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Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Titel: Zehnter Dezember: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Saunders
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eine Eintrittskarte zu den Preakness Stakes (!), Leslie interessiert sich nämlich seit kurzem für Pferde, also auch Pferderennen, und steht immer früh auf, um ihre neun Pferde zu füttern, während sie sich davor immer strikt geweigert hatte, die sechs Lamas zu füttern.
    Leslies Mom: Und raten Sie mal, wer am Ende die Lamas füttern musste?
    Leslie (scharf): Mom, weißt du nicht mehr, dass ich damals immer Yoga hatte?
    Leslies Mom: Obwohl eigentlich, ganz ehrlich? Es war ein Segen für mich, eine Chance wiederzuentdecken, was für großartige Tiere das sind, nach der Schule, an den Tagen, wo Les Yoga hatte.
    Leslie: So ungefähr jeden Tag Yoga?
    Leslies Mom: Man muss einfach auf seine Kinder vertrauen, darauf, dass ihr angeborenes Interesse am Leben am Ende den Sieg davonträgt, finden Sie nicht? Was ja jetzt genau so gekommen ist, mit Les und den Pferden. Gott, wie sie die liebt.
    Leslie: Sie sind wunderbar.
    Pam: Unsere Kinder kriegen wir nicht mal dazu, aufzuheben, was Ferber im Vorgarten macht.
    Leslies Mom: Und Ferber ist?
    Ich: Hund.
    Leslies Mom: Haha, tja, alles kackt, ist einfach so, oder?
    Stimmt schon, dass wir Garten nicht ordentlich kriegen, auch mit Plan neuerdings, mochte aber trotzdem nicht, dass Pam das so ausposaunte, als wären unsere Kinder nicht nur weniger hübsch angezogen als Leslie, sondern auch weniger verantwortungsvoll, als wäre der Hund kein gleichwertiges Haustier verglichen mit Lama, Pferd, Papagei (Papagei in der oberen Diele sagt »Bonne nuit«, als ich zum Pinkeln vorbeikomme) usw. usf.
    Schlenderte nach Abendessen mit Emmett übers Gelände, der Chirurg ist, setzt zwei Tage die Woche irgendwas ins Hirn ein, kleine elektronische Geräte? Oder irgendwas Biotronisches vielleicht? Jedenfalls sehr klein. Wovon Hunderte auf Stecknadelkopf passen? Oder auf Centmünze? Konnte ihm nicht ganz folgen. Er fragte dann nach meiner Arbeit, hab ihm davon erzählt. Er meinte, tja, schon erstaunlich, was für seltsame geheimnisvolle Dinge unsere Kultur manchen von uns abverlangt, degradierende Dinge, die niemandem irgendwas Greifbares bringen, wie sollen die Leute da überhaupt mit erhobenem Kopf weiterleben?
    Mir fiel keine Antwort ein. Notiz an mich: Denk dir Antwort aus, schreib sie ihm auf Postkarte, dadurch Freundschaft mit Emmett schließen?
    Kehrte zum Haus zurück, setzte mich auf spezielle Sternenbeobachtungsplattform, als Sterne aufgingen. Unsere Kinder saßen fasziniert von Sternen da, als ob unsere Gegend ohne Sterne. Was, sagte ich, keine Sterne in unserer Gegend? Keine Antwort. Von keinem. Übrigens wirkten Sterne da heller. Auf Sternenplattform zu viel getrunken, plötzlich kam mir alles, was mir einfiel, dumm vor. Hielt also einfach die Klappe, wie betäubt.
    Pam fuhr nach Hause, ich mürrisch und betrunken auf Beifahrersitz im Park Ave. Kinder schnatterten, wie toll Party gewesen wäre, besonders Lilly. Thomas spuckte lauter öde Lama-Infos aus, von Emmett.
    Lilly: Kann’s gar nicht erwarten bis zu meiner Party. Noch zwei Wochen, stimmt’s?
    Pam: Was möchtest du denn gern zu deiner Party machen, mein Schatz?
    Lange Stille im Auto.
    Schließlich Lilly, traurig: Ach, ich weiß nicht. Nichts wahrscheinlich.
    Dann vorm Haus. Wieder Stille im Auto, als wir kahlen Garten sahen. Also vor allem Quecken und keine rote orientalische Brücke inkl. Hufabdrücken und keine Außengebäude und kein einziges SG , bloß Ferber, den wir irgendwie vergessen hatten und der wie immer um den Baum rumgelaufen war, immer im Kreis, bis er sich an seiner immer kürzeren Leine fast selber erwürgt hatte, jetzt lag er praktisch flach am Boden und schaute bettelnd zu uns auf, in Kombi aus Verzweiflung und köchelnder Wut.
    Ließ ihn von Leine, er warf mir feindseligen Blick zu und schiss extrem nah an Veranda.
    Schaute mir an, ob Kinder Initiative ergreifen und es aufheben würden. Aber nein. Schlichen bloß dran vorbei und standen erschöpft vor Haustür. Da wusste ich, dass ich Initiative hätte ergreifen und es selber aufheben sollen. War aber müde und wusste, ich musste reinkommen und noch in dieses dämliche Buch schreiben.
    Mag eigentlich keine reichen Leute, weil sie uns armen Leuten Gefühl geben, doof und unzulänglich zu sein. Dabei sind wir gar nicht arm. Ich würde sagen, wir sind so mittel. Wir haben unheimlich viel Glück. Das weiß ich. Aber es ist trotzdem nicht recht, dass reiche Leute uns mittleren Leuten Gefühl geben, doof und unzulänglich zu sein.
    Schreibe immer noch betrunken,

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