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Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Titel: Zehnter Dezember: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Saunders
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war. Oder ein trauriger traumatisierter Storch, der sich von seinen Jungen verabschiedete.
    Er war abgehauen. Er war dem alten Kerl abgehauen. Hatte keinen Gedanken mehr an ihn verschwendet.
    Verflixt.
    Was für ein Schisser machte denn so was.
    Er musste zurück. Sofort. Dem alten Kerl helfen, da wegzuhumpeln. Aber er war so müde. Er war sich nicht sicher, ob er es schaffen konnte. Wahrscheinlich ging es dem alten Kerl gut. Wahrscheinlich hatte er irgendeinen Alter-Kerl-Plan auf Lager.
    Aber er, er war abgehauen. Damit konnte er nicht leben. Sein Kopf sagte ihm, dass es nur einen Weg gab, das Abhauen wieder ungeschehen zu machen, nämlich indem er jetzt zurückging und die Lage rettete. Sein Körper sagte ihm etwas anderes: Das ist zu weit, du bist nur ein Kind, hol Mom, Mom weiß bestimmt, was zu tun ist.
    Gelähmt stand er am Rand des Fußballplatzes wie eine Vogelscheuche in viel zu großen, wehenden Kleidern.
    Eber saß zusammengesackt am Boot.
    Was für ein Wetterwechsel. Die Leute wanderten mit Sonnenschirmen und all so was im offenen Teil des Parks umher. Es gab ein Karussell und eine Band und einen Pavillon. Manche brieten sich was zu essen auf dem Rücken der Karussellpferde. Dabei ritten auf anderen Pferden Kinder. Woher wussten sie das? Welche Pferde heiß waren? Im Moment lag noch überall Schnee, aber Schnee konnte sich nicht lange halten in diesem lärmenden.
    Wärmenden. Egal.
    Wenn du die Augen zumachst, ist es das Ende. Das weißt du, oder?
    Zum Brüllen.
    Allen.
    Genau seine Stimme. Nach all den Jahren.
    Wo war er? Am Ententeich. So oft war er mit den Kindern hierhergekommen. Er sollte jetzt gehen. Mach’s gut, Ententeich. Obwohl, Moment mal. Er konnte nicht aufstehen. Außerdem durfte man hier keine Kinder allein lassen. Nicht so nah beim Wasser. Sie waren vier und sechs. Um Himmels willen. Was dachte er sich dabei? Diese zwei kleinen Schätzchen am Teich zurückzulassen. Sie waren brave Kinder, sie würden warten, aber würden sie sich nicht auch langweilen? Und schwimmen? Ohne Rettungsweste? Nein, nein, nein. Das machte ihn ganz krank. Er musste dableiben. Arme Kinder. Arme verlassene –
    Moment, zurückspulen.
    Seine Kinder waren hervorragende Schwimmer.
    Seine Kinder waren nie auch nur im Ansatz verlassen worden.
    Seine Kinder waren erwachsen.
    Tom war dreißig. Großer Schlaks. So bemüht darum, Wissen anzusammeln. Aber selbst wenn er dachte, er wüsste über etwas Bescheid (Kampfdrachen, Kaninchenzucht), zeigte sich bald, wer er war: der liebste, angenehmste junge Bursche, den es gab, der nicht mehr von Kampfdrachen/Kaninchenzucht wusste, als jeder andere Durchschnittsmensch sich binnen zehn Minuten aus dem Internet holen konnte. Nicht dass Tom nicht klug gewesen wäre. Tom war klug. Tom lernte verdammt schnell. Ach Tom, Tommy, Tommilino! So ein großes Herz! Aber er rackerte und rackerte. Kämpfte um die Liebe von seinem Dad. Ach Junge, du hattest sie, du hast sie, Tom, Tommy, selbst jetzt denke ich an dich, du gehst mir so oft durch den Kopf.
    Und Jodi, Jodi war da draußen in Santa Fe. Sie hatte gesagt, sie würde sich freinehmen und nach Hause fliegen. Nach Bedarf. Aber es bestand kein Bedarf. Er wollte sich nicht aufdrängen. Die Kinder hatten ihr eigenes Leben. Jodi-Jode. Kleines Sommersprossengesicht. Schwanger jetzt. Nicht verheiratet. Nicht mal in Beziehung. Blöder Lars. Was für ein Mann ließ denn so ein hübsches Mädchen sitzen? Ein totaler Schatz. Kam gerade ein bisschen in ihrem Beruf voran. Man konnte sich doch nicht so lange Zeit freinehmen, wenn man gerade erst angefangen hatte –
    Wenn er die Kinder so in Gedanken aufrief, wurden sie wieder ganz wirklich für ihn. Was – nein, den Ball willst du nicht wieder ins Grollen bringen. Jodi war schwanger. Ins Rollen. Er hätte lang genug durchhalten können, um das Baby zu sehen. Das Baby zu halten. Das war traurig, ja. Dieses Opfer musste er bringen. Das hatte er in seiner Nachricht erklärt. Oder? Nein. Hatte keine Nachricht hinterlassen. Konnte er nicht. Aus irgendeinem Grund hatte er es nicht gekonnt. Aus welchem noch mal? Er war sich ziemlich sicher, dass es da irgendeinen –
    Versicherung. Es durfte nicht so aussehen, als hätte er es absichtlich getan.
    Kleine Panik.
    Kleine Panik jetzt.
    Er war dabei, sich aus dem Verkehr zu ziehen. Und dabei hatte er einen Jungen in die Sache reingezogen. Der unterkühlt durch den Wald lief. Zwei Wochen vor Weihnachten zog er sich aus dem Verkehr. Mollys Lieblingsfeiertag. Molly

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