Zeit der Hingabe
Schluck Wein. „Es ist keine Trauung im üblichen Sinn. Der Satanische Bund ist ein Kreis aufgeklärter, gebildeter Zeitgenossen, die an der Existenz Gottes und seines Widersachers zweifeln. Unsere Vermählung wird eher der Verehrung des Letzteren dienen, sofern er denn existiert. Eine Trauung vor einem Priester können wir nachholen, wenn wir wieder in Pawlfrey House sind.“
Miranda stand eine Weile reglos. „Interessant“, sagte sie sinnend. „Eine satanische Hochzeit. Wie originell! Welche Braut kann schon davon berichten, dass ihre Trauung vor Gott und dem Teufel vollzogen wurde.“
Lucien stellte sein Glas geräuschvoll ab. „Eine Trauung, in der du deinem Gemahl nicht Treue und Gehorsam bis zum Tod schwörst, sondern dich freizügig zeigst … für jeden, der dir die Beine spreizt“, erklärte er absichtlich grausam derb.
Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper, verflucht noch mal. „Faszinierend“, sagte sie ein wenig beklommen. „Und wird von mir erwartet, dieses Gelöbnis anschließend einzuhalten?“
„Bisher wurde es so gehandhabt“, log er dreist, da im Satanischen Bund nie zuvor eine Hochzeit gefeiert worden war.
„Wusstest du, dass mein Vater und Großvater früher dem Satanischen Bund angehörten?“, murmelte sie und nestelte an dem hauchdünnen Kleid, das sie tragen sollte.
„Aber ja. Deshalb finde ich ja die Ironie dieser Situation so reizvoll.“
Sie hob den Blick mit diesem Lächeln, das ihn so sehr in Rage brachte, dass er am liebsten sein Glas zerschmettert hätte. Dieses Lächeln, mit dem sie ihm zu verstehen gab, du kannst mich nicht verletzen, was immer du mir auch antust . „Aha“, sagte sie grüblerisch. „Nun, ich sehe den Dingen, die mich erwarten, voller Spannung entgegen. Es wird eine lehrreiche Erfahrung für mich sein, andere Männer mit dir zu vergleichen. Einem bedauernswerten Wicht wie Christopher St. John bist du selbstredend weit überlegen. Allerdings frage ich mich, ob du nicht ein sonderbarer Auswuchs der Natur bist. Mit Sicherheit sind andere Männer nicht so unnatürlich gebaut wie du.“
Zum ersten Mal seit Tagen war ihm nach Lachen zumute. Seine entzückende Verlobte war nach wie vor zu harmlos, um zu erkennen, dass diese Bemerkung keineswegs dazu angetan war, einen Mann zu kränken.
„Ich bin sehr daran interessiert, deine Meinung über andere Herren zu erfahren.“
Miranda trat an den Tisch, goss sich ein Glas Wein ein und leerte es auf einen Zug. „Wann werden wir erwartet?“
„Jederzeit.“
„Gut. Geduldest du dich eine Weile und bist so freundlich, nach dem Mädchen zu klingeln?“
Eigentlich hatte er vorgehabt, ihr dabei zuzusehen, wie sie sich entkleidete und das durchsichtige griechische Gewand überstreifte. Allerdings hatte er nicht vergessen, wie sie Christopher St. John losgeworden war. Es standen zwar keine Wasserkrüge herum, aber eine Weinflasche könnte ihr gegebenenfalls als Waffe dienen.
Träge erhob er sich aus dem Sessel, in der Hoffnung, im flackernden Schein des Kaminfeuers auszusehen wie der wahre Teufel. „Sehr wohl, meine Teuerste. Wünscht du vielleicht ein erfrischendes Bad?“
Sie sah ihn mit einer hochgezogenen Braue an. „Nach den Festlichkeiten sehne ich mich mit Sicherheit nach einem reinigenden Bad“, antwortete sie gedehnt. „Jetzt wird ein Bad meine Nerven beruhigen.“
„Bist du etwa nervös, Liebste?“
„Jede Braut ist nervös, mein Schatz.“ Ihre Stimme klang ein wenig schrill. „Und ich will deine Freunde doch nicht enttäuschen“, fügte sie gurrend hinzu.
Lucien verkrampfte sich innerlich, fasste sich aber augenblicklich wieder. „Ich kümmere mich darum.“ Und mit einer höflichen Verneigung zog er sich zurück.
Nachdem die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, wollte Miranda aufspringen und sich einschließen, aber die Türen in Bromfield Manor hatten keine Schlüssel. Sie musste sich der bitteren Wahrheit stellen: Ihm lag nicht das Geringste an ihr.
Die Flucht aus einem Fenster im zweiten Stock war ihr verwehrt. Es gab keinen Balkon, auch kein Spalier, an dem sie hinunterklettern könnte.
Sie könnte sich in den schwarzen Dominomantel hüllen und versuchen, sich heimlich aus dem Haus zu schleichen. Aber das Anwesen war von Moorland umgeben, in dem sie sich verirren und im Sumpf umkommen könnte. Und Miranda war zu pragmatisch, um einen qualvoll langsamen Tod ihrer Entehrung vorzuziehen.
Sie holte den Dolch hervor, den sie unter dem Kopfkissen versteckt hatte, und
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