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Zeit der Gespenster

Zeit der Gespenster

Titel: Zeit der Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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zog ein Foto weg, das mit einem Magneten an der Kühlschranktür haftete. Dann trat er beiseite und öffnete den Kühlschrank.
    »Was hast du denn da?«, fragte Shelby und zeigte auf das Foto in seiner Hand.
    »Nichts.«
    »Nichts im Sinne von einer Verflossenen?« Blitzschnell nahm sie ihm das Foto aus der Hand – und schrie auf.
    »Ich hoffe, das ist keine Verflossene«, sagte Shelby kleinlaut.
    Eli blickte auf das Foto von Cecelia Pike unter dem Vordach des Eishauses. Ihr Gesicht war auberginenfarben, die Zunge hing heraus, die Augen waren blutunterlaufen und quollen hervor. »Tut mir leid«, murmelte Eli. »Ich hätte dich warnen sollen.«
    »Du lieber Himmel, Eli, wieso steckst du dir solche grausigen Fotos überhaupt an den Kühlschrank?«
    »Als Erinnerung. Das mach ich immer, wenn ich an einem Fall arbeite.«
    Ethan kam hereingefegt. »He, weißt du was, Eli hat eine neue Playstation!«
    »Viel Spaß damit«, sagte Eli, und schon war Ethan wieder verschwunden.
    Shelby hatte angefangen, Pilze zu schneiden. Eli setzte sich und beobachtete, wie sich die Muskeln unter ihrem T-Shirt bewegten, während sie arbeitete. »Sieht man wirklich so aus, wenn man sich aufgehängt hat?«
    »Ja.«
    »Dann kann ich ja wohl von Glück sagen, dass Ross sich für die blutige Variante entschieden hatte.« Sie blickte kurz hoch.
    »Die erste Regel im Morddezernat lautet: Der Tod ist nicht schön. Niemals .«
    Er sah, wie ihre Hand über dem Schneidebrett verharrte. »Shelby …«
    »Wieso sagt man eigentlich: ›Für dies oder jenes könnte ich sterben ‹?«
    »Wahrscheinlich weil es der höchste Preis ist, den man bezahlen kann.«
    Shelby begann eine Salatsauce anzurühren. »Stimmt ja auch. Und ich wäre bereit, ihn zu bezahlen, damit mein Sohn am Leben bleibt.«
    Da er nicht wusste, was er sagen sollte, betrachtete Eli das Foto, das jetzt auf der Arbeitsplatte lag. Cecelia Pike war ermordet worden, und ihr Kind war verschont geblieben. Aber wenn es Mord war, wer war dann der Mörder? Den Beweisen nach war es nicht Gray Wolf, seinem Instinkt nach war es nicht Spencer Pike. Und Ruby Weber hätte, selbst wenn sie in der fraglichen Nacht dort gewesen war, doch nicht die Körperkraft gehabt, um Cissy mit der Schlinge um den Hals an dem Seil hochzuziehen. Dennoch war auf dem Foto deutlich eine Schleifspur im nassen Sägemehl zu erkennen.
    Er hoffte inständig, dass Ross, wenn er wiederkam, die fehlenden Puzzleteilchen mitbrachte.
    »Koste mal«, sagte Shelby, und bevor er sich aus seinen Gedanken reißen konnte, drückte sie ihren Mund auf seinen.
    Außer der Süße schmeckte er etwas Bitteres. Scharfes. Öliges.
    Sie wich zurück. »Moment, nicht sagen. Französisch ist dir lieber.«
    »Ich mag am liebsten gar kein Dressing«, sagte Eli.
    »Tatsächlich? Ich hätte nicht gedacht, dass du ein Salatpurist bist.«
    Eli lächelte. Er zog sie an sich, sodass das Foto auf den Küchenboden schwebte, vergessen. »Ging’s um Salat?«

    Es war Temezôwas , die Zeit des Schnittermondes, und Az war entsprechend nervös. Eine Jahreszeit, in der Dinge ein Ende fanden … und noch dazu war Vollmond – nicht gerade die beste Zeit, um Sprengladungen im Steinbruch auszulegen. Auch wenn die Sprengungen erst am nächsten Morgen um fünf stattfinden sollten, wenn kein Mensch da sein würde. Az, der am Rand des Steinbruchs patrouillierte, wusste, dass irgendwann etwas schiefgehen würde.
    Der Himmel war unruhig heute Nacht, rosafarbene Finger reckten sich zwischen die Sterne wie eine Dämmerung, die es nicht mehr erwarten konnte. Und es war warm – so warm, dass man förmlich hörte, wie die Löwenzahnknospen aufplatzten. Az bog an der Nordkante des Steinbruchs ab, wo die meisten Sprengladungen in den gebohrten Löchern im Felsen steckten. Da unten befanden sich Beutel mit Ammoniumnitrat, Dynamitstangen, Zündkapseln und Zündschnüre. Computergesteuerte Verzögerer würden die Sprengungen der Reihe nach auslösen, bis rund acht Tonnen Felsen bewegt worden waren. Das Ganze geschah in zwei Schritten – die eine Hälfte des Steinbruchs würde morgen gesprengt werden, die andere in ein paar Tagen. Und dann würden die Arbeiter kommen und den Granit für den Verkauf abbauen. Az hatte von Geröll, von Rauch, von Geschwüren und Narben geträumt; Armageddon auf Schalterdruck. Er hatte sogar seinen Boss bekniet, eine Woche zu warten, aber der jüngere Mann hatte nur gelacht. »Kümmere du dich um deine Nachtwache, Häuptling«, hatte er gesagt, »und

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