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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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abwechselnd das Stelzenlaufen. Stacey winkte ihnen zu.
    «Die Jungs finde ich richtig lustig. Sie sind immer hier», sagte sie und zog einen Schlüsselbund aus der Schürzentasche. «Manchmal schmuggle ich ihnen was zu essen raus.» Ein Junge fiel mit den Stelzen hin und stieg lachend wieder auf. Edie schloss die Tür auf, und Holzkopf kam herausgesprungen. Sie beugte sich zu ihm hinunter. «Nun sieh sich einer dieses große, haarige Monster an. Danke fürs Kümmern.»
    Stacey biss sich auf die Unterlippe. «Ich bin zwar froh, dass du zurück bist, aber ich werde diesen alten Riesenköter vermissen. Wir haben uns echt gut verstanden. Junge, der hat vielleicht einen Bewegungsdrang!» Sie holte tief Luft, deutete zum Hintereingang und sagte: «Ich muss langsam wieder.» Dann fügte sie hinzu: «Wir sind gute Freunde, der alte Holzkopf und ich. Kannst ihn jederzeit wiederbringen.» Sie zog bittend die Augenbrauen hoch. «Okay?»
    Edie wartete, bis die Kellnerin wieder im Café verschwunden war, dann legte sie Holzkopf an die Leine und machte sich quer über den Parkplatz auf den Weg, an den spielenden Jungen vorbei. Die Fläche war zwar geräumt worden, aber seitdem hatte es wieder geschneit, und eine dünne Schneeschicht überzog den Boden, übersät mit Wolfsspuren.
    «He, Kinder!» Die Jungen ließen die Stelzen fallen und liefen auf sie zu. Sie waren zu dritt, alle etwa elf Jahre alt, und trugen Jeans, Parkas und Bommelmützen. Gutaussehende Kinder, Kinder, für die gut gesorgt wurde. Einer streckte die Hand aus und streichelte Holzkopf.
    «Seht ihr die Abdrücke?» Sie zeigte auf die Wolfsspuren im Schnee. «Hier sind Wölfe unterwegs. Vielleicht auf der Suche nach Müll. Wahrscheinlich lassen sie euch in Ruhe, aber ihr solltet vielleicht trotzdem lieber nach Hause gehen.»
    Die drei Jungen fingen schallend an zu lachen, so sehr, dass sie sich die Bäuche halten mussten. Holzkopf nahm Reißaus.
    Edie wurde rot. «He, Jungs, jetzt kommt schon! Was habe ich denn gesagt?» Das provozierte lediglich den nächsten Lachanfall. Edie beugte sich hinunter und betrachtete die Spuren. Sie hegte keinen Zweifel, dass es Wolfsspuren waren, aber jetzt sah sie, dass die Spuren nicht nur ohne jegliche Ordnung verliefen, sondern auch, dass es sich ausschließlich um die Abdrücke von Vorderpfoten handelte. Sie ging zu den Stelzen hinüber und hob eine auf. Sie trug einen Stempel: eine typische Wolfspfote, vier längliche, weit gespreizte Zehen. Einer der Jungs rannte auf sie zu.
    «He! Das sind unsere!»
    Sie reichte dem Jungen die Stelze. «Gibt es die irgendwo zu kaufen?»
    «Klar», sagte der Junge und bedachte sie mit einem herablassenden Blick, wie Jugendliche sie für besonders dumme Erwachsene reserviert haben. «Luchs, Elch, alles Mögliche.»
    In Edies Kopf reifte ein Gedanke. Die Elchspuren am Seeufer. Sie bugsierte Holzkopf in den Kofferraum und holte ihren Naturführer aus dem Handschuhfach. Die Spuren von allem, was auf Ellesmere Island kreuchte und fleuchte, waren ihr so vertraut wie das Geräusch des Nordostwindes auf dem Eis, aber Elchspuren hatte sie erst vor ein paar Tagen zum ersten Mal gesehen. Der Abbildung in ihrem Handbuch nach sahen sich die Abdrücke von Vorder- und Hinterhufen ziemlich ähnlich, aber sie sah sofort, dass der Abstand zwischen den Abdrücken am See nicht ganz gestimmt hatte. Und das konnte nur bedeuten, dass die Spur am See gefälscht war. Jemand war in Schuhen aufs Eis gegangen und auf Stelzen zurückgekommen.

    Sie fuhr auf der Spenard Road Richtung Süden. Die Einkaufszentren und Gebäude wurden immer schäbiger. Irgendwann kam sie zu der Reihe alter Häuser, die Derek ihr beschrieben hatte, und hielt am Straßenrand. Vor ihr führten Stufen zu einer heruntergekommenen Haustür. Sie ging sie langsam hoch, lauschte, ob aus dem Haus Stimmen oder Anzeichen für Bewegung zu hören waren. Ihr Instinkt sagte ihr, dass niemand zu Hause war. Sie wartete einen Moment, dann klopfte sie. Wieder nichts. Ihr kam der Gedanke, dass sie sich vielleicht im Haus geirrt hatte. Diese Welt aus gerasterten Straßenzügen und Häuserblocks war für jemanden, der in der menschenleeren Weite der Tundra aufgewachsen war, in einer Siedlung mit nur zwei Straßen, so ungewohnt, dass man die Häuserblocks leicht verwechselte. Sie zog Dereks Wegbeschreibung aus der Tasche und verfolgte in Gedanken den Fahrtweg zurück, aber sie landete trotzdem wieder hier. Sie klopfte noch einmal an, und als alles Stampfen nicht mehr

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