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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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getrost ihre albernen Spielchen spielen, solange sie ihre schmierigen Finger von ihr ließen.
    Ihre stille Hoffnung, ihre Brüder könnten sie belogen haben und doch in die Fußstapfen ihres Vaters getreten sein, war mit Sicherheit vergeblich. Die Vorstellung, wie ihre Brüder sie erkennen und heldenhaft vor ihrem endgültigen Untergang retten würden wie im Märchen, war zu schön, um wahr zu sein. Nein. Benedick und Charles waren glücklich verheiratet, und Brandon, der Tugendbold, wäre entsetzt über die Umtriebe dieser verdorbenen Bande.
    Sie musste sich selbst helfen. Sie konnte sich zur Wehr setzen, sie konnte fliehen oder Lucien den Dolch zwischen die Rippen jagen. Diese Möglichkeit erschien ihr am reizvollsten, allerdings zweifelte sie daran, ob sie den Mut zu einer Bluttat aufbringen würde. Er war zwar ein widerwärtiger, niederträchtiger, hundsgemeiner Schuft, aber …
    Was aber? Wollte sie ihm nicht wehtun? Oh doch, sie wollte ihm liebend gern den Schädel einschlagen. Oder lag ihr etwas an ihm? Wohl kaum. Wie könnte ihr etwas an einem Mann liegen, der tückische Rachepläne schmiedete wie ein Schurke aus einem Drama von Shakespeare. Hatte sie Mitleid mit ihm? Nicht die Spur. Er war viel zu selbstherrlich, um Mitleid zu verdienen.
    Weil er ihre Lüsternheit weckte? Wenn sie wirklich ehrlich mit sich wäre, würde sie die Frage bejahen, aber sie kämpfte dagegen an, bekämpfte ihre eigene Schwäche. Zugegeben, er verstand es glänzend, eine Frau zum Erbeben und zum Schmelzen zu bringen. Aber das waren nur üble Tricks, das durfte sie nie vergessen.
    Allerdings hatte er sie lange und zärtlich in den Armen gehalten, als sie geweint hatte. Und sie dachte an den Ausdruck seiner Augen, wenn er sich unbeobachtet fühlte … wie angeregt und harmonisch sie miteinander geplaudert hatten, bevor er ihr den Krieg erklärt hatte.
    Wenn er nur kein so arroganter, anmaßender Mistkerl wäre, könnte sie sogar etwas für ihn empfinden. Dann hätte sie nicht den Wunsch, seinen blutigen Kopf auf einem Silbertablett liegen zu sehen.
    Sie war viel zu klug, um sich in einen Mann zu verlieben, der es nur darauf angelegt hatte, seinen Rachedurst an ihrer Familie zu stillen und sie lediglich als Waffe in seinem schmutzigen Kampf benutzte. Sie war zu klug, um einen Mann zu lieben, der ihre Liebe nicht erwiderte, auch wenn sie gelegentlich seinem magischen Bann erlag.
    Dafür war sie sich weiß Gott zu schade.

25. Kapitel
    E s hatte zu regnen begonnen, doch Lucien weigerte sich, zu seiner Braut in die Kutsche zu steigen und trotzte Wind und Nässe. Er war nicht besonders glücklich mit sich, doch daran war er gewöhnt. Glücksempfinden war ihm fremd und außerdem zu flüchtig, um sich damit zu befassen. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er sich je glücklich gefühlt hatte.
    Seine Mutter war im Kindbett gestorben und hatte Luciens neugeborenes Brüderchen mit in den Tod genommen. Sein Vater, der nichts hatte außer Schulden und eine fatale Neigung zum Glücksspiel, hatte sich gezwungen gesehen, England zu verlassen und sich auf den letzten Besitz der Familie, eine Plantage in der Neuen Welt, zurückzuziehen. Seinen damals vierjährigen Sohn hatte er mitgenommen.
    Auf Jamaika heiratete er ein zweites Mal, eine englische Emigrantin, aus keinem anderen Grund als dem, an ihr spärliches Vermögen zu gelangen und seinem vernachlässigten Sohn eine Mutter zu geben.
    Lucien erinnerte sich, zu dieser Zeit wenigstens die Hoffnung auf ein glückliches Leben genährt zu haben. Cecily war anfangs gut zu ihm gewesen und hatte ihm seine Schwester Genevieve geschenkt, bevor sein Vater an der Cholera gestorben war.
    Irgendwie schien er als Knabe ihre Schwermut gespürt zu haben, was ihn davon abgehalten hatte, sein kindliches Herz ihr, der einzigen Mutter, die er gekannt hatte, zu öffnen. Und es dauerte nicht lange, bevor ihr Geist sich vollends umnachtet hatte und sie zur Tobsüchtigen machte, bis sie sich schließlich das Leben genommen hatte.
    Lucien war mehr vertraut mit beständigen Gefühlen wie dem Verlangen nach Gerechtigkeit und Vergeltung. Glück hielt er für eine Illusion.
    Wobei er nicht leugnen konnte, dass er in Miranda Rohans Gegenwart gelegentlich das Gefühl hatte, für flüchtige Augenblicke eine Ahnung zu verspüren, was Glück bedeuten könnte.
    Wieso zum Teufel war er nur auf die Idee verfallen, sie zu heiraten? So etwas konnte nur einem Weichling in den Sinn kommen, wogegen er sich strikt verwahrte.

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