Zeig mir, was Liebe ist
bin gekommen,
um dir zu sagen, wenn du noch immer die Nacht mit mir verbringen
willst, dann …"
Ihre
Stimme verlor sich, als sie den Blick schweifen ließ und dann
an einem Punkt direkt hinter Nathans Schulter angekommen war. Sie
riss die Augen auf.
Nathan
wusste, ohne sich umdrehen zu müssen, was, beziehungsweise wen
Carrie sah. Er wandte sich um und bemerkte Mary, die im Türrahmen
stand, nur mit einem seiner Hemden bekleidet und einem
katzengleichen, triumphierenden Lächeln auf den Lippen.
"Hoppla",
sagte Mary kichernd und verschwand wieder im Schlafzimmer.
Er
holte tief Luft und drehte sich zurück zu Carrie, die aussah,
als hätte jemand sie gerade geschlagen.
"Carrie,
ich kann das erklären", begann er hastig, überzeugt
davon, dass er eine Ausrede finden würde, die dieses kleine,
leichtgläubige, naive Mädchen schlucken würde.
"Nicht
nötig", sagte sie steif und drehte sich zur Tür.
Nathan
schnappte sich Carries Arm und wurde erneut wütend; nicht nur
wütend auf Mary, sondern auch auf dieses dumme Mädchen. Er
hatte so viel Zeit und Mühe darauf verwendet, sie mit seinem
Charme zu becircen. "Bitte", meinte er und klang angemessen
verzweifelt. "Lass es mich erklären. Es ist nicht so, wie
du denkst."
"Nichts",
sagte sie und hob in einer pathetischen Geste das Kinn, "ist
jemals so, wie man denkt." Dann rannte sie praktisch aus der
Wohnung.
Kochend
vor Zorn, verdammte er Carries unpassendes Timing und sein Pech, dass
sie ihn dabei erwischt hatte, wie er sich mit ein bisschen Sex
Entspannung verschafft hatte. Dann drehte er sich um und ging in
Richtung Schlafzimmer … und der Blick in seinen Augen
versprach nichts Gutes.
Carries
Hände zitterten, als sie über den Parkplatz eilte und mit
dem Schlüssel automatisch ihren Wagen öffnete. Sie stieg
ein und bemühte sich verzweifelt, gegen die Tränen der
Erniedrigung anzukämpfen, während sie vom Parkplatz auf die
Straße bog.
Ohne
zu wissen, wohin sie fuhr, steuerte sie ziellos durch die Stadt.
Sie
wollte leugnen, was sie gerade gesehen hatte. Ja, sie überlegte
sogar, ob sie zurückfahren und Nathan gestatten sollte, ihr eine
Erklärung zu geben.
Doch
dann traf sie die Erkenntnis mit voller Wucht.
Es
gab nichts zu erklären, auch wenn Nathan sie hatte aufhalten
wollen und sie gebeten hatte, seine Erklärung anzuhören.
Was
gab es da schon groß zu erklären? Er war gerade aus dem
Bett gekommen. Mit seiner Krankenschwester … Marci oder wie
sie hieß. Ein hysterisches Lachen entschlüpfte Carrie.
Marci hätte es selbst mit Worten nicht deutlicher sagen können,
wie sie da mit ihrem zerzausten Haar in Nathans zerknülltem Hemd
gestanden hatte.
"Trage
ich vielleicht ein Zeichen auf der Stirn?" murmelte Carrie. "Ein
Zeichen, das besagt: Erniedrige mich. Belüg mich. Mach dich über
mich lustig. Ich liebe es, misshandelt zu werden. Tu dir keinen Zwang
an. Ich kann es wirklich vertragen."
Und
dann lachte sie nicht mehr, sondern weinte. Verdammt, sie heulte
schon wieder! So wie sonst nie. Wie sie nicht mehr geweint hatte,
seit jenem schrecklichen Tag, an dem ihre Eltern gestorben waren.
Verzweifelte, quälende Schluchzer brachen aus ihr heraus und
nahmen ihr die Sicht, schmerzten in der Kehle und gaben ihr das
Gefühl, kein Rückgrat zu besitzen. Weil sie es nicht länger
ertragen konnte. Und auch nicht verstand, warum sie es ertragen
sollte.
Er
hatte Recht gehabt. Ryan hatte Recht gehabt. Nathan war ein Lump. Er
hatte sie nur … was? Benutzt?
Sie
wischte sich mit dem Handrücken über die Wange. Aber warum?
Aus welchem Grund, zu welchem Zweck?
"Und
warum ich?" fragte sie bitter. Warum nur konnte nicht wenigstens
ein einziges Mal in ihrem Liebesleben etwas richtig laufen?
Sie
wollte doch nur jemand Besonderen. Jemanden, den sie lieben konnte.
Mit dem sie gemeinsam ein Leben aufbauen konnte. Mit dem sie Kinder
bekommen konnte. Um die Familie zu ersetzen, die sie verloren hatte,
als sie selbst noch ein Kind gewesen war.
Und
was hatte sie stattdessen bekommen? Nichts als Einmischung seitens
ihres Bruders, dann die Einmischung von Ryan … und
irgendwelche Dummköpfe, die entweder die Flucht ergriffen hatten
oder denen sie egal gewesen war, so dass sie in ihrem Leben keine
Spuren hinterlassen hatten.
Stunden
später ließ Carrie die Lichter der Stadt hinter sich und
fuhr meilenweit auf dem verlassenen Highway entlang. Sie war sich
nicht einmal bewusst, dass sie die Stadtgrenze passierte. Bemerkte
nicht, dass sie auf den alten Pfad
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