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Zehntausend Fallen (German Edition)

Zehntausend Fallen (German Edition)

Titel: Zehntausend Fallen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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Geld würde irgendwo im Apparat versickern.
    Sieben Sekunden.
    Andreas Schuster krank. Danuta verzweifelt. Die Kinder vor einer schwierigen Zukunft. Annika ohne Zuhause. Elias und Hanna ...
    Vier Sekunden.
    Fünfhunderttausend Euro. Gewinne aus verbrecherischen Geschäften. Geld, das man gemacht hatte, eben weil man Familien wie die Schusters ausgepresst hatte. Im Prinzip war das Geld zuerst von den Schusters zu den Betrügern geflossen.
    Zwei Sekunden.
    Ein Klick, und das Geld fließt wieder in die andere Richtung.
    Eine Sekunde.
    Ellen drückte die Enter-Taste fast durch die Tastatur hindurch.
     
    Von der Tür her applaudierte es. Hajo rief »Bravo« dazu.
    Ellen sah Hajo wütend an. »Schon wieder zurück? Das ging aber schnell.«
    Hajo grinste über das ganze Gesicht. »Ich wollte doch miterleben, wie meine Ellen ganz freiwillig ihre erste illegale Überweisung tätigt. Darauf sollten wir anstoßen.«
    Ellen stand auf und ging langsam auf Hajo zu. »Ich habe das nicht zu meinem Vorteil getan«, sagte sie.
    »Aber das weiß ich doch«, sagte Hajo. »Meine Heldin hat nur ein bisschen Robin Hood gespielt.«
    »Ich bin weder eine Heldin noch deine Ellen«, sagte Ellen, während sie Hajo mit ihren Augen fixierte.
    »Das beeindruckt mich jetzt aber«, sagte Hajo.
    »Und ich kann es nicht leiden, erpresst zu werden.«
    »Wer mag es schon, erpresst zu werden?«
    »Das wird sofort aufhören.«
    Hajo zuckte unschuldig mit den Schultern. »Erpressen ist mein Beruf. Wovon sollte ich ohne Beruf leben?«
    »Du wirst alle Bilder von mir aus dem Internet nehmen. Du wirst mir nicht mehr drohen, Bilder von mir zu veröffentlichen.«
    Hajo lachte. »Warum sollte ich das tun? Diese Bilder sind ein Schatz.«
    »Darum!«
    Gleichzeitig mit diesem Wort trat Ellen Hajo beide Beine weg. Es tat einen Schlag, als Hajo mit seinem Hintern auf dem Boden auftraf. Er jaulte auf. Ehe er sich rühren konnte, war Ellen hinter ihm, griff ihn an den Armen und zog ihn durch die Wohnung. Hajo war zu überrascht, um sich zu wehren. Er sah auch nicht, wo es hinging.
    Am Ziel angekommen, wirbelte Ellen Hajo mit einem Ruck herum, sodass seine Beine auf dem Balkon zu liegen kamen. Ein kurzer Schubs und Hajo saß ganz darauf. Seine Beine berührten das morsche Geländer.
    Hajo stieß einen Schreckenslaut aus.
    Ellen zischte »Ruhe!«, aber das wäre nicht nötig gewesen.
    Hajo brachte es nicht fertig, wieder einzuatmen.
    Hinter seinem Rücken machte es zweimal »klick«. Der eine Teil der Handschelle klickte um Hajos Gürtel, den anderen befestigte Ellen an dem stabilen Haken, den sie vor einiger Zeit entdeckt hatte.
    Jetzt saß Hajo fest.
    Ellen lehnte an der Tür und beobachtete ihn. Endlich atmete Hajo wieder ein, tief und viel zu hektisch. Nach einiger Zeit atmete er immerhin stoßweise. Er würde ihr nicht auf dem Balkon ersticken.
    Ellen ging in den Technikr aum und kam mit Hajos Laptop wieder. Sie klappte ihn auf und legte ihn auf Hajos Oberschenkel.
    »Damit du keine Langeweile hast.«
    Hajo sah Ellen an. Seine Lider flackerten. In seinen Augen stand Panik.
    »Was soll das?«, fragte er heiser. Ellen konnte ihn kaum verstehen.
    »Du wirst alle Bilder von mir aus dem Internet löschen. Du wirst mir nie wieder drohen, sie allen Menschen zu zeigen.«
    »Das ist Erpressung«, hauchte Hajo. Er zitterte am ganzen Körper.
    Ellen lachte auf. »Ich habe an deiner Seite viel gelernt. Und ich wollte dieses Gefühl mit dir teilen, wie es ist, erpresst zu werden.«
    »Ich ... ich kann das nicht. Nicht hier. Mach mich los.«
    »Du kannst mehr, als du denkst. Viel mehr.«
    Ellen sah kurz hinunter. Unten war alles leer. Dann trat sie gegen das Geländer vor Hajo. Knirschend lösten sich die durchgerosteten Streben. Ein Stück Geländer baumelte einen Moment am Handlauf, dann fiel es hinunter.
    »Damit du durch nichts in deiner Aussicht und deinen Gedanken behindert wirst.« Ellen zeigte in eine Richtung. »Siehst du den Funkturm?«
    Hajo antwortete nicht. Er starrte nur auf die Lücke vor sich.
    »Wenn du auch nur einen Pixel von meinen Bildern übrig lässt, hänge ich dich an einem Schnürsenkel unter dem Funkturm auf. Hast du das verstanden?«
    Hajo nickte stumm.
    »Du weißt, was du zu tun hast. Bis später.«
    Ellen tat einen Schritt nach hinten und schloss die Tür.

41
    Hajo saß allein auf dem Balkon, nur gesichert durch die Handschellen, die er nicht sehen konnte. Wenige Zentimeter vor seinen Füßen ging es senkrecht hinab. Er versuchte, nach hinten zu

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