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Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Titel: Zehnter Dezember: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Saunders
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ihnen einfach was davon in den Drink. Schon bald stecken sie sich gegenseitig die Zunge in den Hals, und Friedenstauben kacken ihnen auf die Epauletten. Oder, je nach Dosis, sie fallen sich bloß in die Arme. Und wer hat uns geholfen, das zu schaffen? Sie waren das.«
    Die ganze Zeit hatten Rachel und Heather im Großen Arbeitsraum 1 nur dagesessen.
    »Das war’s, Mädels, danke«, sagte Abnesti über Lautsprecher.
    Und sie gingen, ohne zu ahnen, dass ihnen das Dunkelfloxx ™ fast aus allen Löchern gekommen wäre.
    Verlaine brachte sie hinten raus, d. h. nicht durch den Spinnenkopf , sondern durch die Hintergasse. Die eigentlich gar keine Gasse ist, nur ein Flur mit Teppichboden, der zurück zu unserem Bereichscluster führt.
    »Überlegen Sie mal, Jeff«, sagte Abnesti. »Überlegen Sie mal, wenn Sie an Ihrem schicksalhaften Abend von ED289/290 profitiert hätten.«
    Ehrlich gesagt war ich es langsam leid, dass er immer von meinem schicksalhaften Abend redete.
    Den hatte ich sofort danach bedauert, und das hatte sich danach nur verstärkt, und jetzt bedauerte ich das Ganze so sehr, dass mein Bedauern kein bisschen stärker wurde, wenn er es mir ein weiteres Mal reinrieb, ich fand bloß, dass er ein ziemliches Arschloch war.
    »Kann ich jetzt ins Bett?«, fragte ich.
    »Noch nicht«, sagte Abnesti. »Das dauert noch Stunden, bis Sie schlafen.«
    Dann schickte er mich in den Kleinen Arbeitsraum 3, wo ein Kerl saß, den ich nicht kannte.
    V
    »Rogan«, sagte der Kerl.
    »Jeff«, sagte ich.
    »Was geht?«, sagte er.
    »Nicht viel«, sagte ich.
    Wir saßen lange da, angespannt, ohne weiterzureden.
    Ich wartete die ganze Zeit darauf, dass ich plötzlich Lust kriegte, Rogan zu bespringen.
    Aber nichts.
    Etwa zehn Minuten vergingen.
    Wir haben hier ganz schön harte Burschen drin. Ich bemerkte, dass sich Rogan eine Ratte auf den Hals hatte tätowieren lassen, eine Ratte, die gerade mit einem Messer durchbohrt worden war und weinte. Doch selbst unter Tränen erstach sie noch eine kleinere Ratte, die bloß überrascht dreinschaute.
    Schließlich meldete sich Abnesti über Lautsprecher.
    »Das war’s, Jungs, danke«, sagte er.
    »Was war das denn für n Scheiß?«, sagte Rogan.
    Gute Frage, Rogan, dachte ich. Warum hatten sie uns da einfach sitzen lassen? Genau wie sie Heather und Rachel da einfach hatten sitzen lassen? Dann hatte ich eine Ahnung. Um meine Ahnung zu testen, sprintete ich kurz in den Spinnenkopf. Den Abnesti immer unabgeschlossen ließ, um zu demonstrieren, wie sehr er uns vertraute und wie wenig er uns fürchtete.
    Und ratet mal, wer da drin war?
    »Hey, Jeff«, sagte Heather.
    »Jeff, raus mit dir«, sagte Abnesti.
    »Heather, hat Mr Abnesti dich gerade wählen lassen, wer von uns, Rogan oder ich, eine Ladung Dunkelfloxx ™ kriegen soll?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Heather. Sie muss wohl auf VeriSprech ™ gewesen sein, weil sie die Wahrheit sagte, obwohl Abnesti versuchte, sie mit einem vernichtenden Blick zum Schweigen zu bringen.
    »Hast du vor kurzem mit Rogan gefickt, Heather?«, sagte ich. »Zusätzlich zu dem Fick mit mir? Und hast du dich auch in ihn verliebt, so wie in mich?«
    »Ja«, sagte Heather.
    »Heather, also ehrlich«, sagte Abnesti. »Stecken Sie sich doch ne Socke rein.«
    Heather sah sich nach einer Socke um, VeriSprech ™ macht einen ziemlich wortwörtlich.
    Als ich wieder in meinem Bereich war, fing ich an zu rechnen: Heather hatte dreimal mit mir gefickt. Heather hatte wahrscheinlich auch mit Rogan dreimal gefickt, da Abnesti wegen der Konsistenz der Versuchsanordnung Rogan und mir sicher die relativ gleiche Dosis Vivisteif ™ gegeben hatte.
    Aber apropos Konsistenz der Versuchsanordnung, da steckte noch eine Hiobsbotschaft drin, wenn ich meinen Abnesti kannte, der in Sachen Datensymmetrie immer pingelig gewesen war, nämlich: Müsste Abnesti nicht auch Rachel entscheiden lassen, wer gedunkelfloxx ™ t werden sollte, also Rogan oder ich?
    Nach einer kurzen Pause bestätigte sich mein Verdacht: Ich landete wieder im Kleinen Arbeitsraum 3 mit Rogan!
    Wieder saßen wir lange da und sagten nichts. Die meiste Zeit kratzte er an der kleineren Ratte rum, und ich versuchte ihn dabei zu beobachten, ohne dass er es merkte.
    Dann sagte, wie zuvor, Abnesti über Lautsprecher: »Das war’s, Jungs, danke.«
    »Lassen Sie mich raten«, sagte ich, »Sie haben Rachel da drin.«
    »Jeff, wenn Sie nicht damit aufhören, ich schwör’s Ihnen«, sagte Abnesti.
    »Und sie hat gerade abgelehnt,

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