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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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selbst. Zwar nuschelte er noch etwas, was ihm unglaublich schlagfertig und clever erschien, bei ihr aber anscheinend nur schmierig und beleidigend ankam. Die Grenze zwischen einer schmierig-beleidigenden Bemerkung und einer unwiderstehlichen Anmache ist eben schwer auszumachen, wenn man so viel Alkohol intus hat wie Lou Suffern an diesem Abend. Er schien seinen ganzen Charme und jegliches Feingefühl verloren zu haben, womit er bei seiner Ankunft noch so reich gesegnet gewesen war. Die Whisky- und Cola-Spritzer, die sein ehemals makelloses weißes Hemd und seine Krawatte zierten, kamen bei den smarten Businessfrauen nicht gerade gut an, und seine blauen Augen, die beim weiblichen Geschlecht für gewöhnlich das Gefühl auslösten, aus großer Höhe direkt in einen Bergsee zu fallen, waren jetzt blutunterlaufen und glasig und hatten nicht mehr den erwünschten Effekt. Er versuchte noch, die Frau {145 } verführerisch mit den Augen auszuziehen, wirkte aber nur vulgär, und nachdem er – zu besoffen, um irgendetwas zu erreichen – auch noch die Freundin auf dem Rückweg von der Toilette, wo sie die Rotweinflecke auszuwaschen versucht hatte, erfolglos angebaggert hatte, blieb ihm, wenn er sich nicht endgültig blamieren wollte, eigentlich nichts anderes mehr übrig, als zu seinem Auto zurückzutrotten. Und heimzufahren.
    Als er die kalte, dunkle Tiefgarage unter seinem Bürogebäude erreichte – für den Weg hatte er zwanzig Minuten länger als normal gebraucht –, merkte er, dass er vergessen hatte, wo er parkte. Er ging eine Weile mitten in der Garage im Kreis herum, drückte auf den Autoschlüssel und hoffte, die aufleuchtenden Scheinwerfer würden ihm den Standort des Wagens über kurz oder lang verraten. Leider gefiel ihm das Herumkreisen so gut, dass er immer wieder vergaß, die Autos zu beobachten, bis ihm schließlich doch ein Licht ins Auge fiel und er sein Auto auf dem für ihn reservierten Parkplatz entdeckte. Er kniff das eine Auge fest zu und konzentrierte sich mit dem anderen ganz auf den Weg zu seinem Porsche.
    »Hallo, Baby«, säuselte er und räkelte sich an der Tür entlang – allerdings weniger aus Zuneigung als deswegen, weil er das Gleichgewicht verloren hatte. Dann küsste er die Kühlerhaube und stieg ein. Als er merkte, dass er auf dem Beifahrersitz gelandet war und es demzufolge kein Lenkrad gab, kletterte er wieder hinaus und ging um den Kühler herum zur Fahrerseite. Dort machte er es sich hinter dem Steuer bequem und schaute hinaus. Sein Blick fiel auf die Zementpfeiler, die das Dach der Garage trugen, obgleich sie auf höchst faszinierende Weise schwankten. Hoffentlich würden sie nicht auf sein Auto fallen, wenn er an ihnen vorbeifuhr. {146 } Das wäre nicht nur unverantwortlich von den Pfeilern, sondern konnte für ihn selbst ziemlich teuer werden.
    Als Nächstes versuchte er, den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken, und nachdem er eine Weile erfolglos mit der Schlüsselspitze auf dem umgebenden Metall herumgeschabt hatte, rutschte der Schlüssel endlich hinein, und der Motor heulte auf. Mit einem Jubelschrei trat Lou aufs Gaspedal. Dann fiel ihm plötzlich ein, dass er nach vorn schauen musste – und ihm entfuhr ein Schreckensschrei. Vor der Kühlerhaube stand Gabe, vollkommen regungslos.
    »Herr des Himmels!«, brüllte Lou, nahm den Fuß vom Gaspedal und schlug mit seiner lädierten rechten Hand gegen die Windschutzscheibe. »Sind Sie denn verrückt? Sie hätten sich umbringen können!«
    Dann verschwamm Gabes Gesicht auf einmal, und Lou hätte seinen Kopf verwettet, dass er lächelte. Er hörte ein Klopfen, fuhr zusammen, und als er aufblickte, sah er Gabe durchs Fahrerfenster hereinschauen. Der Motor lief noch, und Lou öffnete das Fenster vorsichtig einen Schlitz.
    »Hi.«
    »Hi, Gabe«, antwortete Lou schläfrig.
    »Wollen Sie nicht lieber den Motor abstellen, Lou?«
    »Nein. Nein, ich fahre jetzt nach Hause.«
    »Sie werden aber nicht weit kommen, wenn Sie weiter im Leerlauf bleiben. Und ich glaube auch nicht, dass es eine gute Idee ist heimzufahren. Warum steigen Sie nicht aus und nehmen sich ein Taxi?«
    »Ich kann den Porsche doch nicht hier stehen lassen, sonst klaut ihn irgendein Irrer. Irgendein Spinner. Irgendein obdachloser Penner.« Er fing an zu lachen, und es klang reichlich hysterisch. »Ach, ich weiß was. Sie könnten mich doch nach Hause fahren, ja?«
    »Nein, nein, ich glaube, das wäre auch keine gute Idee, Lou. Steigen Sie aus, dann suchen wir ein Taxi

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