Zeit der Hingabe
Schultern, massierte ihre verspannten Muskeln, bis sie wohlig schnurrte. Ein Schnurren, das seine Wirkung auf seinen Körper nicht verfehlte. Er verlagerte sein Gewicht, um sie seine Erregung nicht spüren zu lassen. Aber vermutlich würde sie gar nicht wissen, was sich da gegen ihre Hüfte drängte.
Er streichelte ihren schlanken Hals, sein Daumen streifte ihre zarte Kehle, spürte ihren klopfenden Puls. Er müsste nur den Kopf ein wenig neigen, seinen Mund auf ihre Lippen legen und sie küssen wie in jener längst vergangenen Nacht, voller Inbrunst und Leidenschaft, die zu so viel mehr führen könnte.
Aber dann würde er sie auf seinen Schoß ziehen, und wer könnte garantieren, dass er die Beherrschung nicht verlor, wenn sie nur die geringste Bereitschaft zeigte?
Und daran hatte er keinen Zweifel. Er kannte sich mit Frauen aus und wusste, dass Miss Pagett mehr als Zuneigung für ihn empfand. Sie war verliebt in ihn, und wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass sie ihn erhören würde, wollte er ihr ein guter Ehemann sein. Beggar’s Ken hatte er bereits Jem und Gracie überlassen, und er besaß genügend Geld, um ihr ein schönes Leben in Luxus zu bieten.
Aber wenn er sie jetzt nahm, wäre sie geschändet. Und das wollte er ihr nicht antun.
Also keine Küsse, so sehr er sich auch danach verzehrte. Er streichelte nur sanft ihren Hals und hielt sie züchtig im Arm wie ein Heiliger, der er nicht war und …
„Nehmen Sie Ihre Hände von mir!“, fauchte seine sanftmütige Auserwählte.
Das tat er natürlich nicht, drehte sie lediglich zu sich und schlug gleichzeitig die Beine übereinander, um seine verräterische Schwellung zu verbergen. „Es reicht, Janey. Sagen Sie mir, wieso Sie wütend auf mich sind.“
„Ich bin nicht …“ Er legte ihr einen Finger an den Mund und brachte sie zum Schweigen.
„Belügen Sie mich nicht, Schätzchen. Sie wollen mir am liebsten die Kehle durchschneiden, und ich will wissen wieso.“
„Ich … ich will nicht gern angefasst werden.“
Er feixte, und sein Gesicht war dem ihren so nah, dass sie es sehen musste. „Das ist nicht wahr. Sie schnurren wie ein Kätzchen, wenn ich Sie streichle.“
„Stimmt nicht. Und es gibt keinen Grund, dass … dass Sie Mitleid mit mir haben. Mir geht es gut. Sie müssen mich nicht im Arm halten wie ein Kind.“
Allmählich dämmerte ihm eine Erkenntnis. „Ich habe kein Mitleid mit Ihnen“, erklärte er sachlich. „Und ich halte sie nicht im Arm wie ein Kind.“
„Bitte nicht“, flüsterte sie unglücklich.
Er fragte sich, wieso er diesem lächerlichen Spiel kein Ende bereitete, war drauf und dran, sie in eine leidenschaftliche Umarmung zu ziehen, als der Wagen vor der Poststation anhielt.
Jacob sprang mit einem Satz aus der Kutsche im Wissen, dass er im nächsten Moment alles herausgesprudelt hätte, was er sich vorgenommen hatte, nicht zu sagen. Bis der richtige Moment gekommen wäre.
Er drehte sich um, wollte ihr die Hand reichen, aber sie war bereits ausgestiegen und drückte mit einem kleinen Klagelaut ihren schmerzenden Rücken durch.
„Wünscht die Dame einen Imbiss?“, fragte der Gastwirt.
Jane schüttelte den Kopf. „Nein danke, nur ein Bett“, antwortete sie matt und mied Jacobs Blick.
„Ich lasse das Gepäck auf Ihr Zimmer bringen, Miss Pagett“, sagte Jacob höflich.
„Was denn sonst“, entgegnete sie mürrisch und erklomm die enge Holzstiege.
Jacob blickte ihr verdutzt nach. Er musste sie tödlich beleidigt haben, ohne zu wissen, womit. Möglicherweise war ihr auch erst jetzt ihre Tollkühnheit bewusst geworden, mit einem Dieb durchzubrennen. Wie auch immer, er würde sie mit Sicherheit nicht danach fragen. Das würde alles nur noch schwieriger machen, und vermutlich wollte er ihre Antwort gar nicht hören.
Simmons warf ihm den Reisekorb zu, etwa in der gleichen Größe wie der, den er ihrem Verlobten gegen den Kopf gestoßen hatte, stellte Jacob in stiller Genugtuung fest, bevor er den Korb an der Stiege abstellte und es dem Wirt überließ, ihn hochzutragen.
„Ich versorge die Pferde, Jacob“, sagte Simmons. „Ein feuchter Umschlag und eine ruhige Nacht wird dem Gaul guttun. An der nächsten Poststation können wir morgen frische Pferde mieten, wenn du es immer noch so verdammt eilig hast.“
Jacob warf einen Blick zur Stiege. Miss Pagett war hinter einer Tür verschwunden, schloss ihn aus ihrem Leben aus, und er redete sich ein, erleichtert zu sein.
Dann wandte er sich an Simmons.
Weitere Kostenlose Bücher