Zeig keine Angst!
gerührt.«
»He!«, knurrt Dig die beiden an. »Hört auf zu zanken. Ich muss nachdenken. Ich muss mir überlegen, wie ich um die Polizeiautos rumkomme.«
»Sorry, Dig«, sagt Xen.
Stille tritt ein. Und anscheinend will keiner das Schweigen brechen, weil keiner weiÃ, was zu tun ist. Da rufe ich:
»Bieg nach links ab, in die Adams Street. Fahr sie halb runter und nimm dann die kleine Gasse auf der rechten Seite. Die ist gerade breit genug, um mit dem Van durchzukommen. Dann über die St. Stephenâs Gardens zurück, und schon hast du die Polizei umfahren.«
Wieder Stille. Ich höre nur noch das Geräusch des laufenden Motors. Dann fragt Dig: »Woher weiÃt du, wo wir sind?«
Ich antworte nicht.
»He, seit wir vom Fluss weggefahren sind, liegst du mit dieser Mütze über den Augen da. Ich kann dich im Rückspiegel sehen. Du hast dich nicht mal bewegt. Und wir haben wer weià wie oft die Richtung gewechselt.«
Ja, Diggy, da staunst du. Aber wenn du diese Stadt so gut kennen würdest wie ich, wüsstest du, dass es kein Problem ist, den Ãberblick über alle StraÃen zu behalten, die man genommen hat. Selbst wenn man die Augen zuhat und so fertig ist wie ich. Ich habe jeden Augenblick gewusst, wo wir waren.
Ich ziehe die Mütze noch tiefer ins Gesicht.
»Jetzt fahr schon nach links in die Adams Street, solange du es noch kannst.«
Er sagt nichts mehr. Ich höre den Motor aufheulen. Dann biegen wir nach links ab, und ich spüre, wie wir die Adams Street runterrumpeln.
»Ich sehe kein Gässchen«, murrt er.
»Es ist gleich hinter dem Feinkostgeschäft.«
»Ich sehe kein Feinkostgeschäft«, sagt Xen.
»Es ist weiter unten.«
Sie faucht zurück: »Wie willst du das denn wissen, wenn du gar nicht rausschaust?«
»Ich brauche nicht rauszuschauen. Ich weià auch so, wo wir sind.«
»Du bist ein komischer Vogel.«
»Und du eine blöde Kuh.«
Sie schnieft beleidigt, sagt aber nichts mehr. Neben mir kichert Bex. Ich rufe Dig zu: »Jetzt müsstest du das Feinkostgeschäft sehen.«
»Ja, ich sehâs.«
»Beim Abbiegen musst du aufpassen. Die Gasse ist sehr eng.«
Dig bremst ab, fährt in einem groÃen Bogen um die Ecke des Feinkostgeschäfts und dann die Gasse runter. Ich spüre, wie die Räder über das Pflaster holpern. Wir erreichen das Ende der Gasse, und ich spüre, dass er abbiegt und die St. Stephenâs Gardens entlangfährt.
»Du hast recht«, sagt er nach einer Weile. »Wir sind an den Bullen vorbei.«
Kluger Junge, Diggy. Aber wir sind noch nicht aus dem Schneider. Denn da sind sicher noch mehr. Und die Bullen sind noch die nettesten von den Leuten, die heute Nacht unterwegs sind. Ich schiebe die Hand unter die Wollmütze und taste meine Stirn ab. Der Verband und die Mütze fühlen sich feucht an. Aber ich glaube, die Wunde hat aufgehört zu bluten.
Ich wünschte nur, ich hätte mehr Kraft und wieder einen klaren Kopf. Ich sehe schwarz für diese Nacht, Bigeyes. Denn eins steht fest: Dig hat keine Ahnung, wo er mich hinbringen soll. Er hat mich gerettet â ja, das hat er. Ich weià nicht, warum. Wahrscheinlich hat er Schuldgefühle, weil er mich so übel zugerichtet hat, nun da er weiÃ, dass ich Trixi nicht umgebracht habe.
Aber er hat keinen Schimmer, was er mit mir machen soll.
Und er gerät allmählich in Panik.
Er hat die Bullen und meine Feinde am Hals und mich hilflos in seinem Van liegen. Und er hat ein schlechtes Gewissen, weil er mir mit seinem Messer den Kopf aufgeschlitzt hat. Der arme Kerl. Denn ich sage dir was, Bigeyes. Es ist hinderlich, ein Gewissen zu haben, wenn man am Leben bleiben will. Deshalb sitzt er nun in der ScheiÃe.
Er fährt die St. Stephenâs Gardens entlang und hat keine Ahnung, wo er mich hinbringen soll. Frag mich nicht, wie ich das weiÃ. Da hast duâs. Wir haben das Ende der StraÃe erreicht und er hat angehalten. Ich sehe auch mit geschlossenen Augen, dass er sich den Kopf zerbricht, weil er keinen Plan hat. Und ihm fällt keine Lösung ein.
Ich rufe nach vorn: »Fahr den Wisteria Drive runter, dann die zweite StraÃe rechts, dann die erste links und dann immer geradeaus, bis du zu den Schrebergärten kommst.«
Wieder Stille, nur der laufende Motor brummt. Ich spüre, dass mich alle anschauen. Sie haben jetzt Angst vor mir, Bigeyes.
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