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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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vorletzten Nacht in der Nähe der Kirche gestellt hatte.
    »Sie sind nicht der Einzige, der am Fenster steht und andere beobachtet.«
    In dem dunklen Zimmer konnte er sie nur mit Mühe sehen,
wie sie dastand und auf ihn hinuntersah, das weiße Oval ihres Gesichtes über dem Schwarz ihres Morgenmantels.
    Und er wurde vom Mondschein aufgespießt, mitten auf der Straße, wo nichts einen Schatten warf, mit der Taschenlampe in der Hand und nach oben gewandtem Gesicht, und während er zu ihr aufblickte, stand wahrscheinlich auf seiner erstaunten Miene das Schuldbewusstsein geschrieben.
    Einen Moment lang sahen sie einander fest in die Augen.
    Und dann begab sich Rutledge mit forschen Schritten in Hensleys Haus und machte die Tür hinter sich zu.

32.
    Er bat Inspector Cain um einen Durchsuchungsbefehl.
    Und wie Rutledge erwartet hatte, traf dieses Ansinnen auf krasse Ablehnung, die schon an Unnachgiebigkeit grenzte.
    »Sie haben selbst gesagt, sie hätte bestritten, diesen Zahnstocher jemals gesehen zu haben. Somit steht nur Miss Letteridges Wort gegen Mrs. Ellisons Wort, und es könnte leicht heißen, Miss Letteridge sei aus persönlichen Gründen rachsüchtig.«
    »Ihre Beweise werden Sie bei der Durchsuchung finden.«
    »Das können Sie nicht mit Sicherheit sagen. Hören Sie, ich muss weiterhin hier leben, wenn Sie längst wieder in London sind. Wenn wir uns irren und bei Ihrer Durchsuchung keine wie auch immer gearteten Beweise dafür ans Licht kommen, dass diese Frau eine Mörderin ist, was dann? Und es fällt mir wirklich schwer zu glauben …«
    »… dass eine Harkness jemanden vergiften könnte«, beendete Rutledge den Satz an seiner Stelle. »Blutsverwandtschaft ist kein sicherer Beweis für ihre Unschuld.«
    »Aber können Sie mit absoluter Sicherheit sagen, dass diese Knochen die Überreste von Ellison sind? Und nicht die von irgendjemandem, der zu Fuß unterwegs war, krank geworden ist, es gerade noch ins Wäldchen geschafft hat und dort gestorben ist?«
    »Und sich anschließend selbst begraben hat?«
    »Die Zeit hat seine Überreste bedeckt, nicht menschliches Zutun. Sie müssen immerhin zugeben, dass diese Möglichkeit
besteht. Sehen Sie mal, Sie sind hergekommen, um sich mit dem Angriff auf Constable Hensley zu befassen. Von Emma Mason war bei Ihrem Auftrag nicht die Rede. Und auch nicht von ihrer Mutter oder ihrem Großvater. Wer hat auf Hensley geschossen?«
    »Mrs. Ellison. Sie hat selbst zugegeben, dass sich ihre Enkelin für das Bogenschießen interessiert hat. Sie hatte das Handwerkszeug zur Verfügung.«
    »Ich habe Mrs. Ellison mehrfach in Gesellschaft gesehen. Ich kann mir, offen gesagt, nicht vorstellen, dass sie sich mit Mordabsichten in Frith’s Wood herumtreibt. Und außerdem, wie hätte sie unverfroren mit einem Bogen in der Hand zum Wäldchen laufen sollen?«
    »Sie hätte ihn längst dort verborgen haben können, für den Fall, dass Hensley der Wahrheit zu nahe kommt. Und sie das Gefühl hat, es sei nun an der Zeit.«
    »Vorsätzlicher Mord.«
    »Ja.«
    »Niemand geht in dieses Wäldchen, Rutledge. Nicht, wenn es sich vermeiden lässt.«
    »Halten Sie Mrs. Ellison für abergläubisch?«
    Cain schüttelte den Kopf. »Das führt zu nichts. Bringen Sie mir Beweise, Rutledge, die über Hörensagen und Argwohn hinausgehen. So, wie die Dinge liegen, brauche ich etwas Handfesteres.«
    Rutledge ging. Er konnte seinen Zorn nur mit Mühe beherrschen, doch er wusste, dass Cain recht hatte.
    Er fuhr nach Dudlington zurück und während der Fahrt ließ Hamish seine Anwesenheit durch einen Strom von unterschwelliger Missbilligung erkennen.
    »Ihr ist klar, was du weißt. Daran kannst du nichts ändern. Und wenn sie sich in all den Jahren so geschickt angestellt hat …«
    »Dann ist es unwahrscheinlich, dass sie sich jetzt verraten wird.«

    Er konzentrierte sich auf die Straße, beobachtete, wie die Felder an seinem Automobil vorbeirasten, und machte sich Gedanken über Dudlington und darüber, mit welcher Blindheit die Leute in der Ortschaft geschlagen waren. Cain konnte Mrs. Ellisons Verbindungen mit einer einstmals prominenten Familie nicht übersehen. Und ebenso wenig konnten Mrs. Ellisons Nachbarn darüber hinwegsehen.
     
    Bei seinem Eintreffen fand er das reinste Chaos vor.
    Rauch drang aus der Tür von Hensleys Haus, in beißenden schwarzen Schwaden, die einem den Atem verschlugen. Er konnte das Husten hören, während die Männer Schulter an Schulter arbeiteten, um das lodernde Feuer mit

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