Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
Vom Netzwerk:
gemacht, und Ihr Heißluftballon stürzt ab.«
    »Dazu braucht es Informationen, und die haben Sie nicht.« Hasels trat neben den Altartisch, um freie Bahn zwischen sich und Hajo zu haben.
    Hajo schüttelte den Kopf. »Glauben Sie wirklich, ich lasse zu, dass Sie wichtige Informationen vernichten? Für wie dumm halten Sie mich eigentlich?« Hajo wartete einen Moment, in dem er Hasels grübeln ließ. Er selbst ging zum Altartisch und setzte sich darauf. Er wirkte vollkommen entspannt.
    Ellen spürte Wut in sich aufsteigen. Hajo hatte die Beweise gesichert. Das sah sie ihm an. Aber er hatte er nichts davon gesagt. Er hatte auch mit ihr gespielt. Die Quittung dafür würde er noch bekommen, jetzt war anderes wichtig. Hajo hatte die Beweise. Das änderte alles. Sie fragte sich, wie er das gemacht hatte.
    Hasels fragte sich offensichtlich das Gleiche. Er sah unschlüssig aus.
    »Kennen Sie sich mit Kopierern aus?«, fragte Hajo. Er schaukelte mit den Beinen und schien die Situation in vollen Zügen zu genießen.
    Jetzt verstand Hasels. »Der Kopierer«, sagte er tonlos. »Deshalb musste Veritatis vorher Kopien machen.«
    »Volltreffer«, sagte Hajo. »Ein moderner Kopierer speichert die Dokumente in seinem Arbeitsspeicher, um sie bei Bedarf mehrfach ausdrucken zu können. Und diesen Speicher kann man auslesen. Zu dumm, da investiert man Unsummen, um alle Computer und Server im Unternehmen zu schützen, aber wer schützt schon seinen Kopierer? Haben Sie wirklich gedacht, ich lasse mir wichtige Informationen per Post schicken?« Hajo lachte. »Das war nur ein kleines Manöver, um Sie und Ihren geschätzten Kollegen Boris ein bisschen zu beschäftigen.«
    Ellen sah Boris an, dass der auch langsam begriff, dass man seinen Boss hereingelegt hatte. Und dass er selbst vollkommen sinnlos am anderen Ende der Stadt einen nutzlosen Briefkasten bewacht hatte. Boris sah etwas verkrampft aus.
    Hasels sah wieder auf den Monitor des Laptops. Die Pistole schien so schwer zu werden, dass sie seinen Arm nach unten zog. Hasels stand bleich und leblos da, wie eine der Heiligenfiguren an den Wänden der Kirche. Nur der angedeutete Heiligenschein fehlte.
    Hajo rutschte vom Altartisch herunter und klatschte in die Hände. »So, Leute, das war's. Die Show ist zu Ende. Es dürfte jeder verstanden haben, dass euer Boss den Auftrag versaut hat. Seine Auftraggeber werden ihn gar nicht mehr mögen – und euch wahrscheinlich auch nicht. Von denen kommt bestimmt kein Geld. Und euer Boss selbst ist so pleite, dass die Banken ihm die gebrauchte Unterhose wegpfänden würden, wenn sie könnten.«
    Die letzten Pistolen sanken herunter.
    »Wir gehen jetzt«, sagte Ellen. »Wenn Sie Scherereien lieben, können Sie gerne noch bleiben.« Dabei blickte sie demonstrativ zu der Leiche von Pasano.
    Alexej brauchte am längsten, bis er seine Pistole wegsteckte.

39
    Der Schritt aus der Kirche war wie die Reise in eine andere Klimazone. Drinnen war es angenehm kühl, draußen schwüle Hitze.
    Ellen sah sich aufmerksam um, wie immer in der letzten Zeit. Keine Polizei in Sicht, aber das konnte sich schnell ändern.
    »Klasse, was?«, sagte Hajo.
    »Was fandest du klasse?«, fragte Ellen zurück.
    »Na, wie ich den Endgegner fertiggemacht habe.«
    »Du meinst Hasels?« Das Wort »Endgegner« kam in Ellens Sprachschatz eigentlich nicht vor, ganz anders bei Hajo, dem Computerspiel-Freak.
    »Wen denn sonst? Hast du gesehen, wie fertig der aussah? Er sitzt herum wie eine Wachsfigur.«
    »Hattest du keine Angst?«
    Hajo winkte ab. »Ich habe schon so viele Kampfszenen gespielt. Diese vier Gorillas mit ihren Pistolen waren doch nur Statisten, die die Kulisse aufgehübscht haben. Solange du den Endgegner in Schach hältst, haben die keinen eigenen Willen. Und für den Endgegner hatte ich einen Plan. Wieso sollte ich da Angst haben?«
    Ellen glaubte, Hajo inzwischen ganz gut zu kennen. Trotzdem war sie erstaunt, wie sehr sich bei ihm Spiel und Realität vermischten. Besonders erstaunlich fand sie, dass das Spiel ihn dazu brachte, in der Realität als Sieger vom Platz zu gehen. Das war die eine Seite der Medaille. Die andere Seite war: Hajo hatte einen Plan gehabt – und sie hatte nichts davon gewusst. Es gab entschieden zu viel, was sie nicht wusste.
    »Du hast mir einiges zu erklären«, sagte Ellen.
    »Wir müssen verschwinden«, sagte Hajo. »Jeden Moment kann die Polizei hier auftauchen, und das wäre gar nicht gut.«
    Ellen wusste, dass Hajo recht hatte. Polizei konnten

Weitere Kostenlose Bücher