Zeit der Eisblueten
aufzureißen.
»Hast du ihn absichtlich angezogen? Hattest du das hier geplant?«
»Ja … Aber ich trage immer schöne Unterwäsche, um mich selbst daran zu erinnern, dass ich eine Frau bin.«
Wenn der Slip nicht so auffällig präsent gewesen wäre, hätte er ihn ihr möglicherweise gestohlen. Aber sie würde es merken und denken, er wolle sich eine Trophäe sichern. Und damit hätte sie nicht ganz falsch gelegen. Hier zu sein, in diesem Bett mit dieser schönen und exotischen Frau, war für ihn der Höhepunkt des Jahres. Ein unvergesslicher Augenblick.
Er ließ den Blick über ihren blassen Körper streifen, dessen Einzelheiten durch die langsam hereinbrechende Dunkelheit verwischt wurden. Ihr kleines schwarzes Dreieck war genau so, wie er es sich in seinen erotischen Fantasien vorgestellt hatte. Er küsste es, rieb mit der Nase über die raue Krause ihres Schamhaars und roch sie. Er war bereits gefährlich nahe daran zu kommen, aber er hielt sich zurück und versuchte, an kalte Dinge zu denken, an schwierige Dinge. Sie küssten sich und lagen lange Seite an Seite, eng aneinandergepresst. Plötzlich lachte sie, ein Laut purer Freude, und das brachte ihn ebenfalls zum Lachen.
Er wollte ein wenig mit ihr sprechen, ihre Stimme hören und sie sich genauer ansehen, aber sie glitt an seinem Körper nach unten. Die Empfindung, als ihr Mund ihn umschloss, war überwältigend, doch innerhalb von Sekunden schrak er zurück. Da er diese Frau so sehr begehrte, konnte er seiner Selbstbeherrschung nicht vertrauen, und er wollte nicht auf diese Weise in sie eindringen und sich achtlos verlieren. Er entzog sich ihr und legte sie auf den Rücken, damit er ihr Vergnügen bereiten konnte.
Die zarten Falten unter dem schwarzen Dreieck waren jungfräulich, kindlich. Einen Moment lang war er besorgt und musste sich in Erinnerung rufen, dass sie ihn ebenfalls wollte, dass sie eine Frau war und das Mündigkeitsalter schon lange überschritten hatte. Dennoch brachte seine Aufmerksamkeit sie zum Weinen.
»Möchtest du das nicht?«, flüsterte er alarmiert.
»Doch, es ist wunderbar. Hör nicht auf.«
Sie hatte Gründe zu weinen – Trauer, Einsamkeit, Frustration. Hier war Liebe, selbst wenn sie nur ein paar kurze Stunden andauerte und ihr dann grausam entrissen wurde. Morgen würde er abreisen. Auch er mochte nicht daran denken – grauenvoll. Dann gewann seine Lust die Oberhand, und er hörte auf zu denken. Er stützte sich hoch und schwebte über ihr, leckte an den Tränen, die ihr über das Gesicht gelaufen waren.
»Kann ich? Bist du geschützt?«
Sie nickte. »Es ist eine sichere Zeit.«
Aber er wusste, dass es so etwas wie eine absolut sichere Zeit nicht gab, und warum sollte sie verhüten? Weshalb, hier draußen, ohne Mann? Also zog er sich von ihr zurück, sprang auf und durchsuchte in fliegender Hast seine Kleidung nach seiner Brieftasche mit den zerknitterten Kondom-Päckchen, die er so viele Monate mit sich herumgetragen hatte.
»Das heißt nicht, dass ich …«, begann er, als er sich das hässliche Gummi überschob.
»Es ist gut. Alles ist gut«, versicherte sie ihm.
Ihre Enge tat ihnen beiden weh. Sie zuckte zusammen. Er flüsterte Entschuldigungen und begann, sich zurückzuziehen, aber sie packte sein Gesäß mit beiden Händen, um ihn zu behalten, wo er war. Und bald bat sie ihn, sich zu bewegen, zu stoßen. Als ihr Höhepunkt kam, ließ er sich fallen und erlöste sich mit einer Gewalt, die ihn Sterne hinter seinen Augen sehen ließ.
Dafydd ging zu dem Haus seines Gastgebers zurück. Der Himmel war inzwischen schwarz geworden, aber die Nacht war erleuchtet. Der Anblick der Milliarden gleißender Sterne ließ ihn staunend stehen bleiben. Die schiere Größe und der Glanz des Universums waren etwas, das er noch nie wirklich erfahren hatte. Das Licht würde nun täglich zunehmen, und die schwindende Dunkelheit würde rasch dem arktischen Sommer weichen, in dem man keine Sterne sah.
Lächelnd und summend schritt er den Pfad entlang. Der Dampf, den er beim Ausatmen in die kalte Luft entließ, glich Thors mächtigem Atem, der die Stürme und die Wolken und den Donner zum Leben erweckte. Er fühlte sich stark, voller Kraft und Energie, wie ein zum Mann werdender Junge. Stolz, erfüllt, zuversichtlich, heißblütig. Er lachte laut über sich selbst. Verdammt noch mal, er war wahnsinnig verliebt, verrückt vor Verlangen und völlig albern. Aber er spürte auch Frieden, einen milden Glanz, der sich sanft in ihm
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