Zeig keine Angst!
was er als Nächstes tun soll. Aber ich weià es.
»Was jetzt?«, fragt er mich mit finsterer Miene.
Ich deute mit dem Kopf nach links.
»Fahr den Wagen zwischen die Bäume da.«
»Du meinst, vom Weg runter?«
»Ja. Versteck den Wagen. Für den Fall, dass jemand, der uns sucht, hier auftaucht.«
Und das könnte jeden Augenblick passieren. Denn ich sage dir, Bigeyes, die StraÃe, die wir gerade verlassen haben, war nicht leer. Dig hat das vielleicht geglaubt, aber ich weià es besser. Er fährt vom Weg runter. Der Van holpert übers Gras und zwischen die Bäume.
»Noch ein Stückchen weiter«, sage ich.
»Halt die Klappe.« Er wirft mir einen ärgerlichen Blick zu. »Ich weià schon, was ich tue.«
Er fährt um die gröÃte Baumgruppe rum, hält an und schaltet den Motor aus. Stille senkt sich auf uns wie ein Nebel. Alle sehen mich an und warten.
»Was jetzt?«, fragt Dig.
Ich erwidere seinen Blick und plötzlich kann ich nicht mehr sprechen. Meine Kehle ist wie zugeschnürt. WeiÃt du, warum, Bigeyes? Weil ich jetzt was tun muss, bei dem mir total unwohl ist. Denn erstens sind schon zu viele Leute wegen mir gestorben, und zweitens will ich eigentlich keine Leute in meine Hütten mitnehmen, nicht mal in so einem Notfall.
Und schon gar nicht Leute wie Digs Bande.
AuÃerdem ist diese Hütte was Besonderes. In dem groÃen, verwinkelten alten Haus am Ende des kleinen Weges wohnt nur ein älterer Herr. Und der ist zurzeit nicht da. Das weià ich, denn ich sehe immer seinen Terminkalender durch, wenn ich da bin. Er ist Philosophie-Professor und hält in der ganzen Welt Vorlesungen. Ein vielbeschäftigter Mann.
Ich mag ihn. Eigentlich ist er ziemlich hilflos. Er weià zwar sehr viel, aber er kann weder kochen noch seine Klamotten in Ordnung halten noch den Zaun reparieren. Und die Alarmanlage kann er auch nicht einstellen. Als seine Frau noch da war, hat sie diese Dinge für ihn erledigt. Damals war vieles anders. Wenn sie daheim war, konnte ich diese Hütte kaum benutzen.
Aber sie ist letztes Jahr gestorben und seither ist er traurig und tut mir echt leid. Ja, ich mag ihn sehr. Das weià er natürlich nicht. Er weià nicht mal, dass ich existiere. Aber er ist ein netter alter Herr, und ich will nicht, dass Digs Tussis sich über seine Sachen hermachen.
Oder noch schlimmer ⦠viel schlimmer â¦
Ich will nicht, dass meine Feinde ihm was antun.
Ich sage dir, Bigeyes, das könnte ich nicht ertragen.
»Also was jetzt?«, fragt Dig.
Ich starre aus dem Wagenfenster. Es ist nur ein Katzensprung. Am Ende des Weges wartet ein groÃes, warmes Haus, dessen Bewohner nicht da ist. Und er kommt erst in einer Woche zurück.
Ich muss es tun, Bigeyes. Ich brauche dringend Schlaf. Und irgendwie muss ich dieser Bande vertrauen. Aber in meinem Kopf ist nur das Gesicht des alten Professors. Er schaut mich an. Und ich ihn. Er sieht nicht glücklich aus. Aber ich vermutlich auch nicht.
Es tut mir leid, alter Freund, es tut mir echt leid.
Sein Gesicht verändert sich nicht. Ich blicke zurück zu Dig und den Tussis.
»Kommt mit«, sage ich.
Wir steigen aus dem Van, laufen den Weg rauf und dann um die Rückseite des Hauses. Ich sehe immer noch das Gesicht des alten Professors vor mir. Ich versuche es aus meinem Kopf zu verbannen und mich auf das zu konzentrieren, was ich tun muss. Aber das fällt mir schwer. Ich bin so fertig, dass ich kaum denken kann.
Ich weià nur, dass ich ins Haus kommen und mich hinlegen muss.
Und ich muss versuchen, diese Bande davon abzuhalten, das Haus zu verwüsten. Denn sie wird überall rumstöbern, Bigeyes. Nach dieser Nacht werde ich es nicht mehr als Unterschlupf benutzen können. Das ist das letzte Mal.
Aber ich habe keine andere Wahl.
Entweder ich lasse sie rein, oder wir müssen ein anderes Versteck suchen, und im Moment gibt es kein besseres. Jedenfalls fällt mir keins ein. Und die anderen hatten auch keine Idee.
»Bist du dir sicher, dass es hier okay ist?«, fragt Dig.
Ich bleibe stehen und blicke zu ihm zurück. Er beobachtet mich aus der Dunkelheit, mit scharfen Augen. Xen und Bex stehen links und rechts neben ihm und beobachten mich auch. Ich zucke die Achseln.
»Ja.«
»Ist niemand im Haus?«, fragt Dig.
»Nein.«
»Aber da oben brennt Licht.«
Da oben brennt immer Licht, Bigeyes. Und auf der anderen Seite
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