. Jetzt spielte er wieder mit ihr. Zwar sahen dieses Mal keine Millionen Zuschauer an ihren Bildschirmen zu, aber das änderte wenig. Ellen spürte Zorn in sich aufsteigen.
    Neun Sekunden.
    Veritatis anzeigen? Das

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