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Zeit der Finsternis

Zeit der Finsternis

Titel: Zeit der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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seine Einzelteile, bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel und ich mir sicher war, auf die Lösung gestoßen zu sein.
    ...durch die Aussicht auf unerreichbare Freiheit...

Mir fiel ein Ort ein, den ich seit einer Ewigkeit nicht mehr betreten hatte. Ich lebte früher, lange bevor ich Tamara das erste Mal getroffen hatte, eine Zeit lang in New York. Wenn mich meine selbst gewählte Einsamkeit mal wieder fast verzweifeln ließ, gab es einen Platz, an den ich mich zurückzog und stundenlang die Aussicht, die sich mir dort bot, auf mich wirken ließ.
Es handelte sich um den
    Greenwood Cemetry
in Brooklyn. Der Platz, auf dem ich so oft gesessen hatte, befand sich auf einem kleinen Hügel, gesäumt von zahlreichen Steinengeln und hatte einen atemberaubenden Ausblick auf die Freiheitsstatue.
Als ich mich der Erinnerung hingab, festigte sich die Lösung mehr und mehr in meinem Gehirn und ich war mir sicher, dass sich das Grimoire dort befinden musste.

Vorsichtig schielte ich zu Olivia, die neben Max saß und in ein Buch über Hexerei vertieft war. Zumindest machte es den Anschein - denn eigentlich grübelte auch sie angestrengt über das Rätsel ihrer Mutter nach. Das erkannte ich daran, wie sie gedankenverloren auf ihrer Unterlippe kaute.
Natürlich war ich versucht, mich abzuschnallen, hinüber zu Max und Dorian zu eilen und ihnen zu erzählen, was mir gerade durch den Kopf gegangen war.
Doch ich blieb auf einem Platz sitzen und ließ meinen Blick auf Olivia ruhen. Die Art und Weise, wie sie mit uns sprach und über uns dachte, hielt mich zurück. Seit Andrew, dem wir alle blind vertraut hatten, uns bei Damian ans Messer geliefert hatte, war ich misstrauisch geworden. Wer konnte uns schon garantieren, dass Olivia uns wirklich helfen wollte. Für sie zählte in erster Linie nur, das Hexenbuch ihrer Mutter zu finden. Weil sie eine Hexe war, konnte ich dummerweise nicht in ihre Gedanken eindringen um zu sehen, ob sie tatsächlich die Wahrheit sprach.
Deshalb beschloss ich, meine Erkenntnis vorerst für mich zu behalten, bis wir zurück in der Agency waren. Schließlich galt es vorher auch erst zu prüfen, ob Benjamin und Ava nach Andrews Verrat überhaupt noch dasselbe Ziel wie wir verfolgten.

Also lehnte ich mich in meinem Sitz zurück, steckte mir Kopfhörer in die Ohren und lauschte den Klängen der Musik, aus meinem MP3-Player. Es gelang mir leider nicht, meine sich überschlagenden Gedanken damit zu beruhigen, aber zumindest gab ich nach außen hin ein normales und ruhiges Bild ab. Olivia wusste ja zum Glück nicht, wie sehr es unter meiner Fassade brodelte.

    ***

Sechs Stunden später warteten wir auf Olivias Koffer, der sich nach einer halben Ewigkeit endlich auf dem träge rotierenden Rollband liegend, in unsere Richtung bewegte.
Max griff ihn sich mit einer schnellen Bewegung und zog ihn, trotz seines ernormen Gewichts (normalerweise hätten wir einen horrenden Aufpreis für Übergepäck zahlen müssen) mühelos hinter sich her, während wir mit schnellen Schritten Richtung Ausgang liefen.
Die Fahrt zur Agency verlief relativ schweigsam. Ich saß mit Olivia auf der Rückbank des Mercedes, der zu Benjamins Fuhrpark gehörte und vermied jeden längeren Blickkontakt mit ihr. Schließlich wusste ich ja nicht genau, was diese Hexe noch für Fähigkeiten hatte. Ich wollte nicht riskieren, dass sie mir auf die Schliche kam.

Unmerklich atmete ich auf, als das Gebäude, in dem Valentina und Caroline uns wahrscheinlich schon ungeduldig erwarteten, vor uns auftauchte.
Max fuhr geradewegs in die Tiefgarage, half Dorian und mir beim Ausladen des Gepäcks und sah uns dann an. "Wir treffen uns im vierzehnten Stock mit Caroline und Val, bevor wir Benjamin und Ava dazuholen.", erklärte er und warf Olivia einen prüfenden Blick zu. Er musterte sie, als wolle er herausfinden, ob sie immer noch überzeugt davon war, sich uns anzuschließen. Statt zu antworten nickte sie nur, atmete tief durch und folgte Max in den Fahrstuhl, der sie in unsere Welt bringen würde. Eine Existenz, die sie abgrundtief verabscheute und von der sie sich noch vor ein paar Stunden sicher war, dass sie diese niemals betreten würde.
So schnell konnten sich die Dinge ändern.
Nachdem wir Olivias Koffer in Carolines Zimmer verstaut hatten, fuhren wir alle zusammen zwei Stockwerke nach oben, um Ava und Benjamin mit der neuen Situation zu konfrontieren.

Ava blickte irritiert von ihrem Schreibtisch auf, auf dem sich seit Andrews Tod die Akten abtrünniger

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