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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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sich behutsam von ihr, öffnete leise den Wagenschlag und sprang in die kühle Nacht. Nach einer kurzen Unterredung mit Simmons, dem besten Fahrer von ganz London, wollte er ebenso leise wieder einsteigen. Aber sie blickte verschlafen zu ihm auf.
    Mein Gott, wie entzückend sie aussah. Sie strahlte eine süße unschuldige Erotik aus mit ihrem verträumten Blick, ihrem weichen Mund.
    „Was ist passiert?“, fragte sie blinzelnd und setzte sich auf.
    Er hatte gehofft, es ihr nicht sagen zu müssen. „Das linke Führpferd hat einen Huf verloren. Es ist nicht weit bis zur nächsten Poststation, aber es gibt eine kleine Verzögerung.“
    „Wie furchtbar. Was ist, wenn wir zu spät kommen?“, fragte sie besorgt.
    „Keine Sorge“, versuchte er sie zu beschwichtigen, als die Kutsche wieder anfuhr, diesmal im Schneckentempo. „Der Skorpion lässt die Dame seines Herzens nicht im Stich. Er kommt zur Vernunft und wird verhindern, dass ein anderer Hand an sie legt. Vertrauen Sie mir.“
    Sie wirkte keineswegs überzeugt. Als er sich wieder neben sie setzen wollte, hob sie abwehrend die Hand. „Sie müssen mich nicht trösten, Mr Donnelly. Ich bin kein Kind. Ich mache mir lediglich Sorgen um meine Freundin.“
    „Ich weiß, Mädchen. Und ich …“
    „Sie sollten mich Miss Pagett nennen.“ Ihre Stimme klang gepresst, und sie mied seinen Blick. „Und es ist mir einerlei, wenn sie darüber verärgert sind.“
    Er legte den Kopf seitlich. „Ich bin nicht verärgert, Miss Pagett“, widersprach er mit ironischem Nachdruck auf ihren Namen. „Nur verwundert. Habe ich Sie irgendwie gekränkt?“
    „Natürlich nicht“, antwortete sie wehmütig. Nur gut, dass sie im Dunkeln sein Gesicht nicht sehen konnte, auf dem sich ein Lächeln ausbreitete.
    Frauen waren merkwürdige Geschöpfe. Er hatte sich alle Mühe gegeben, sie nicht zu verängstigen, hatte lediglich unschuldig den Arm um ihre Schultern gelegt, während sie schlief. Schließlich kannte er die Regeln guten Benehmens, auch wenn er sich selten daran hielt. Obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte, als Miss Jane Pagett auf die schmale Bank zu legen und ihr unter die Röcke zu gehen, wusste er, dass so etwas verboten war. Genau so verboten, wie sich nachts in einer Herberge in ihre Kammer zu schleichen. Oder sie auf dem Teppich neben ihrem bewusstlosen Verlobten zu nehmen, auch wenn er all diese verlockenden Möglichkeiten kurz in Erwägung gezogen hatte.
    Er wusste ja nicht einmal, ob er sie je haben könnte. Sie war eine unbescholtene wohlerzogene junge Dame und verdiente einen ehrbaren Ehemann, allerdings nicht diesen selbstherrlichen Hohlkopf, der sie so schändlich beschimpft hatte. Falls Jacob sie mit dieser nächtlichen Fahrt nach Norden kompromittiert und ihren Ruf ruiniert hatte, gab es möglicherweise eine Chance für ihn.
    Wenn ihre Flucht allerdings geheim blieb und ihr Ruf keinen Schaden erlitt, musste er auf sie verzichten. Das Leben, das er ihr bieten konnte, war zu ungeordnet und unbeständig für eine Dame ihres Standes, wobei sie mehr Strapazen ertrug als er vermutet hätte. Er durfte ihr die Chancen auf ein ehrbares Leben nicht nehmen und ihre Jungfräulichkeit nicht antasten.
    Wenn dieser Bothwell allerdings recht behalten sollte, und ihr Ruf bereits ruiniert wäre, wollte Jacob sie mit Freuden nehmen und alles daran setzen, dass sie es niemals bereuen würde.
    Aber diese Überlegungen waren ohnehin sinnlos, denn aus irgendeinem Grund war sie wütend und würde ihn am liebsten zum Teufel wünschen.
    Ein fahler Streifen Mondschein erhellte ihr Gesicht, und er glaubte eine Tränenspur auf ihrer Wange glitzern zu sehen. „Was ist Ihnen, Mädchen?“, fragte er leise. „Machen Sie sich so große Sorgen um Ihre Freundin?“
    „Das können Sie sich doch denken“, antwortete sie mit tränenerstickter Stimme. „Wäre ich sonst hier mit Ihnen mitten in der Nacht …“
    Es reichte. Mit einem Satz saß er neben ihr und nahm sie in die Arme. Statt ihn wie befürchtet von sich zu stoßen, barg sie schluchzend ihr Gesicht an seiner Schulter. Er wiegte sie sanft und raunte tröstende Worte in ihr Haar, bis sie sich allmählich beruhigte.
    „Sie müssen das nicht tun“, murmelte sie in kindlichem Trotz.
    „Ein Mädchen in den Armen halten? Zugegeben, es kostet mich zwar einige Überwindung, aber ich schaffe es.“
    Er hörte ein ersticktes Kichern und fühlte sich ermutigt. Ihr Haar begann sich zu lösen, und er strich ihr sanft über Nacken und

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