Zeit der Hoffnung - Key of Knowledge (02 Key)
beständig. Sie arbeitete wie ein Tier, hatte zwei Jobs auf einmal, bis wir den Schuldenberg abgetragen hatten, den er uns hinterlassen hatte.«
Noch heute bekam er einen bitteren Geschmack im Mund, wenn er daran dachte. »Sie muss damals oft so müde gewesen sein, aber sie hatte stets Zeit für mich. Und das bedeutete nicht nur, dass ich zuverlässig etwas zu essen oder ein sauberes Hemd hatte, sondern sie nahm sich Zeit für mich.«
»Ich weiß. Sie war an allem, was du machtest, interessiert, ohne dir dabei ständig über die Schulter zu schauen. Ich habe oft so getan, als sei sie meine Mutter.«
Er schaute sie perflex an. »Ja?«
»Ja. Du hast doch wohl nicht geglaubt, dass ich als Kind so häufig bei euch zu Hause war, um dich und Flynn zu ärgern, oder? Ich war gerne bei ihr. Sie roch wie eine Mutter, und sie lachte so viel. Und wenn sie dich anschaute, dann lag so viel Liebe und Stolz in ihrem Blick. Ich wollte damals ebenfalls eine Mutter, die mich so anschaute.«
Es rührte ihn, dass sie das sagte, und der bittere Geschmack ließ nach. »Sie hat mich nie im Stich gelassen. Niemals. Nicht ein einziges Mal. Sie las alles, was ich schrieb, selbst als ich noch ein Kind war. Sie hob vieles auf und erzählte mir oft, dass die Leute eines Tages, wenn ich ein berühmter Schriftsteller wäre, staunen würden, was ich früher für Geschichten erfunden hätte. Ich weiß nicht, ob ich heute Schriftsteller wäre, wenn sie nicht gewesen wäre, wenn sie nicht so beständig an mich geglaubt hätte.«
»Sie wäre begeistert, wie weit du es gebracht hast.«
»Sie lebte nicht mehr, als mein erstes Buch erschien. Sie wollte, dass ich aufs College ging. Ich wollte es ebenso, aber ich dachte, das könne noch ein oder zwei Jahre warten, damit ich zuerst Geld verdienen konnte. Aber sie setzte sich durch - das konnte sie gut, wenn ihr etwas wichtig war. Und so ging ich eben.«
Er schwieg ein paar Sekunden lang, und eine Wolke schob sich vor die Sonne. »Ich schickte ein bisschen Geld nach Hause, aber nicht viel. Ich konnte nicht so viel sparen, und ich fuhr nicht so oft nach Hause, wie ich es eigentlich hätte tun sollen. Es gab so viel zu erleben, und ich ließ mich mitreißen. Dann ging ich auf die Universität. Jahrelang war ich nicht für sie da.«
»Du bist zu streng mit dir.«
»Findest du? Sie hat mich immer an die erste Stelle gestellt. Ich hätte früher zurückkommen und in der Werkstatt arbeiten können, um sie ein wenig zu entlasten.«
Dana legte ihm die Hand auf die Schulter, damit er stehen blieb und sie anschaute. »Das hat sie doch gar nicht gewollt. Das weißt du hoffentlich. Sie war völlig aus dem Häuschen vor Freude, als deine Storys in Zeitschriften veröffentlicht wurden.«
»Ich hätte sie ja hier schreiben können. Als ich schließlich nach Hause kam, habe ich ja ebenfalls hier geschrieben, habe wie ein Verrückter jeden Abend nach der Arbeit über meinem Roman gebrütet, wenn ich nicht gerade verrückt nach dir war. Ich wollte alles haben, alles tun. Geld, Ruhm, alles.«
Er redete zunehmend schneller, als habe er die Worte viel zu lange nicht ausgesprochen. »Ich wollte sie aus diesem schäbigen Haus herausholen, ihr oben in den Hügeln einen wunderschönen Besitz kaufen. Sie sollte nie wieder arbeiten müssen. Sie konnte gärtnern oder lesen oder was ihr gerade Spaß machte. Ich wollte für sie sorgen. Aber ich tat es nicht. Ich konnte es nicht.«
»O Jordan, du brauchst dir doch deswegen keine Vorwürfe zu machen.«
»Darum geht es nicht. Sie wurde krank. Die ganze Zeit über nach meiner Rückkehr wollte ich es unbedingt richtig machen. Aber sie wurde krank. Nur ein bisschen müde, sagte sie. Nur ein paar kleine Wehwehchen, sie wurde eben alt. Und dann lachte sie. Und sie ging nicht rechtzeitig zum Arzt. Das Geld war knapp, sie konnte es sich nicht leisten, zu lange von der Arbeit fern zu bleiben, und deshalb ging sie erst, als es schon zu spät war.«
Dana ergriff unwillkürlich seine Hand. »Es war schrecklich. Was ihr beide durchgemacht habt, war furchtbar.«
»Ich habe nicht darauf geachtet, Dana. Ich war so sehr mit meinem eigenen Leben beschäftigt, mit dem, was ich wollte und brauchte, dass ich gar nicht merkte, dass sie krank war. Erst als sie … Jesus, ich musste mich setzen, und sie sagte mir, was sie bei ihr gefunden hatten.«
»Du darfst dir daran nicht die Schuld geben, Jordan.
Das ist dumm. Genau das würde sie dir sagen.«
»Wahrscheinlich. Und ich sage es mir ja auch
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