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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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hinfahren würde.« Rutledge schwieg einen Moment. »Was haben Sie noch von dem Tag in Erinnerung, als Sie die Treppe hinuntergefallen sind?«
    »Ich fürchte, die Erinnerung ist immer noch recht verschwommen. Unzusammenhängende Kleinigkeiten fallen mir mit der Zeit wieder ein. Es war die Rede von Geld - ich war froh darüber. Aber ich komme beim besten Willen nicht darauf, worum es ging.«
    »Hatten Sie zufällig kurz vorher mit Mrs. Ellison gesprochen?«
    Er blinzelte. »Mary Ellison? Das glaube ich nicht … Mary Ellison?« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und die Unsicherheit auf seinem Gesicht wurde von wachsendem Erstaunen abgelöst. »Ja, bei Gott, sie war es! Jetzt erinnere ich mich wieder! Sie ist durch den Flur gekommen und hat nach mir gerufen, und ich habe ihr vom oberen Ende der Treppe zum Dachboden geantwortet. Sie hat mich gescholten und gesagt, es sei zu gefährlich, in meinem Alter auf den Dachboden zu steigen. Und sie hat mich gefragt, ob ich oft auf den Dachboden steige.« Towson wirkte plötzlich verlegen. »Ich fürchte, das hat mich geärgert. Hillary Timmons und Dr. Middleton haben mir immer
wieder gesagt, ich soll diese Treppe nicht hinaufsteigen, tatsächlich sogar gerade erst letzte Woche wieder. Ich fürchte, ich habe Mrs. Ellison mit großer Wonne mitgeteilt, ich stiege mehrfach täglich hinauf, um den Ausblick aus den Fenstern zu genießen.«
    Hamish sagte: »Das war nicht die Antwort, auf die sie gefasst war.«
    »Warum war sie hergekommen? Doch gewiss nicht, um Sie auszuschimpfen?«, verfolgte Rutledge das Thema weiter.
    »Wissen Sie, das war es ja gerade, was mich erstaunt hat. Sie hat mich normalerweise nicht oft aufgesucht. Aber sie hat gesagt, sie sei gekommen, um fünfzig Pfund für die Kirchenkasse zu spenden. Dieses Geschenk kam unerwartet, aber wir hatten es bitter nötig. Als ich die Treppe hinuntersteigen wollte, um mich bei ihr zu bedanken, hat sie zu mir gesagt, ich solle mich nicht stören lassen - ich war gerade dabei, ein Paar Handschuhe zu suchen, aber davon hatte ich ihr kein Wort gesagt.«
    »Sie hat keinen Kranken erwähnt?«
    »Mit keinem Wort. Erst später hat jemand nach mir gerufen und gesagt, ich müsse sofort kommen. Ich bin sicher, dass sie schon seit, nun, vielleicht seit gut fünf oder sechs Minuten fort war. Ich hatte mir gerade Gedanken darüber gemacht, wofür ich das Geld am besten verwende, und ich hatte meine Freude daran, mir das auszumalen.«
    Aber weit war sie nicht gegangen, dachte Rutledge. Sie musste sich in der Küche und in der Waschküche umgesehen haben, um zu überprüfen, ob Hillary Timmons im Haus war. »Haben Sie sie seitdem noch einmal gesehen?«
    »Also, das war wirklich sehr merkwürdig. Gerade erst heute Morgen war sie hier, um mich nach einem Glas Chutney zu fragen, das sie vor ein oder zwei Tagen auf dem Tisch in der Eingangshalle abgestellt hatte, weil sie mich nicht stören wollte, solange ich noch nicht vollständig genesen war. Betrüblicherweise hat sie die Spende für die Kirchenkasse mit keinem Wort erwähnt.
Ich wünschte, ich hätte mich daran erinnert und das Gespräch darauf gebracht.«
    »Chutney?«, fragte Rutledge und spürte, wie sein Herz einen Satz machte.
    »Hillary hat es dort gefunden, auf dem Tisch in der Eingangshalle, und es in die Speisekammer gestellt. Sie wusste nicht, woher es kam, aber sie dachte, ich wüsste das sicher. Und als Mrs. Ellison mich dann nach ihrem Geschenk gefragt hat, habe ich ihr versichert, es sei ganz köstlich gewesen, und ich habe mich überschwänglich bei ihr bedankt. Es war mir zu peinlich zuzugeben, dass ich keine Ahnung hatte, wovon die Rede war.«
    »Towson …«
    »Sie hat gesagt, sie hätte sich Sorgen gemacht, dass es vielleicht schon hätte verdorben sein können. Sie hat sogar vorgeschlagen, mir ein neues Glas zu bringen. Mit kleinen Notlügen bringt man sich eben doch immer wieder in die Bredouille. Aber wer A sagt, muss auch B sagen. Wie hätte ich ihr denn jetzt noch sagen können, dass ich es nie zu sehen bekommen habe und dass ich es ihr selbst dann nicht zurückgeben könnte, wenn mein Leben davon abhinge? Ich konnte nur immer wieder beteuern, wie ausgezeichnet es geschmeckt hat.«
    »Und dann haben Sie sich sofort auf die Suche danach gemacht und es probiert, sowie sie fort war.« Er war sicher, genau das täte der Pfarrer, um seine Notlüge wiedergutzumachen.
    »Gütiger Himmel, nein! Ich habe Hillary gefragt, ob sie es gesehen hätte, und sie hat mir

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