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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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Middleton: »Kennen Sie vielleicht einen Mann namens Sandridge?«

    Middleton hob den Kopf, um Rutledge anzusehen. »Es wird doch nicht noch weitere Morde geben, oder?«
    »Nicht, wenn ich es verhindern kann.«
    »Sandridge ist der Mädchenname von Joel Baylors Mutter. Sein Vater hat ihn anerkannt, als sie geheiratet haben, aber ich weiß nicht, inwieweit das offiziell ist.«
    »Der Bruder mit der Gasvergiftung.« Rutledge wandte sich ab, um zu gehen. »Ich schicke Cain rein. Und dann gibt es noch eines, was ich tun muss.«
     
    Als er mit Inspector Cain fertig war, fehlte dann doch nicht mehr viel bis zum Morgengrauen. Anschließend begab er sich zu dem Stall, in dem Baylors Kühe untergebracht waren. Wie er erwartet hatte, fand er Ted Baylor beim Ausmisten vor.
    Baylor drehte sich zu ihm um. »Haben Sie nicht schon genug Ärger verursacht? Und dann auch noch dieses unsinnige Unterfangen, uns alle in das Wäldchen zu hetzen!«
    »Zu dem Zeitpunkt konnte ich noch nicht wissen, dass es keine Frage von Leben und Tod war. Sie haben nichts verloren, außer vielleicht ein paar Stunden Schlaf.«
    Baylor wandte sich schnaubend wieder seiner Arbeit zu und rechte die warmen Misthaufen in der Mitte des Stalles zusammen. »Was wollen Sie?«
    »Mit Ihrem Bruder Joel sprechen.«
    »Es wird Ihnen nichts nutzen, wenn Sie ihn sehen.«
    »Dadurch könnten sich zahlreiche Dinge klären lassen. Beispielsweise, warum er sich vor Constable Hensley versteckt hat. Hensley wusste von Anfang an, dass er hier war.«
    »Ich wusste nichts von Hensley.« Baylor seufzte. »Nicht bevor ich sie eines Nachts miteinander streiten gehört habe, kurz nach Joels Heimkehr. Danach haben sie einander gemieden. Hensley ist großspurig durch die Straßen stolziert, aber er hat sich davor gehütet, sich hier blicken zu lassen. Ich glaube nicht, dass die beiden einander getraut haben, wenn Sie die Wahrheit wissen
wollen. Ich habe von Anfang an befürchtet, Joel könnte derjenige gewesen sein, der mit Pfeil und Bogen in Frith’s Wood war. Als Kinder haben wir damit gespielt. Er wusste, wie man mit einem Bogen umgeht. Sehen Sie, ich wusste auch nichts davon, was Joel getan hatte. Ich habe es erst viel später erfahren. Als er gehört hat, dass bei dem Brand in London ein Mann ums Leben gekommen ist, hat er sich zum Militärdienst gemeldet. Und er hat für das, was er getan hat, gebüßt. Ich glaube nicht, dass jemandem damit gedient ist, ihn vor den Richter zu bringen. Er wird den Tag, an dem man ihn dem Henker vorführt, nicht erleben, das wissen Sie doch.«
    »Trotzdem …«
    Baylor sagte: »Also gut. Aber ich will dabei sein.« Er lehnte seinen Rechen an einen der Pfeiler und wischte sich die Hände ab. »Er ist trotz allem mein Bruder. Der Einzige, den ich noch habe. Bringen wir es hinter uns.«
    Sie gingen schweigend vom Stall auf das Haus zu.
    Ein paar Schneeflocken begannen zu fallen, anfangs vereinzelt und dann mit zunehmender Dichte.
    »Es wird nicht lange so weitergehen. Aber morgen wird es kälter. Und im März blühen dann schon die Narzissen. Schwer zu glauben, nicht wahr?«
    »Ja.« Und dann sagte Rutledge in seinem Bestreben, aus so viel Leid doch noch etwas Gutes herauszuholen, zu seinem Begleiter: »Barbara Melford hat es nicht verdient, so schlecht von Ihnen behandelt zu werden. Sie sollten ihr sagen, warum Sie Ihr Versprechen nicht gehalten haben.«
    »Das geht Sie überhaupt nichts …«, setzte Baylor an, doch Rutledge schnitt ihm das Wort ab.
    »Herrgott noch mal, Mann, wollen Sie Ihr eigenes Leben und ihres noch dazu verpfuschen? Sie wird auf Sie warten, wenn Sie ihr das mit Joel erklären. Und wer soll den Hof erben, wenn Ihre beiden Brüder tot sind und Sie sich in Ihrer eigenen Bitterkeit abkapseln und zu stur sind, sie um Verzeihung zu bitten?«

    »Sie haben doch keine Ahnung, wovon Sie reden.« Aber in dem Schneetreiben, das die Dunkelheit erfüllte, klang Baylors Stimme plötzlich weniger sicher.
    »Nein, die habe ich auch nicht. Das ist wahr. Vielleicht machen Sie sich ja doch nichts aus ihr.«
    »Nichts aus ihr machen?« Die Worte brachen gegen seinen Willen aus ihm heraus. »Gütiger Himmel!«
    »Dann sagen Sie es ihr. Wenn Joel tot ist, wird sie glauben, nur das Pflichtbewusstsein gegenüber Ihrer Familie brächte Sie dazu, ihr einen Antrag zu machen. Und sie wird ablehnen. Aus Stolz.«
    »Ich wollte sie nicht in das ganze Unglück mit Joel hineinziehen. Ich hielt es für das Beste, sie aus allem herauszuhalten.«
    Rutledge

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