Zeit der Eisblueten
meine Öffnungen waren am nächsten Tag wund wie die Hölle. Sogar meine Kehle war aufgescheuert. Und ich hatte eine Migräne wie noch nie in meinem Leben. Was war das für ein Zeug? Ich dachte, ich würde mich in der Pharmakologie auskennen, mit den unterschiedlichen Vergewaltigungsdrogen, aber das Zeug … Ich habe das meiste von dem, was geschah, mitbekommen und mich anschließend daran erinnert, aber ich hatte keine Kraft, dir Widerstand zu leisten.«
Dafydd starrte sie an. Zunächst hatte er sie wegen ihrer gelassenen Ausführung fast bewundert – wie sie über die angebliche Vergewaltigung berichtete, als beschreibe sie eine Teeparty. Dann schauderte es ihn unwillkürlich, und ihm wurde übel. Das Bild, das sie gemalt hatte, war so lebendig, ihr Tatsachenbericht so erschreckend ungekünstelt, dass jeder, der ihn hörte, ihr glauben würde.
»Mein Gott, Weib«, stöhnte er, »du hast ein unglaubliches Talent. Diese ›Geschichte‹, wie du es nennst, war sehr realistisch.«
»Als ich später darüber nachdachte, hatte ich den Eindruck, dass du selbst auch irgendwas genommen haben musst. Das ist vielleicht der Grund, warum du dich an nichts erinnerst. Deine Ausdauer war erstaunlich. Du hast einfach weiter und weiter gemacht. Ich glaube nicht, dass ich je … so durchgerammelt worden bin.«
»Und du glaubst, dich zu erinnern, dass es sich dabei um mich gehandelt hat – so vollgepumpt mit Drogen, wie du warst.«
»Das Verrückte ist«, fuhr sie unbeirrt fort, »dass ich, obwohl ich dich wirklich nicht sonderlich mochte, möglicherweise mit dir ins Bett gegangen wäre, wenn du mich nur nett darum gebeten hättest. Du warst in der Tat ein leckerer kleiner Happen, wenn auch ohne jede Bedeutung. Aber, mein Lieber, du hast es von Grund auf vermasselt. Es war einfach unglaublich, dass du mir danach die Abtreibung verweigert hast.« Sie schüttelte den Kopf. »Wie du das jetzt bereuen musst.«
Ja, sie hatte recht. Er hätte in dem einen Fall seine Prinzipien beiseiteschieben sollen, dann würde er sich jetzt möglicherweise nicht in dieser bizarren Situation befinden. »Das ist etwas, das ich nie begriffen habe«, wechselte er das Thema. »Wenn du tatsächlich keine Kinder wolltest, warum hast du dich dann nicht bemüht, die Abtreibung woanders machen zu lassen? Das war doch ohne weiteres möglich.«
Sheila wurde zornig. »Du hast Nerven, mich das zu fragen. Du hast ja keine Vorstellung davon, was ich durchgemacht habe.« Sie erhob sich mit einiger Mühe aus dem Lehnstuhl. Durch die liegende Position fühlte sie sich im Nachteil. Mit geballten Fäusten blieb sie einen Moment stehen und trat dann ans Fenster. Die hellen Lichter des brodelnden Stadtzentrums und der Lärm der Autos und Menschen drangen deutlich und grob durch die Dreifachfenster. Sie blickte auf die Straße hinab und sprach mit dem Rücken zu ihm.
»Warum reden wir eigentlich darüber? Das geht dich überhaupt nichts an.«
»Gut. Aber ich glaube, dass du darauf spekuliert hast, den großen Kerl, Randy Soundso, zu heiraten. Und du hast zu spät herausgefunden, dass er eine Vasektomie hatte machen lassen.«
Sie lachte, als sei die Vorstellung völlig absurd. Dann kam sie vom Fenster zurück, setzte sich auf die Kante des Lehnstuhls und rückte viel zu dicht an ihn heran. »Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst.«
Dafydd hakte nach. »Und was war mit einer Adoption? Ich meine, war das keine Möglichkeit, wo du derart angewidert von der Vorstellung warst, ein Kind zu bekommen?«
Irgendeine Emotion huschte über ihr Gesicht. Fast hatte es den Anschein, als fühle sie sich verletzt. Vielleicht liebte sie ihre Kinder wirklich, obwohl sie von allen Frauen, die er kannte, die am wenigsten mütterliche war. Aber die meisten Mütter liebten schließlich ihre Kinder.
»Ich bin nicht bereit, derartige Fragen zu beantworten«, konterte sie kalt. »Lass uns zum Thema Unterhaltszahlungen zurückkehren.«
»Gut.«
»Du willst doch, dass sie all die Dinge bekommen, die ihnen ihre Eltern bieten können, oder?« Sie bemühte sich, ihre Stimme freundlicher klingen zu lassen, und richtete ihre großen Augen auf ihn. »Immerhin sind es deine einzigen Kinder … unsere einzigen Kinder.«
»Wie kommst du darauf, dass sie meine einzigen Kinder sind?«
»Oh, du kannst mir glauben, dass ich eine Menge über dich weiß. Ich habe mehr als einmal mit deiner Frau gesprochen. Sie war so freundlich, mich über ein paar Dinge zu informieren … und ich habe ihr gegenüber
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