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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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ihr Papa den Faust spielt.« Dann blickte sie auf ihre Schuhe. Braune Pumps mit flachen Absätzen und breiten Schnallen an der Seite. Sie gefielen Ehrlinspiel nicht. »Der arme Mann.« Sie strich sich über die schwarzen langen Haare. »Was ist eigentlich mit Torben? Er schien aufgebracht, ich habe ihn mit angespanntem Gesicht hinauseilen sehen.«
    »Er hat Marius gemobbt. Und uns eher unfreiwillig darüber in Kenntnis gesetzt.«
    Sie holte tief Luft. »Also doch.«
    »Sie haben es die ganze Zeit gewusst, nicht wahr?«
    »Ich habe … nein, ich habe es nur vermutet. Ich habe einmal gesehen, dass sie Marius die Jacke gestohlen haben. Er hat in der Halle draußen auf Rebecca gewartet und ist währenddessen auf die Toilette gegangen. Die Jacke hat er übers Geländer gehängt. Konstantin hat sie genommen und Torben gegeben, und sie sind rausgegangen. Natürlich ist mir das komisch vorgekommen, aber …« Sie schüttelte den Kopf.
    »Wir müssen Sie in die Polizeidirektion bitten.« Mit der Dame würden sie auch noch einiges zu besprechen haben. »Ich rufe Sie an. Geben Sie mir bitte Ihre Telefonnummer?« Er zog seinen Notizblock aus der Umhängetasche. Sie diktierte. Dann sah er sie an. Die Vorwahl. »Ist das in …?«
    »Breisach. Warum?«
    Dieser Besuch in der Schule hatte sich doch gelohnt. »Hat Marius Sie einmal privat besucht?«
    »Mich? Wieso sollte er?« Sie sah ehrlich erstaunt aus.
    Er steckte den Block ein. Dass Heinemann ein Alibi für den Donnerstagvormittag hatte, war immerhin sicher. »Ich melde mich bei Ihnen. Nur fürs Protokoll.«
    »Gern, Herr Kommissar.«
    Vor dem Schulgebäude blieben Jo und er unter dem großen Vordach stehen. Es regnete in Strömen, gluckerte und plätscherte und spritzte auf ihre Hosenbeine. Ehrlinspiel klappte den Kragen seiner Jacke hoch. Die große Pause war mittlerweile zu Ende, sie waren allein. »Scheiße.« Etwas Besseres fiel ihm nicht ein. »Okay, ich fahre zu Vanessa Sigismund, du holst Konstantin aus dem Unterricht, nimm dir später ein Taxi.«
    »Wird gemacht.«
    Als Ehrlinspiel mit durchweichtem Kragen im Wagen saß und Hannas Kurzwahlnummer in sein Handy tippen wollte, klingelte es. »Freitag? Wieder fit?«, fragte er, als er die Nummer seines eigenen Bürotelefons sah.
    »Moritz, du solltest sofort herkommen.«

[home]
    32
    B eim Knarren der Stufen zuckte sie zusammen. Rasch klappte sie den Laptop zu, hielt die Luft an, lauschte. Die Schritte kamen den Flur entlang. Leise wie in Turnschuhen. Ihre Finger begannen sofort zu kribbeln, dann die Handflächen, die Unterarme, bis zur Schulter.
    Dann ging die Tür auf. »Hallo, Puppe.«
    Nessy zerrte die Tagesdecke über den Rechner, stopfte die verrotzten Papiertaschentücher dazu und setzte sich im Bett auf. Sie hatte auf dem Bauch gelegen. Gelesen. In die schwarze Wollmütze geheult. Wie lange, wusste sie nicht. »Hey.« Mehr brachte sie nicht heraus.
    »Dein Daddy hat mich hochgeschickt.«
    Sie nickte.
Daddy.
Der Trinker. Der Depressive. Der sie nicht retten würde. Nicht retten konnte.
    »Dein Vater sieht nicht gut aus.« Torben trat ein und schloss die Tür. »Du auch nicht.« In aller Ruhe ging er zu ihrem Schreibtisch, der auf der anderen Seite ihres Zimmers vor dem Fenster stand. Regen prasselte gegen die Scheibe. Torben schob Stifte und ihren Schlüsselbund beiseite und legte seine Aktentasche auf den Tisch. Dann schlüpfte er aus seiner Ralph-Lauren-Jacke, hängte sie über den Schreibtischstuhl und strich sorgfältig darüber. »Bist du krank?«
    Ihre Finger krallten sich in die Decke, zogen sie noch weiter über den Laptop.
    Er setzte sich neben sie. Das Bett knarrte, und weil die Matratze einsank, rutschte sie unwillkürlich ein Stück zu ihm hin. Sie spannte alle Muskeln an, damit er ihr Zittern nicht bemerkte. »Ich fühle mich nicht besonders.«
    »Arme Puppe.« Sein kühler Zeigefinger strich über ihre Wange und den Hals hinab bis zum Kragen ihres Kapuzenshirts. »Hast auch ganz rote Augen. Dabei sind es nicht einmal mehr drei Wochen bis zu den Abiturprüfungen. Wir sollten zusammen lernen, meinst du nicht? Damit du eine Zukunft hast.«
    Nessy rutschte fast unmerklich von ihm weg und drückte sich an die Wand. Sie ertrug seine Hand mit den blutigen Nägeln nicht, seine Nähe, seinen Geruch nach dem teuren, etwas holzig riechenden Deodorant, das sich jetzt mit ihrem eigenen Angstschweiß mischte.
    »Was ist los, Puppe? Gar nicht scharf heute?« Torben zupfte an ihrer Kapuze. »Nun ja, in dem Aufzug

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