Zeig mir, was Liebe ist
Es reichte ihr.
"Wir müssen überhaupt nichts", informierte sie ihn
eisig, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte aus der Küche.
Sie musste fort von hier, und zwar sofort.
Sie
sammelte gerade ihre Sachen zusammen und war dabei, sich hastig
anzuziehen, als Ryan ins Wohnzimmer kam.
"Carrie,
hör zu."
"Oh,
ich habe es so satt, dir zuzuhören." Sie schloss den
Reißverschluss ihrer Hose, entdeckte einen Stiefel neben dem
Sofa, schlüpfte hinein, bevor sie durch das Zimmer humpelte, um
den anderen hervorzuziehen.
"Du
brauchst meinetwegen kein Opfer zu bringen, Ryan", verkündete
sie, als sie sich an ihm vorbeischob und auf dem Weg zur Haustür
ihre Bluse zuknöpfte. "Und keine Angst. Ich werde es auch
nicht meinem großen Bruder petzen. Du kannst also ganz beruhigt
sein."
Er
hielt die Tür fest, bevor sie sie hinter sich zuschlagen konnte.
Hielt Carries Arm fest, bevor sie letztendlich davonstürmen
konnte.
"Carrie
…"
"Okay,
pass auf", meinte sie und drehte sich zu ihm herum. "Ich
habe dich gestern Abend in eine unangenehme Situation gebracht. Ich
hätte niemals hierher kommen sollen. Aber alles in allem hast du
mir letztlich einen großen Gefallen getan. Also hör auf,
so unglücklich auszusehen. Deine Vorstellung war die eines
Profis. Mehr kann ein Mädchen bei ihrem ersten Mal nun wirklich
nicht verlangen. Danke für die hervorragende Vorstellung, Ryan.
Du warst unglaublich."
Sie
kämpfte gegen heiße Tränen an, als er ihren anderen
Arm ebenfalls packte und sie schüttelte.
"Hör
auf", fuhr er sie an. "Hör sofort auf. So war es
nicht, und das weißt du genau."
"Nun,
wie war es dann?" wollte sie wissen und zwang sich, ihm in die
Augen zu sehen. "Willst du mich heiraten, weil du mich liebst ?
Ist es das, was du versuchst, mir zu sagen?"
Ein
kleiner Teil von ihr – diese dumme kleine Träumerin –
hoffte noch immer, dass er Ja sagen würde. Ja, ich liebe
dich.
Aber
er tat es nicht. Stattdessen wurde er blass und wich ihrem Blick aus.
Und
das schmerzte. Es schmerzte so höllisch.
"Gut."
Sie straffte die Schultern und klammerte sich an den letzten Rest
ihres Stolzes. "Ich vermute, dieser Blick sagt alles. Auf
Wiedersehen, Ryan. Es war … wundervoll."
Er
verstärkte den Griff an ihren Armen.
Auf
einmal fühlte sie sich schrecklich müde. "Du meine
Güte … würdest du mich jetzt bitte einfach gehen
lassen, solange ich noch einen letzten Rest Selbstachtung besitze?"
Er
atmete hörbar aus. "Du verstehst nicht. Ich habe nicht
verhütet. Wir könnten ein Baby gezeugt haben", meinte
er leise.
Die
Worte stachen wie ein Messer in ihr Herz. Das war es also, was ihn
noch beschäftigte. Die tief verwurzelte Überzeugung, das
aus seiner Sicht Richtige tun zu müssen. Schuldgefühle
waren der Grund für seinen Antrag gewesen, wenn man sein Wir
müssen heiraten mit sehr viel Fantasie überhaupt als
Antrag bezeichnen konnte.
"Ja,
wir könnten ein Baby gezeugt haben", stimmte Carrie zu und
hob stolz ihr Kinn. "Ich fände es wunderbar, ein Baby zu
haben. Aber ich werde mein Kind nicht mit einem Mann großziehen,
der mich nicht liebt. Mit anderen Worten, du bist auf jeden Fall aus
dem Schneider. Und jetzt lass mich gehen. Bitte."
Einen
langen Moment schwieg er, bevor er sie schließlich losließ.
Sie
wartete nicht darauf, dass er von neuem anfing. Sie ging zu ihrem
Wagen und fuhr davon.
Im
Rückspiegel sah sie Ryan vor dem Haus stehen und ihr
hinterhersehen. Sie erkannte jedoch nicht die Trostlosigkeit in
seinen Augen, hörte nicht den Fluch, mit dem er sich selbst
bedachte. Sie war zu sehr mit ihrem eigenen Unglück beschäftigt,
um seins zu erfassen.
Stephanie
Firth war nicht nur eine gute Freundin, sie konnte auch gut zuhören.
Und Carrie schien beides gut gebrauchen zu können, als sie am
späten Nachmittag des nächsten Tages bei ihr in der
Bibliothek auftauchte.
Stephanie
hatte nur einen Blick auf Carrie geworfen und sie dann ins Büro
gedrängt, sie auf den nächstbesten Stuhl gesetzt und ihr
einen starken Kaffee in die Hand gedrückt.
"Okay,
was ist los?" fragte Stephanie jetzt vorsichtig, während
sie sich auf der Kante ihres Schreibtisches niederließ.
Stephanies
mitfühlender Gesichtsausdruck reichte, um Carrie dazu zu
bringen, ihr Herz auszuschütten. Sie begann damit, dass sie
beschlossen hatte, ihre Gefühle für Ryan zu begraben,
erzählte von ihrer Entschlossenheit, die Beziehung zu Nathan zu
klären, und gab die Geschehnisse der letzten Tage wieder.
Inklusive der Nacht, die sie mit
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