Zeit der Jaeger
Tiburón stand am Kopfende der Rampe und hob die Arme, als würde er sich nach einem langen Schlaf recken und die Wärme der aufgehenden Sonne genießen. Das entsetzte die Adligen noch zusätzlich, und allein das Durchsetzungsvermögen des Ersten Gouverneurs verhinderte, dass der ganze Schwarm davonflog.
Natürlich war der Tiburón nur fünfunddreißig Tonnen schwer, und seine Größe von nicht mehr als neun Metern kennzeichnete die Seefuchs-Maschine als leichten Mech. Es war ein guter Mech, einem schweren oder überschweren Kampfkoloss allerdings nicht gewachsen. Für den zitternden Haufen der Adligen jedoch hätte er ebenso gut ein metallener Gott sein können, so gering waren ihre Erfahrungen mit BattleMechs. Selbst der Legat dieses Planeten, der durch ein >Versehen< nicht über die Ankunft des Schiffes informiert worden war, steuerte keinen Mech, sondern befehligte die planetare Miliz aus der offenen Luke eines Panzers.
Der Mech stampfte die Rampe hinab, seine donnernden Schritte hallten über das Landefeld. Wieder musste der Erste Gouverneur seine Begleiter an der Flucht hindern, doch je näher die monströse Maschine kam, desto schwieriger wurde es. In den Augen der entsetzten Adligen erschien sie als der Schnitter, gekommen, seine Ernte einzuholen. Unbemerkt bewegte sich ein kleiner Schweber im Schatten des Mechs, wie ein Hund zu Füßen seines Herrn.
Zwanzig Meter vor den angstschlotternden Adligen hielt der Tiburon an. Die Sekunden dehnten sich und über dem Raumhafen lag drückende Stille. Es war zu früh für irgendeine sonstige Aktivität. Fast vier Minuten vergingen, bevor die Adligen bemerkten, dass ein einzelner Mann bereits mehr als die Hälfte der Distanz zu ihnen zurückgelegt hatte. Ein paar Rippenstöße rissen die Augen los und holten sie vom beeindruckenden Gipfel siebenhundertjähriger Waffentechnologie hinab ... zu einem einzelnen Mann.
Er war von mittlerer Größe, sein Körperbau unter dem tiefblauen Overall deutlich zu erkennen. Der dürre, fast abgemagerte Körper kündete von Jahren unter nahezu schwerelosen Bedingungen, aber die Leichtigkeit, mit der er sich bewegte, bewies, dass in den dünnen Gliedmaßen durchaus Kraft steckte. Er zeigte ein offenes Lächeln, und wären sie von dem Auftritt des Mechs nicht so geblendet gewesen, sie hätten vermutlich die Arroganz bemerkt, die dieses Grinsen prägte.
Sein langes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. Als der Mann auf den Ersten Gouverneur zuging, bewunderten einige der anwesenden Frauen seine tief jadegrünen Augen. Ihre Blicke wanderten über seinen Körper.
Die Männer sahen natürlich nichts als einen Kerl -einen fahlen Schatten im Vergleich zu dem Riesen hinter ihm. Ihr Urteil? Augenblickliche, vollständige Gleichgültigkeit.
Es war nicht wirklich ihre Schuld. Sie waren einfach völlig deklassiert.
Petr schaute sich die herausgeputzte Truppe von Adligen an und stufte sie als belanglos ein. Er hatte bereits gewonnen. Er musste es ihnen nur noch zeigen.
Nur einen Meter vor dem Mann, der offenkundig die Macht auf diesem Planeten besaß, blieb er stehen und verbeugte sich tief. Der Erste Gouverneur schien Ende fünfzig zu sein, mit einem gepflegten Kinnbart und kurzem Haar, das an den Schläfen grau wurde. Die dunkelbraunen Augen und die spitze Nase wirkten intelligent, allerdings verdarben die Speichellek-ker, die ihn selbst jetzt mit nutzlosen und kleinlichen Diensten umschwärmten, den Eindruck. In seinem blauen Seidenhemd über der weißen Hose und der weiten Hermelinrobe wirkte der Gouverneur eher wie ein Hofnarr denn wie ein König.
»Erster Gouverneur Jeffries, ich grüße Sie und überbringe den Dank des Spina-Khanats im Clan Seefuchs. Wir danken Ihnen für die Gastfreundschaft Ihres Planeten. Und mehr noch, wir danken Ihnen für Ihre erhabene Gegenwart bei unserer ersten Begegnung.« In Petrs Stimme lag genug Schmeichelei für zehn Leute.
Der Mann starrte Petr an, entschlossen, den Boten so schnell wie möglich abzuwimmeln und mit der wahren Macht, die soeben eingetroffen war, ins Gespräch zu kommen. Sein Blick glitt immer wieder ungeduldig zu dem Mech hinauf. Schließlich legte er den Kopf zur Seite.
» Im Namen des Volkes von Adhafera begrüße ich Sie und heiße Sie auf meiner Welt willko mm en. Es ist lange her, seit hier jemand eingetroffen ist, und noch nie - so weit ich zurückdenken kann - hat der berühmte Clan Seefuchs den Fuß an unser Ufer gesetzt. Ich hoffe, Ihr Aufenthalt wird für uns alle
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