Zeit der Finsternis
ich tonlos. Die Erinnerungen an meinen Aufenthalt dort, versetzten mir einen Stich in die Magengegend.
"Dann hat sie es wahrscheinlich irgendwo im Umkreis versteckt. Das Problem ist, dass uns langsam die Zeit davon läuft. Ich würde vorschlagen, wir fliegen wie geplant zurück nach New York und machen uns an die Arbeit." Max sah Olivia fragend an.
Sie erwiderte entschlossen seinen Blick. "Okay, ich komme mit euch. Aber ich helfe euch lediglich, weil ich den Tod meiner Mutter rächen will! Dieser Damian soll dafür büßen und ich werde nicht eher ruhen, bis er tot ist!" Trotz ihres Zugeständnisses hatte sie ihre abweisende Körperhaltung noch nicht aufgegeben. "Außerdem verlange ich, jede Einzelheit zu erfahren!"
Max nickte. "Natürlich. Wir sind dir wirklich zu außerordentlich großem Dank verpflichtet."
"Ja", stimmte ich ein. "Max hat recht! Danke - ohne deine Hilfe hätten wir keine Chance!" Ich hoffte, sie würde die Aufrichtigkeit in meiner Stimme bemerken. Denn in der Minute, als sie sich dazu entschlossen hatte, uns im Kampf gegen Damian zu unterstützen, durchfuhr mich ein Gefühlssturm der Erleichterung. Doch ich hielt mich zurück uns stieß Dorian mit dem Ellenbogen an. Er zuckte zusammen, trat dann aber einen Schritt nach vorne und blickte sie unsicher an. "Ja...ähm...danke...dass du uns hilfst.", murmelte er.
Olivias Miene entspannte sich etwas und sie grinste plötzlich spöttisch. "Ich hätte gar nicht gedacht, dass man mit einigen eurer Spezies wohl tatsächlich ein zivilisiertes Gespräch führen kann."
"Ist schon gut! Wir kennen deinen Standpunkt jetzt. Du hasst unsere Art. Damit komme ich klar, wir müssen keine Freunde werden, aber vergiss nicht, dass wir zumindest ein gemeinsames Ziel verfolgen!", erwiderte ich und hatte Mühe, mich zu beherrschen. Melissas Tochter brachte mich mit ihrer herablassenden Art fast zur Weißglut. Trotzdem versuchte ich, sachlich zu bleiben und unseren Plan nicht aus den Augen zu verlieren.
Sie biss sich auf die Lippen und nickte entschuldigend. Offenbar wurde ihr langsam klar, dass sie mit ihrer letzten Äußerung übers Ziel hinausgeschossen war.
***
Nachdem wir Olivia noch zu sich nach Hause begleitet hatten, wo sie schnell ein paar Sachen zusammenpackte - unter anderem jede Menge Hexenkram für verschiedene Rituale, befanden wir uns vier Stunden später auf dem Rückflug nach New York.
Max hatte Valentina und Caroline schon verständigt und sie auf den neuesten Stand gebracht. Jedoch hatte er Val darum gebeten, Benjamin und Ava noch nicht einzuweihen. Olivia wollte sich selbst ein Bild von den beiden machen. Offenbar verfügte sie zusätzlich zu ihren Kräften über die Fähigkeit, durch die Fassade von Menschen, anderen Hexen und Vampiren zu blicken. Somit wollte sie sicherstellen, dass so etwas, wie Andrews Verrat nicht noch einmal passieren würde.
Den ganzen Flug über dachte ich über die rätselhaften Worte von Melissa über den Verbleib ihres Grimoires nach. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was sie damit gemeint haben könnte.
Wo sich Leben und Tod begegnen und Engel durch die Aussicht auf unerreichbare Freiheit eisige Tränen weinen, verbirgt sich die Antwort auf alles.
Wo sich Leben und Tod begegnen....
, ich sagte mir den Satz immer und immer wieder vor.
In einem Krankenhaus!
, schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Ein Krankenhaus war unter anderem ein Ort, in dem sich Leben und Tod ständig begegneten. Aber warum sollte sie dort das Buch verstecken?
Das erschien mir dann doch zu unlogisch.
Leben und Tod
, die Worte hallten in meinen Gedanken wieder und auf einmal breitete sich eine neue Idee in meinem Kopf aus.
Ein Friedhof! Lebende besuchten ihre Toten auf dem Friedhof, einem Ort an dem sich das Leben und der Tod begegneten. Mehr noch, als irgendwo anders auf der Welt.
Das musste es sein!
Aber was hatten die Engel damit zu tun?
Eisige Tränen...Kälte...gefrorenes Tauwasser...Winter!
Plötzlich schien sich die Antwort wie von selbst in meinem Kopf zu formen. Ein Friedhof im Winter - natürlich! Sie hatte es erst vor kurzem dort versteckt. Aber auf welchem Friedhof? Allein im Umkreis von Michigan fielen mir auf Anhieb sechs Totenäcker ein.
Aber - war sie wirklich das Risiko eingegangen, das Grimoire so nah an Damians Versteck zu deponieren, oder dachte ich in die völlig falsche Richtung? Irgendwo in ihren Worten musste sich doch auch der Hinweis auf die Gegend verbergen.
Wieder zerpflückte ich den Satz in
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